Mütter- und Schwangerenforum

Online Thriller

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30.01.2017 21:51
Sehr spannend wann geht es weiter
30.01.2017 22:01
Zitat von sonnenschein1009:

Sehr spannend wann geht es weiter


du bist auch überall
30.01.2017 22:04
Zitat von Masabuana:

Zitat von sonnenschein1009:

Sehr spannend wann geht es weiter


du bist auch überall


aber meist nur still
30.01.2017 22:31
Zitat von sonnenschein1009:

Zitat von Masabuana:

Zitat von sonnenschein1009:

Sehr spannend wann geht es weiter


du bist auch überall


aber meist nur still


leider ja
31.01.2017 05:35
Okay... Reichen euch alle zwei Tage? Ich sitze unter der Woche nicht so oft am Laptop ... Sonst komme ich nicht mehr weg

Heute Mittag kommt der nächste Schwung
31.01.2017 14:45
Marie
Ausnahmsweise musste Henri nicht so früh zur Arbeit. Sie durfte ganze drei Stunden länger schlafen als sonst. Leider sah das ihr Körper anders. Schon beim Aufstehen merkte sie das sie Kopfweh bekam. Schnell stellte sie ihren Wecker aus und ging in die Küche um Kaffee zu kochen.
Als Henri wenige Minuten später, nackt, in der Küche stand zuckte sie zusammen.
„Wo sind meine Klamotten?“
„In deinem Schrank wo sollten sie sonst sein?“
Ihr Ton war ungeduldig, sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie genervt war. Sofort drehte sie sich wieder zur Kaffeemaschine und hoffte das Henri es nicht bemerkt hatte.
„Ich hole dir gleich etwas zum Anziehen“, sagte sie etwas versöhnlicher. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte sie sich zu ihm herum, ging zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
Als sie im Schlafzimmerschrank nach etwas zum Anziehen für ihren Mann suchte, atmete sie erleichtert auf. Henri hatte es nichts bemerkt.
„Reiß dich zusammen“, flüsterte sie, bevor sie mit einem Stapel Kleidern zurück in die Küche ging.
„Hier bitteschön.“
Mit einem Knurren nahm er ihr die Sachen aus der Hand und verschwand im Bad. Sie goss sich ein Glas Wasser ein und schluckte eine Schmerztablette.
Vierzig Minuten später war sie allein. Henri war zur Arbeit aufgebrochen, natürlich nicht ohne ihr vorher ihre Aufgaben zu diktieren.
Vielleicht, wenn sie sich noch ein halbes Stündchen hinlegen würde, vielleicht wären dann ja ihre Kopfschmerzen weg?
Ein Versuch konnte nicht schaden, sie stellte ihren Wecker und breitete sich in dem großen Bett aus. Sie fühlte sich befreit, so war es immer, wenn Henri nicht zuhause war.
Auch wenn ihr letzter Versuch gescheitert war, irgendwann würde sie es schaffen zu gehen, ohne das er etwas mitbekam. Doch nicht jetzt, jetzt musste sie dafür Sorgen, das ihre Wunden heilten und das Auge abschwoll. Erst dann konnte sie wieder anfangen zu planen.
Kaum hatte sie die Gedanken zu Ende gedacht, schlief sie ein. Als ihr Handy klingelte, erwachte sie, es war Henri, der sie anrief und ihr berichtete, dass er länger arbeiten musste. Sie freute sich über die zusätzlichen Stunden allein und erledigte die gestellten Aufgaben in Windeseile.
Zwei Stunden später erwachte neuer Kampfgeist in ihr. Sie wollte raus aus dieser Hölle. Wollte ein neues Leben beginnen. Sie holte wie schon am Tag zuvor den Koffer unter dem Bett hervor und schmiss ihre Klamotten unsortiert hinein. Vorsichtshalber schob sie ihn fest verschlossen zurück unters Bett. Ging duschen, zog sich an und föhnte ihre Haare.
Danach schnappte sie ihren Koffer, sprintete zur Haustür riss sie auf und spähte hinaus. Niemand war zu sehen, kein Auto zu hören. Sie schloss die Tür hinter sich und ging langsam die Einfahrt hinunter, den schweren Koffer hinter sich her zerrend.
Immer wieder sah sie sich um, sie hatte es getan, sie war gegangen. Sie wusste nicht genau, wohin sie gehen sollte. Trotzdem wollte sie nur noch weg. Henri klang bei seinem Anruf so gereizt und sauer das sie sich ausmalen konnte, was mit ihr passieren würde, wenn er Feierabend hatte und sie beim Ausbüchsen erwischen würde.
Als sie eine Stunde später am Bahnhof stand, sah sie auf die Anzeigentafel. In fünf Minuten fuhr ein Zug von Hameln nach Hannover, schnell kaufte sie eine Fahrkarte. Wie es von dort aus weiter gehen sollte, konnte sie dann überlegen. Als sie im Zug saß, atmete sie erleichtert auf. Jetzt konnte sie nichts mehr aufhalten. Es war der Beginn eines neuen Lebens. Rumpelnd setzte sich der Zug in Bewegung. Sie lehnte ihren Kopf ans Fenster, es kühlte ihre erhitzen Wangen. Die Panik schwand mit jedem Kilometer, den sie zwischen sich und Henri brachte. Müde schloss sie die Augen.
Als sie angesprochen wurde, zuckte sie automatisch zusammen.
„Darf ich mich zu ihnen setzten?“
Sie nickte, unfähig zu sprechen.
„Wenn es ihnen nicht recht ist, suche ich mir einen anderen Sitzplatz.“
Hatte er gesehen wie erschrocken sie war?
„Nein, nein, schon in Ordnung, setzen sie sich“, sie blickte in die großen blauen Augen des Fremden und lächelte. Er tat es ihr gleich und ließ sich dann auf den Sitz ihr gegenüber sinken.
Sie konnte nicht anders, sie starrte ihn an, die schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn, er sah sie so freundlich an, dass sie ein Kribbeln im Bauch spürte, sie hatte das verlangen ihre Hände in seine Haarpracht zu graben. Ihr Verlangen nach Sex war fast greifbar, sie hoffte der Fremde würde sie nicht so leicht durchschauen. Als er sie anlächelte, musste sie wegsehen.
Sofort wurde sie traurig, die Tränen konnte sie nur mit Mühe zurückhalten. Warum wurde sie nur mit einem Mann wie Henri bestraft? Was hatte sie getan um die Schläge und die Demütigungen zu verdienen?
„Ist ihnen nicht gut?“
Besorgt legte der Mann ihr eine Hand aufs Bein. Schnell schüttelte sie den Kopf.
„Alles in Ordnung, ich musste nur gerade an etwas denken“, gestand sie.
„Scheint nichts Gutes zu sein, so wie sie gerade gucken.“
Sie schüttelte den Kopf. Hatte er ihr blaues Auge übersehen?
„Nein, das war es nicht, aber ich will sie nicht langweilen, sie sehen aus, als wenn sie etwas Ruhe brauchen können.“
Er lehnte sich wieder zurück und schloss für einen Moment die Augen.
Erst jetzt bemerkte sie das das Hemd, das er unter seinem Jackett trug, verknittert war und das seine Augen rot gerändert waren. Er sah wirklich Müde aus.
Sie sah wieder aus dem Fenster, sah auf die Wiesen und Felder, die an ihr vorbei huschten, und betrachtete die Sonne, die dann und wann von ein paar Wolken verdeckt wurde.
„Trinken sie mit mir ein Schluck Sekt?“
Aus seiner Aktentasche zog er eine Flasche, hielt sie ihr hin und sah sie abwartend an.
„Im Zug ist Alkohol trinken verboten!“
„Oh, daran hatte ich nicht gedacht! Schade, sie sehen aus, als wenn sie einen Schluck gebrauchen können.“
Sie zuckte schon wieder zusammen, sah man ihr die Strapazen der letzten Jahre so deutlich an?
„Wie meinen sie das?“ Fragte sie skeptisch.
„Sie scheinen abgekämpft und müde, vielleicht sogar ein kleines bisschen traurig. Ich dachte ich könnte sie etwas aufmuntern. Eigentlich wollte ich die hier“, er hielt die Flasche noch einmal hoch, „mit meiner Frau trinken. Aber sie ist mit unserer Tochter auf und davon! Ich fahre in die Nähe von Hamburg, dort wohnen ihre Eltern. Ich hoffe sie dort anzutreffen. Ich möchte wissen, warum sie gegangen ist!“
Wie kann man einen so netten und freundlichen Mann einfach so verlassen? Fragte sie sich.
„Aber warum?“
Kam es aus ihrem Mund, bevor sie sich die Frage verkneifen konnte.
„Naja ich glaube ich habe sie zu sehr vernachlässigt. Ich war sehr viel unterwegs. Kaum zuhause, ständig auf Geschäftsreise. Sie hatte sich in den letzten Monaten öfter beklagt, weil ich so wenig zuhause war und die Last der Erziehung unseres Sohnes und der Haushalt allein auf ihren Schultern lastet. Ich habe ihr nie richtig zugehört. War froh, wenn ich meine Ruhe hatte. Jetzt weiß ich das es falsch war, ich möchte sie wieder zurück! Entschuldigen sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt, mein Name ist Thorsten Helm.“
Mit einem koketten grinsen streckte er ihr die Hand entgegen, sie griff danach und schüttelte sie.
„Marie Lippert.“
„Freut mich sie kennenzulernen.“
Geschickt öffnete er die Sektflasche und goss etwas in zwei Plastikbecher.
Vorsichtig nahm sie einen der Becher, als sie anstießen, waren all ihre Zweifel wie weggeblasen. Dieser Mann würde ihr nicht gefährlich werden. Davon war sie überzeugt.
Als sie in Hannover ankam, verabschiedete sich der nette junge Mann mit einem Kuss auf die Wange von ihr. Zu gerne wäre sie ihm gefolgt, doch sie kam sich kindisch vor bei dem Gedanken. Schließlich hatte er ihr gesagt, wo er hinfahren wollte und es hätte komisch ausgesehen, wenn sie „rein zufällig“ in denselben Zug gestiegen wäre.
„Außerdem sollte ich mich vielleicht erstmal auf mein Leben konzentrieren und mich nicht gleich dem erst besten Mann an den Hals hängen“, schimpfte sie sich in Gedanken. Auch wenn ihre Gedanken, in erster Linie, rein sexueller Natur waren.
„Zumal er verheiratet und gerade auf dem Weg zu ihr ist, um sie wieder nach Hause zu holen!“
„Wie bitte?“
Eine Frau, die neben ihr gestanden hatte und wie sie die Anzeigentafel studiert hatte, drehte sich zu ihr um.
„Oh entschuldigen sie, habe ich das gerade laut gesagt?“
Sie merkte, wie ihre Wangen rot anliefen.
„Ja, ich dachte sie hätten mit mir gesprochen.“
„Nein, nein, entschuldigen sie bitte!“
Marie studierte noch ein bisschen angestrengter die Anzeige der Züge. Wohin sollte sie denn fahren? Hamburg schied aus, vielleicht sollte sie zu Anni nach München fahren? Rasch überlegte sie, wann sie das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.
„Scheiß doch drauf“, diesesmal sagte sie es bewusst laut, schnappte sich ihren Koffer und rannte zum Bahnsteig. Sie fuhr nach Hamburg, Melina hatte die letzten Wochen immer öfter betont, wie schön es wäre, wenn sie sich mal wiedersehen würden.
Gerade noch rechtzeitig schaffte sie es, das Ticket zu kaufen und den Zug zu besteigen. Sie suchte sich einen Platz am Fenster und lehnte ihr erhitztes Gesicht ans Fenster, schloss die Augen und dachte erleichtert daran, dass sie es geschafft hatte, Henri zu entkommen. Zumindest fürs Erste. Es würde mit Sicherheit nicht lange dauern, bis er nach ihr suchte. Bis dahin musste sie unbedingt weit weg sein. Am besten nicht mehr in Deutschland, doch dazu brauchte sie etwas sehr wichtiges, Geld. Den kläglichen Rest des Haushaltsgeldes, das sie von ihm bekam, hatte sie dabei. Doch die 200 Euro waren fast aufgebraucht. In Hamburg würde sie als Erstes einen Geldautomaten suchen und das Konto leerräumen. Hoffentlich hatte Henri die Geheimzahl nicht ändern lassen. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkte, wie sich jemand zu ihr setzte.
„Ich freue mich das sie sich entschieden haben mir noch etwas Gesellschaft zu leisten.“
Nachdem sie sich gefangen hatte antwortete sie betont lässig:
„Eigentlich hatte ich es mir vorhin anders überlegt, ich wollte nach München aber meine Freundin dort hat sich lang nicht mehr gemeldet“, erklärte sie. Abwehrend hob Thorsten die Hände.
„Sie müssen mir nichts erklären, ich freue mich einfach. Ich habe sie eben am Zug vorbei hetzten sehen und mir gedacht ich schau mal, wo sie Platz genommen haben. Ich hoffe das ist ihnen nicht unangenehm?“
„Nein, natürlich nicht.“
Sie blickte in seine freundlichen Augen, >>wirklich schade, dass er nicht frei ist“, dachte sie.
„Ich würde zu gerne in diese Augen eintauchen und mich verlieren.<<
Als ob er ihre Gedanken gelesen hatte, sah auch er ihr tief in die Augen, griff über die Koffer hinweg nach ihrer Hand.
„Vielleicht können wir unsere Nummern austauschen, ich würde unheimlich gerne mit ihnen in Kontakt bleiben.“
Für einen Moment senkte sie den Blick und atmete tief durch.
„Gerne“, sagte sie mit einem Lächeln.
Von ihren Plänen nicht mehr lange in Deutschland zu bleiben sagte sie nichts. Fast bereute sie ihren Entschluss schon wieder.
In Hamburg angekommen trennten sich die Wege von Thorsten und Marie. Etwas wehmütig sah sie ihm hinterher. Schade das er eine Familie hatte.
>>Jetzt hör aber auf! Du kannst nicht, nur weil jemand mal nett zu dir ist, davon ausgehen, dass er sich Hals über Kopf in dich verliebt und dich rettet<<, dachte sie.
Leise vor sich hin fluchend ging sie in die entgegengesetzte Richtung. Sie versuchte krampfhaft sich daran zu erinnern, welche S-Bahn sie nach Dollern zu Melina bringen würde. Doch so sehr sie sich anstrengte es wollte ihr nicht einfallen. Sie betrat das Servicecenter und stelle sich an. Fünf Leute standen vor ihr.
Als sie endlich an der Reihe war, fragte sie die missgelaunte Frau am Schalter nach dem Weg. Diese druckte ihr einen Reiseplan aus und schickte sie ohne ein weiteres Wort weg.
„Super Service“, schimpfte sie beim Hinausgehen. Wenigstens wusste sie jetzt, wohin sie musste. Da sie sich beeilen, musste um die S-Bahn nicht zu verpassen lief sie die letzten Meter. Völlig, außer Atem lies sie sich auf einen freien Platz im letzten Waggon sinken, gerade als sich die Türen schlossen. Jetzt waren es nur noch 50 Minuten bis zum Ziel. Gerade als sie die Augen schließen wollte, fiel ihr jemand auf der nur ein paar Sitze weiter saß. Sie ließ ihr Gepäck stehen, stand auf und ging zu dem Mann.
„Verfolgen sie mich?“ Fragte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Verwirrt starten sie die blauen Augen an.
„Was machen sie denn hier? Ich dachte sie wollten in Hamburg bleiben?“
„Warten sie kurz ich, hole eben mein Gepäck!“
Als sie wieder bei ihm war, mit Sack und Pack, setze sie sich ihm gegenüber.
„Meine Freundin wohnt etwas außerhalb“, erklärte sie.
„Wo müssen sie denn hin?“
Ihre Neugier konnte sie nicht verbergen.
„Meine Frau ist bei einer Freundin in Dollern!“
„Das gibt es doch nicht!“
„Warum?“
Fragend sah Thorsten sie an.
„Meine Freundin wohnt auch in Dollern!“
„Nein echt jetzt?“
Die beiden sahen sich an und brachen in schallendes Gelächter aus. Die übrigen Fahrgäste drehten sich, empört über den Lärm, zu ihnen um. Doch das bekamen die beiden nicht mit.
Nach den Marie sich etwas beruhigt hatte wischte sie sich eine Träne aus dem linken Augenwinkel. So herzhaft hatte sie noch nie gelacht.
„Wenn die Freundin ihrer Frau jetzt noch Melina heißt, fresse ich einen Besen!“
Für einen Moment riss Thorsten die Augen weit auf, ungläubig starrte er sie an. Als er dann aber den Kopf schüttelte, wusste sie, dass er sie nur auf den Arm nehmen wollte.
„Nein, die Freundin meiner Frau heißt Laura.“
Erleichtert atmete sie auf, sie hätte nicht gewusst, wie sie mit der Situation umgehen sollte, wenn ausgerechnet seine Frau bei Melina auf der Couch saß, um sich auszuheulen.
„Kennen sie sich in dem Dorf aus?“
Er schüttelte den Kopf.
„Leider nicht, sie?“
„Nein!“
„Ich werde einfach ein Taxi bestellen, wenn wir dort sind. Wir können es uns teilen, wenn sie möchten.“
„Gerne.“
Warum fühlte sie sich zu diesem Mann nur so hingezogen? Und wie kam es das sich eine Frau von so einem wundervollen Menschen trennte?
Die Fahrt verging wie immer viel zu schnell, als sie in Dollern ausstiegen, sahen sie sich etwas verunsichert um. Alles schien wie ausgestorben, es gab keinen Taxistand oder Kneipe in der sie sich Auskunft hätten holen können. Der Fahrradständer gegenüber war brechend voll. Die Kneipe hinter ihnen schien schon vor Jahren das letzte Mal geöffnet zu haben und das Haus rechts von ihnen schien verlassen.
Wo war sie nur gelandet. Welchen Weg sollte sie wählen oder wo sollten sie ein Taxi herbekommen? Der Weg geradeaus führte laut Schildern zu einem Einkaufsladen. Der andere führte, so wie es schien aus dem Dorf schon wieder hinaus. Dort war nichts zu sehen außer einem Kleinen, nach Fisch riechendem Teich und vielen Bäumen.
Etwas ratlos sah sie zu Thorsten, der in sein Handy sprach. Sie schulterte ihre Tasche und wollte den Weg zu dem Einkaufsladen einschlagen, als er sie zurückhielt.
„Ja das macht nichts, das zahl ich gerne, wie lange brauchen sie, bis sie da sind? Okay das ist nicht zu lange, wir warten dann hier auf sie. Ja genau zwei Personen mit Gepäck. Zwei verschiedene Adressen! Okay, nein ich zahle den Aufpreis! Ich danke ihnen bis gleich.“
Als er aufgelegt hatte, fing er an zu erklären.
„Ich habe die Taxiauskunft angerufen, in zehn Minuten ist es hier.“
„Dankeschön“, selbstsicher beugte sie sich vor und gab ihm einen langen Kuss auf den Mund. Wenigstens einmal wollte sie in ihrem Leben etwas Verbotenes tun. Dieser Mann war verheiratet, er gehörte ihr nicht und würde es nie tun. Doch sie sehnte sich nach Nähe, nach Zärtlichkeit und wenn sie ehrlich war nach richtig gutem Sex.
Auch wenn sie Letzteres von ihm wohl nicht bekommen würde.
Als Thorsten den Kuss erwiderte, ihr die schwere Tasche von der Schulter strich wusste sie das sie sich geirrt hatte.
Er zog sie mit sich über die Straße, Richtung Teich, in den kleinen Wald hinein. Es dauerte nicht lang, bis sie sich nackt im Laub wälzten.
Als es vorbei war und sie nass vom Schweiß nebeneinanderlagen hörten sie das Hupen eines Autos. Schnell zogen sie sich an und rannten zu dem wartenden Taxi.
02.02.2017 12:50
Und weiter

Lucy

Bevor sie gestern Abend ins Bett gegangen waren, hatten sie lange geredet. Martin meinte, dass es so nicht weiter gehen konnte. Die stinkenden Windeln, das Spielzeug und das schmutzige Geschirr mussten verschwinden. Natürlich hatte er die Arbeit, die sie mit Leonie hatte, anerkannt. Dennoch und das wusste sie selbst, gab es noch mehr als dieses süße winzige Baby. Sie hatte ihm versprochen sich mehr zu bemühen, zumindest solange wie Leonie die Nacht zum Tage machte.
Im Gegenzug wollte er abends helfen, den Babytragedienst übernehmen, das Kochen und abwaschen. Sie glaubte wirklich das es so klappen konnte. Sie musste es nur schaffen den ersten Schritt zu machen, dann würde Martin nachziehen. Liebevoll schaute sie auf das kleine Bündel in ihrem Arm. Die großen blauen Augen sahen sie gespannt an, ihre kleine Faust war feucht, sie hatte vor hunger an ihr genuckelt. Seufzend lehnte sie sich zurück und streifte ihr Shirt hoch, öffnete den BH und fing an zu stillen. Nach dem Leonie satt war und aufgestoßen hatte legte sie die Kleine ins Bett und machte sich daran den Haushalt auf Vordermann zu bringen. Doch schon kurze Zeit später wurde sie vom Telefon unterbrochen.
„Hallo?“
„Hi Schatz, meinst du du schaffst es deine Mutter zu überreden heute Abend auf Leonie aufzupassen?“
Verwundet starrte sie auf das Bild an der Wand gegenüber, sie fand es plötzlich sehr interessant, dieses alte Schiff mit dem Mast, wie es im Meer dahin schipperte.
„Lucy? Bist du noch da?“
„Ja ich bin noch da, ich überlege!“
Schweigen, nur ab und zu knisterte es in der Leitung. Was konnte so wichtig sein das sie ihre Mutter bitten musste auf ihr Kind aufzupassen?
„Was ist denn so wichtig?“
Sie versuchte wirklich sich nicht anmerken zulassen, wie wenig Lust sie hatte.
Bedeutete das Auftauchen ihrer Mutter doch das sie den ganzen Tag schrubben musste. Und sich beim Eintreffen trotzdem anhören müsste, wie wenig sie davon verstand, wie man einen Haushalt zu führen hatte.
„Lucy, bitte es ist wichtig.“
„Was heißt wichtig?“
Jetzt wurde sie skeptisch, dass klang nach einem total langweiligen Abend mit irgendwelchen wichtigen Geschäftsmännern.
„Dennis Malocki, du kennst ihn oder? Er gibt heute Abend ein Essen und ich bin eingeladen. WIR sind eingeladen. Es wäre wirklich wichtig, wo doch jemand aus meiner Abteilung befördert werden soll. Wir könnten das Geld wirklich gebrauchen.“
„Ich rufe sie an, ich kann aber nichts versprechen! Und sollte er mich auch nur einmal anfassen, werde ich ihm eine runterhauen, verstanden?“
„Was immer du dann machen möchtest! Ich liebe dich und hole dich um 19 Uhr ab.“
Sie sah auf die Uhr, sie hatte fünf Stunden Zeit zum sauber machen und eine Stunde um sich aufzubrezeln. Das sollte reichen!
Sie hatte Probleme, das richtige Kleid für den Abend auszuwählen. Noch waren zu viele Kilos von der Schwangerschaft auf den Rippen. Entweder sie bekam das Kleid gar nicht erst zu oder sie sah aus wie eine Presswurst. Sie war ein Nervenbündel, ihre Mutter, die jetzt mit dem Baby unten auf dem Sofa saß, hatte, wie sie es vorausgesagt hatte, kein gutes Haar an ihr gelassen. Das Haus war zu schmutzig, Leonie zu laut und sie zu fett. Voller Panik sah sie auf die Uhr, noch zwei Stunden dann musste sie fertig angezogen sein. Martin würde ausrasten, wenn sie noch nicht fertig war. Dennis Malocki, das wusste sie, legte großen Wert auf Pünktlichkeit. Entschlossen schlüpfte sie aus dem blass blauen Kleid und warf es zu den anderen aufs Bett.
Schnellen Schrittes ging sie die Treppe hinunter in Wohnzimmer.
„Ich muss noch schnell in die Stadt. Ich bin in einer halben Stunde zurück. Ich habe genug Milch abgepumpt, falls Leonie hunger bekommt. Sie steht im Kühlschrank. Bis gleich!"
Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm sie ihren Mantel von der Garderobe und eilte hinaus. Sie brauchte ein neues Kleid, sie wollte zu dem Brautmodenladen in der Innenstadt. Der verkaufte auch Abendkleider. Dort würde sie sicher etwas Passendes finden.
Nicht ganz dreißig Minuten später war sie wieder Zuhause. Ihre Mutter saß immer noch auf dem Sofa, Leonie lag in ihrem Bettchen und schlief. Jetzt wurde es höchste Zeit, dass sie sich fertigmachte.
„Ich geh jetzt Duschen, danke das du aufpasst!“
Ihre Mutter reagierte nicht, sie war vertieft in irgendeine Telenovela.
Sie sprintete die Treppe hoch ins Bad, drehte das Wasser der Dusche voll auf und zog sich aus. Ihr Körper, der sich so sehr verändert hatte, war ihr immer noch fremd.
„Ich sollte mehr Sport machen, kein Wunder, das Martin mich nicht mehr anfasst“, sagte sie in die Stille des Bades hinein.
Sie klopfte sich auf den Bauch der sogleich anfing zu wackeln wie Pudding.
Einzig ihre Brüste sahen dadurch, dass sie noch stillte, prall und wohlgeformt aus. Das hatte sogar die Verkäuferin bewundert, als sie das Kleid anprobiert hatte und aus der Kabine trat.
Sie ließ sich nicht viel Zeit beim Duschen, seifte sich schnell ein, wusch die Haare und stellte das Wasser ab. Nach dem sie sich abgetrocknet hatte zog sie sich an. Das grüne Kleid, das sie sich ausgesucht hatte, harmonierte wunderbar mit ihren grünen Augen und den roten Haaren. Sie fühlte sich wohl und bildhübsch. Als sie fertig mit schminken und frisieren war, hörte sie Martins Auto die Auffahrt hinauf fahren. Schnell schlüpfte sie in ihre High Heels und eilte die Treppe hinunter. Als Martin, der gerade zur Tür herein kam sie erblickte pfiff er anerkennend durch die Zähne.
„Wow, du siehst toll aus“, lobte er sie, „Ist das Kleid neu?“ sie nickte und sank in seine Arme. Martin küsste sie lange, und als er sich von ihr löste, grinste er sie schelmisch an.
„Eigentlich, möchte ich jetzt lieber etwas anderes tun, als dich auszuführen!“
„Was ist denn das für ein Krach?“
Brüllte ihre Mutter aus der Stube.
„Hallo Margot, wir sind schon weg, pass mir gut auf meine Tochter auf!“
„Ja, ja, verschwindet endlich ich verstehe kein Wort!“
Die Party war wie erwartet sterbenslangweilig gewesen. Ihr war es nicht gelungen sich an den Gesprächen zu beteiligen, dafür verstand sie einfach zu wenig von der Branche. Gelangweilt war sie durch das große Haus gewandert, auf der Suche nach etwas Abwechslung. Oder wenigstens einem Menschen mit dem sie sich unterhalten konnte. Aber die anderen Frauen schienen an ihren Männern zu kleben wie eine zweite Haut. Sie standen neben ihnen die Arme um sie geschlungen und lachten dann und wann etwas nervös.
>>Nicht mal im Alkohol kann ich meine Langeweile ertränken<<, dachte sie.
Das einzig Gute am ganzen Abend war, dass Dennis keine Zeit hatte, sie zu begrapschen. Um halb zwölf war der Ganze spuck dann zu Ende.
Als sie wieder zuhause waren, fielen sie übermüdet ins Bett. Ihre Mutter saß unten auf dem Sofa, Leonie im Arm. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten, wollte sie sich auch die Nacht um ihre Enkelin kümmern.
Feloidea
4127 Beiträge
02.02.2017 13:14
Bin gespannt wie es weitergeht!
06.02.2017 18:12
Ich habe euch nicht vergessen. Nur gerade ein kleines logistisches Problem. Schaffe es einfach nicht an den Laptop
X-tiane
368 Beiträge
15.02.2017 08:00
Ich freu mich auch schon auf eine Fortsetzung
15.02.2017 15:31
Nicole

Nach dem sie sich satt gegessen hatte sah sie sich um, sie musste hier raus. Das war ihre Gelegenheit, niemand wollte die nächsten Tage nach ihr sehen. Im Gang hinter der Tür herrschte Stille und das Licht war ausgeschaltet. Vielleicht konnte sie das Tablett als eine Art Hebel benutzen? Sie stand auf und ging zur Tür, der Spalt darunter war nicht groß aber das Holztablett passte darunter. Sie schob es etwas angewinkelt unter die Tür und versuchte sie anzuheben. Nach einer Stunde gab sie auf. Sie hatte nicht bedacht, dass ihr Peiniger abgeschlossen hatte. Alle Mühen waren vergebens. Zu allem Überfluss war das Tablett auch noch zerbrochen. Wütend hämmerte sie mit den Fäusten gegen die Tür. Was ist, wenn er nicht wiederkam? Wie lange dauerte es, bis ein Mensch verhungerte? Sie krabbelte zu ihrer Schlafstätte und wickelte sich in den Schlafsack, die Tränen liefen in Strömen ihre Wangen hinunter.
Als sie so auf ihrer Isomatte lag und sich bedauerte, strich sie immer und immer wieder mit der Hand über den Boden nahe der Wand. Etwas später bemerkte sie das sie einen großen Brocken Gestein hin und her bewegte. Euphorisch sprang sie auf und befühlte die Wand. Ein Loch nicht größer als ihre Faust war über die Jahre entstanden.
„Das könnte der Weg in die Freiheit sein!“
Mit den Händen stocherte sie probehalber in der Öffnung. Weitere Brocken lösten sich und schneller als sie gedacht hatte war das Loch so groß wie ihr Kopf. Sie eilte zur Tür und holte sich einen Teil des Tabletts.
Eine Stunde später sank sie erschöpft auf ihre Schlafstätte, wischte sich den Schweiß von der Stirn und lockerte das Shirt, das sich nass um ihren Körper schlang.
Sie hatte es geschafft so viel Schutt und Gestein zu entfernen, das sie ohne Probleme ihren Oberkörper hineinschieben konnte. Gierig griff sie nach der zweiten Wasserflasche und trank einen großen Schluck.
„Nicht zuviel“, ermahnte sie sich.
Sie stellte die Flasche ab und griff sich ein Stück Brot, biss hinein und kaute genüsslich.
Danach stellte sie alles in das Regal gegenüber, sie hatte keine Lust das die wenigen Lebensmittel, die sie besaß vom Staub verdreckt wurden.
Jetzt hatte sie wenigstens etwas zu tun, saß nicht mehr untätig herum und bedauerte sich.
Mit zitternden Muskeln krabbelt sie aus dem Loch, gönnte sich erneut einen Schluck aus der Wasserflasche und etwas Brot mit dem widerlich riechendem Käse. Sie hatte über mehre Stunden gegraben und war jetzt auf ein neues Hindernis gestoßen, eine feste Wand, die sie nicht klein zu kriegen vermochte. Die Erde hatte sie mithilfe der Matte unter das Regal gebracht.

Marie

Auch nach dem fünften Mal klingeln erschien niemand an der Tür. Sie setzte sich auf den Treppenabsatz und fuhr sich mit den Fingern über die Lippen. Noch immer spürte sie den letzten Kuss. Sie roch immer noch sein Aftershave auf ihrer Haut und spürte jede einzelne Berührung. Eigentlich war alles viel zu schnell gegangen, überlegte sie. Dennoch, es war nur Sex und bedeutete nichts, auch wenn sie es sich anders wünschen würde. Sie war nicht mehr zwölf und wusste das man Gefühle nicht an und ausknipsen konnte, wie man wollte. Vielleicht, wenn sie sich besser kennen würden, miteinander ausgehen und sich richtig kennenlernen, vielleicht wäre es dann möglich. Doch weder er noch sie waren frei.
Als es bereits dämmerte, sah sie eine Gestalt auf sich zukommen, in freudiger Erwartung hob sie den Kopf. Zu spät bemerkte sie das es nicht Melina war. Es war einer der anderen Haubewohner, der torkelnd auf sie zukam. Sie rutschte ein wenig zur Seite, um ihn durchzulassen.
„Willste mit rein oder was?“
Fragte der Mann lallend.
„Nein danke, ich warte lieber hier draußen.“
„Zu wem willste denn?“
„Melina Schmidt.“
„Da kannste aber lange warten. Die ist gestern mit so einem komischen Kerl in Urlaub gefahren.“
„Was? Nein das kann doch nicht sein, davon hat sie mir gar nichts erzählt!“
„So ist das eben mit den Weibern!“
Marie war kurz davor, in Tränen auszubrechen. Wo sollte sie jetzt bloß hin?
„Willste trotzdem in ihre Wohnung? Ich habe den scheiß Schlüssel! Soll mich um das drecks Vieh von Katze kümmern. Kannst du dann ja übernehmen!“
Obwohl sie kein gutes Gefühl hatte, willigte sie ein.
Der Mann schien zwar betrunken und schroff aber doch ganz nett zu sein. Er führte sie in seine kleine zwei Zimmer Wohnung und suchte in einer kleinen Schublade nach dem Haustürschlüssel für Melinas Wohnung. Entgegen ihrer Befürchtungen war es hier alles andere als dreckig. Der Boden und die Möbel waren sauber, es roch ein bisschen nach Zitrone. Auf der blauen Couch in der Ecke waren viele Kissen ordentlich drapiert. Man sollte eben doch nicht vorschnell über einen Menschen urteilen. Vielleicht gab es ja etwas zu feiern.
„Hier ist er ja“, verkündete er lachend.
Sie nahm den Schlüssel und ging in das obere Stockwerk, schloss die Tür auf und wurde gleich laut schnurrend, von einer Katze begrüßt.
Sie nahm die Katze hoch und schloss die Tür. Die Freundin hatte alles sauber hinterlassen, im Kühlschrank und dem Brotschrank darüber fand sie sogar noch etwas zu essen. Sie gab zuerst der Katze etwas zu futtern, dann machte sie sich zwei Scheiben Brot und setzte sich im Wohnzimmer vor den Fernseher. Viel hatte sich nicht verändert seid ihrem letzten Besuch. Nur die Katze war neu. War Melina einsam? Niedergeschlagen wickelte sie sich in die Sofadecke und legte sich hin. Kurz darauf vielen ihr die Augen zu.

15.02.2017 15:31
Samstag 28.09.2014

Nicole

Als Martin ein paar Stunden später wieder aufstand, um sich für die Arbeit fertigzumachen, hatten er, wenn es hochkam, eine Stunden geschlafen. Seit der Geburt hatten er und Lucy nicht mehr miteinander geschlafen. Die verlorenen Wochen hatten sie in der letzten Nacht nachgeholt.
Lucy die ebenfalls wach war stand auf, ging in die Küche und kochte Kaffee. Danach schaute sie ins Wohnzimmer, Leonie lag eingekuschelt in ihrem Stubenwagen, ihre Mutter lag halb sitzend auf dem Sofa und schlief ebenfalls. Sie breitete eine Decke über ihr aus und setzte sich in die Küche. Als Martin zu ihr kam, küsste er sie lang und innig. Die Strapazen der letzten Nacht sah man ihm kaum an.
„So könnte es öfter sein“, sagte er lachend als Lucy ihm einen Kaffee vor die Nase stellte.
„Was genau meinst du denn? Den Sex oder das ich dir morgens Kaffee koche?“
„Beides“, erwiderte er frech grinsend.
Nachdem er den Kaffee getrunken hatte, machte Martin sich auf den Weg zur Arbeit. Lucy schlich ins Wohnzimmer nahm ihre Tochter mit nach oben und legte sich mit ihr zusammen ins Bett.
*
Als ihre Mutter aufgestanden war, hatten sie zusammen gefrühstückt. Lucy hörte sich die Schimpftiraden ihrer Mutter geduldig an. Was war nur aus ihr geworden? Warum konnte es nicht so sein wie noch vor knapp einem Jahr? Ihre Mutter hatte sich nicht eingemischt, war eine ihrer engsten Vertrauten und jetzt? Sie konnte es gar nicht erwarten, dass sie ging.
*
Nach einem anstrengenden Tag saß Lucy auf dem Sofa und dachte über ihr Leben nach.
Sie empfand es als zu langweilig. Zu gerne würde sie wieder arbeiten gehen. Leonie hatte ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Sie fühlte sich eingeengt und nutzlos. Sich um ihre Tochter zu kümmern war nicht das, was sie sich vom Leben gewünscht hatte. Warum konnte Martin nicht zuhause bleiben? Sie verdiente ohnehin sehr viel mehr Geld. Als sie ihre Tochter ansah, spürte sie einen Stich im Herzen. Sollte es nicht eigentlich genauso sein, wie es gerade war? Mütter gehörten zu ihren Kindern, sollten sie abgöttisch lieben und in ihrer Aufgabe total aufgehen. Warum dachte gerade sie anders?
Nach dem sich Leonie satt gegessen und aufgestoßen hatte legte sie das Baby zurück in den Stubenwagen. Fröhlich zappelnd gluckste sie vor sich hin.
Fieberhaft versuchte sie anders für ihre Tochter, das Leben als Hausfrau und Mutter zu empfinden, doch je mehr sie es versuchte umso weniger gelang es ihr.
„Ich brauche eine Veränderung, und zwar schnell!“
Sie beschloss, sich am Abend mit Martin darüber zu unterhalten. Vielleicht konnte er ihr helfen die Sache anders zu sehen.
Als Martin endlich Heim kam, flog sie in seine Arme und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Das Abendessen war fast fertig und Leonie lag wach im Wohnzimmer auf einer Decke.
Nach dem Abendessen sprach sie mit Martin, sie versuchte ihm zu erklären, wie sie sich fühlte und was ihr missfiel. Doch er verstand sie nicht. Martin rastete völlig aus. Beschimpfte sie als Rabenmutter und bedauerte sie geheiratet zu haben.
In Tränen aufgelöst stürzte sie aus dem Haus. Sie wollte einfach nur weg. Weg von Martin, weg von dem Baby, für das sie nichts als Verachtung empfand, weil es ihr Leben so sehr auf den Kopf gestellt hatte.
Sie flüchtete sich zu ihrer Mutter, in Tränen aufgelöst erzählte sie ihr schon beim Reinkommen von dem Streit und den Gefühlen, die sie quälten. Fast befürchtete sie nun auch eine Standpauke von ihrer Mutter zu bekommen, doch diese fing an zu lachen. Nahm Lucy am Arm und führte sie in die Küche.
Kurz hantierte sie mit Gläsern und einer Flasche Sekt.
Als sie beides auf den Tisch gestellt hatte, setzte sie sich ihr gegenüber und erhob ihr Glas.
„Prost!“
„Aber wie … ich dachte du … ich kann doch nicht …“,
„Hör auf, und trink!“
Total verwundert griff Lucy nach dem Glas und stieß mit ihrer Mutter an und dann mit dem nächsten. Als die Flasche fast leer war, fing ihre Mutter an zu erzählen.
„Ich habe damals dasselbe gedacht, fühlte mich wie die schlimmste Mutter aus Hameln. Ich konnte mich einfach nicht an dir erfreuen. Wollte nicht bloß Mutter und Hausfrau sein und trotzdem habe ich es gemacht!“
„Warum?“ Fragte Lucy verwundert über das Geständnis ihrer Mutter. Diese zuckte nur kurz mit den Schultern.
„Ich weiß nicht so genau, ich habe mich keines Wegs damit abgefunden. Aber auch du wirst bald feststellen wie erfüllend es sein kann Mutter zu sein. Das erste Lächeln wird dich aus der Bahn werfen. Du wirst überfließen vor Liebe und dich von da an über jeden noch so kleinen Schritt freuen. Und dann wirst du den Tag verfluchen, an dem du wieder arbeiten gehen musst. Wirst dich zurückwünschen in die Zeit, als dein Baby nicht ohne dich sein konnte“, erneut zuckte sie mit den Schultern.
„Zumindest war es bei mir so!“
Wie auf Kommando klingelte ihr Handy, auf dem Display leuchtete Martins Name auf.
Als sie abnahm, hörte sie ihre Tochter im Hintergrund brüllen. Sie musste fast schreien, damit Martin sie verstand.
„Irgendetwas stimmt nicht mit Leonie, bitte kannst du zurückkommen“, bettelte er.
„Die Kleine hat Hunger, im Kühlschrank steht eine Flasche mit abgepumpter Milch, mach sie warm und fütter sie. Ich bin gleich zurück.“
Martin war völlig fertig, als sie das Wohnzimmer betrat, fand sie ihren Mann halb sitzend auf dem Sofa vor. Leonie im Stubenwagen liegend, schlief. Martin war schweißgebadet, die Haare klebten an seinem Kopf und die Flecken unter seinen Armen waren Handteller groß.
„Tue das bitte nie wieder! Ich kann das nicht! Ich bin nicht dafür gemacht ein schreiendes Baby durch die Gegend zutragen, es zu wiegen und zu beruhigen.“
Jetzt wurde sie wütend, sie brauchte den letzten Rest ihrer Selbstbeherrschung, um nicht loszuschreien.
Wütend packte sie ihn am Arm und zog ihn in die Küche. Erst als die Tür fest verschlossen war, machte sie ihrem Ärger Luft.
„Meinst du ich, bin dafür gemacht? Meinst du, nur weil ich eine Frau bin, habe ich es im Blut mit so einem schreienden Bündel zurechtzukommen? Manchmal glaube ich, ich hätte dich nicht heiraten sollen! Was bist du nur für ein Jammerlappen. Es war der größte Fehler mit dir ein Kind zu bekommen.“
Beschwichtigend hob Martin die Hände.
„Bitte, sag so etwas nicht, ich weiß, dass es ungerecht ist, dass du zuhause bleiben musst und ich weiter so tue als würde es unsere zauberhafte Leonie nicht geben. So langsam bekomme ich einen Eindruck, wie du dich tagsüber fühlen musst.“
„Wie willst du das wissen?“
Giftig sah sie ihn an, wenn Blicke töten könnte, würde er in diesem Moment tot umfallen.
„Ich will mich nicht streiten! Ich meine doch nur, dass ich einen guten Einblick in deinen Alltag bekommen habe!“
Er drehte sich um und ging aus der Küche.
„Wo willst du hin?“
„Ich geh duschen und dann in die Badewanne, ein Bierchen trinken. Vielleicht hast du dich, bis ich wiederkomme, ja beruhigt und wir können zusammen überlegen, wie es weiter geht!“
Als die Tür zuviel hörte er wie etwas zerbrach.
Wie konnte er sich erdreisten jetzt in eine Kneipe zu gehen? Und dann auch noch in die Badewanne? Dort saßen nur die übelsten Gestalten und betranken sich.
Eine halbe Stunde später verließ Martin die Wohnung, an seiner Gangart konnte sie erkennen, dass auch er sauer war.
Provokativ verbrachte sie die Nacht auf dem Sofa, sie stellte sich schlafend als Martin aus der Kneipe kam und nach ihr sah. Auch seine in ihre Haare genuschelte Entschuldigung. Sie versuchte ruhig weiter zu atmen und ihren Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Mit einem tiefen Seufzer ging Martin die Treppe hoch, ins Schlafzimmer.
„So geht es nicht weiter“, murmelte sie und drehte sich auf die andere Seite.
Dasselbe wiederholte sich ein paar Stunden später als Martin sich für die Arbeit fertigmachte.
Als er das Haus verließ, stand sie auf und ging in die Küche, dort fand sie einen Zettel vor.
„Ich werde heute Abend nicht nach Hause kommen, ich übernachte bei einem Kollegen, ich hoffe, dass wir morgen vernünftig miteinander reden können.“
Wütend knüllte sie das Stück Papier zusammen und schmiss es in den Müll. So einfach machte er sich das also. Er zog sich aus der Affäre und hoffte das sie sich bis zu seinem erneuten erscheinen beruhigt hatte.
„Dieses Mal nicht! Das kannst du vergessen“, sagte sie laut. Noch bevor sie sich einen Kaffee eingießen konnte, hörte sie ihre Tochter durch das Babyphone weinen. Sie stellte die leere Tasse auf die Anrichte und ging ins Wohnzimmer um ihre Tochter zu stillen.
„So wie es aussieht, sind wir heute alleine aber das bekommen wir hin oder?“
Liebevoll strich sie ihrer Tochter über die wenigen Haare und beobachtete, wie Leonie gierig an ihrer Brust sog.
Fast schämte sie sich für die Gedanken der letzten Stunden und dem Wunsch, dass ihre Tochter nie geboren worden wäre.
Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinunter.

18.02.2017 14:20
Sonntag 29.09.2014

Nicole

Als sie aufwachte, fragte sie sich, wie lange sie wohl geschlafen hatte. Wie viel Zeit war vergangen? Sie wusste es nicht. In ihrem dunklen Gefängnis wurden Minuten zu Stunden und Stunden zu Tagen. Sie hatte bevor sie sich hingelegt hatte versucht noch mehr von der Wand abzutragen, sich an der unüberbrückbaren Barrikade vorbei zu graben, doch es war ihr nicht gelungen. Den Schutt hatte sie liegen lassen, jetzt raffte sie sich auf und beförderte ihn unter das Regal. Nicht auszudenken, was passierte, wenn ihr Entführer auftauchte und auf Anhieb das Loch entdeckte, falls er überhaupt wieder auftauchte. Die Arbeit hatte sie viel Kraft gekostet, immer wieder musste sie innehalten, etwas essen und trinken. Wie lange ihre kläglichen Vorräte noch halten würden, wusste sie nicht. Nachdem sich ihre Muskeln etwas entspannt hatten, suchte sie die übrigen Wände nach einem Riss ab. Doch sie fand nichts. Wütend stampfte sie auf den Boden und schrie ihren Frust hinaus. Zumindest etwas hatte sie bemerkt, dass hier war auf keinen Fall ein Bunker, die Wände waren viel zu dünn dafür.
Warum hatte sie bei ihrer Entführung nur keine Schuhe getragen? Mit den Absätzen hätte sie versuchen können noch mehr abzutragen. Unruhig ging sie auf und ab.
Wie sollte sie nur entkommen? Sie überlegte fieberhaft, rieb sich die Stirn und ließ sich dann doch wieder auf die Isomatte fallen. Weinend schlief sie ein.

***

Die Welt versank im Nebel, sie lief so schnell sie konnte den Waldweg entlang. Ihre Schritte verhallten lautlos in der feuchten Erde. Sie hatte keine sehr gute Kondition, ihre Lungen schmerzten bei jedem Atemzug. Immer wieder drehte sie sich panisch um und versuchte ihn zu erspähen. Doch sie sah ihn nicht. Wie hatte es nur soweit kommen können? Er war so charmant gewesen. So lieb und zärtlich während der Nacht.
Bei einem Spaziergang im Morgengrauen hatte er sich plötzlich verändert, seine Augen hatten den Glanz verloren, die Zärtlichkeit war urplötzlich aus seinen Zügen gewichen. Er hatte angefangen, sie zu beschimpfen und zu schlagen. Sie hatte ihn angefleht damit aufzuhören und gefragt, was sie falsch gemacht hatte. Doch er hatte nur gelacht und ein Messer aus seiner Jackentasche gezogen.
„Lauf!“ Hatte er befohlen und sie war gelaufen. Einmal hatte er sie fast erreicht. Sie konnte ihn hinter sich spüren, ihn atmen hören. Sein eisiges Lachen ließ ihr Blut gefrieren. Sie versteckte sich hinter einem dicken Baum, um etwas zu Atmen zu kommen, zu spät merkte sie das es ein Fehler war. Eisige Hände schlossen sich um ihren Hals, zogen sie zurück auf den Weg. Einen Atemzug später lag sie röchelnd auf dem Boden, warmes Blut schoss aus ihrem Hals, sickerte zwischen ihren Händen hindurch. Sie sah die Sonne, die sich jetzt zwischen den Wolken hindurchgeschoben hatte und die ganze Szene unheimlich beleuchtete.
Als Letztes hörte sie ein zufriedenes Seufzen. Dann wurde es dunkel. Sie war tot.
Der Mann kniete sich neben die junge Frau, strich ihr die Locken ein letztes Mal aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Danach stand er auf, ging zum See und wusch sein Messer und die Hände. Gemütlich und fröhlich pfeifend ging er den Weg zurück zu seiner Ferienwohnung.

***

Marie

Sie hatte nicht gut geschlafen in der letzten Nacht, immer wieder war sie aufgewacht, weil sie dachte, Henri würde zur Tür herein kommen. Es reichte schon das kleinste Geräusch und sie fuhr aus dem Schlaf hoch. Oder der Kater neben ihr bewegte sich und fing zu schnurren an. Der Kater, der scheinbar auf den Namen Willi hörte, zumindest stand das auf seinem Futternapf, hatte sie den ganzen Abend belagert und um Streicheleinheiten gebettelt. Als es draußen schon wieder hell wurde, nahm sie ihr Handy aus ihrer Handtasche, schaltete es ein und wartete auf das piepsen, dass ihr eingehende Nachrichten ankündigte. Sie hatte fünfundzwanzig SMS und fünf Sprachnachrichten. Mit zitternden Händen wählte sie die Nummer ihrer Mailbox. Die ersten zwei Nachrichten von ihm waren noch zuckersüß, jemand der ihn nicht kennen würde, könnte auf den Gedanken kommen, dass ihr Ehemann sich wirklich Sorgen um sie machte. Doch sie kannte ihn besser, wusste um seine manipulative Art und wurde bei der dritten Nachricht nicht enttäuscht. Er hatte das Zuckersüße aufgegeben und war zu wüsten Beschimpfungen und Drohungen übergegangen. Die letzten Nachrichten hörte sie nicht ab, sie löschte sie genauso wie die ungelesenen SMS und schaltete das Handy wieder aus. Gut gelaunt ging sie in die Küche, kochte sich einen Kaffee und hatte zum ersten mal seit Jahren ein gutes Gefühl. Das neue Leben konnte beginnen. Henri wusste nicht, wo sie war, hatte sich nie für ihre Freundinnen interessiert oder dafür was sie bewegte. Ja sie glaubte fest daran, dass jetzt alles besser werden würde.
Nachdem sie auch die zweite Tasse Kaffee getrunken hatte, zog sie sich an, nahm den Ersatzschlüssel aus der Schale, die im Flur auf der Kommode stand, und machte sich auf zu einem Spaziergang. Als sie die Haustür öffnete, empfing sie feiner Nebel, er schlängelte sich tief auf dem Boden und waberte weich durch die Luft. Sie sog die frische Luft tief ein. Es versprach ein sonniger Tag zu werden, wenn sich erst der Nebel verzogen hatte. Sie ging ein paar Schritte geradeaus die Auffahrt hinauf und sah sich dann irritiert um. Welchen Weg sollte sie einschlagen? Sie entschloss sich rechtsherum zu gehen, sie meinte sich zu erinnern, dass das Taxi gestern denselben weggenommen hatte. Als sie in der Ferne, sie war mittlerweile fast eine Stunde unterwegs, das rote, vertraute Leuchten sah, machte ihr Herz einen Sprung. Eine Sparkasse, sie konnte endlich das dringend benötigte Geld abheben und bald weiter ziehen.
Am Automaten wurde sie enttäuscht, sie konnte nicht mehr als 500 Euro abheben, das bedeutete für sie das sie noch mindestens 4 Tage hier bleiben musste. Außerdem musste sie darauf hoffen das Henri das Konto nicht sperren lies. Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken, die Tür hinter ihr wurde geöffnet und jemand trat ganz dicht an sie heran. So schnell sie konnte steckte sie das Geld in ihr Portemonnaie und hoffte das sie jetzt nicht ausgeraubt wurde.
„Ich hatte gehofft dich noch einmal zu treffen.“
Die feinen Haare am Nacken stellten sich auf, sie bekam eine Gänsehaut. Abrupt drehte sie sich um und sah in die wunderschönen blauen Augen von Thorsten.
Sie lächelte ihn an und wollte etwas sagen, doch er schüttelte den Kopf und deutete mit einem leichten Nicken Richtung Tür. Sie sah an ihm vorbei und erblickte eine hübsche junge Frau.
Sie hatte lange blonde Locken, blaue Augen und einen vollen Mund. Ihr Busen zeichnete sich deutlich unter der dünnen Jacke ab.
Traurig ging sie an ihm vorbei, zur Tür hinaus und verschwand so schnell sie konnte. Als sie außer Sichtweite war, fing sie an zu rennen, sie hörte erst wieder auf, als sie an der Haustür von Melina angekommen war. Ihr Pullover klebte an ihrem Körper, der Schweiß rann ihre Stirn hinab, tropfte in ihre Augen, sie kniff sie zusammen und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Sie wusste doch ganz genau, warum er nach Dollern gekommen war. Er wollte seine Frau zurück. Aber warum tat es dann so furchbar weh die beiden zusammen zu sehen?
>>Dumme Gans was hast du denn erwartet? Es war nur Sex<<, schimpfte sie in Gedanken und schloss die Tür auf. In der Wohnung lief sie als Erstes ins Bad, entledigte sich ihrer verschwitzen Klamotten und duschte ausgiebig. Das Wasser vermischte sich mit ihren Tränen, die sie nicht zurückhalten konnte. Sie weinte um ihr Leben, das immer noch keins war und nie zu werden schien.
Später saß sie auf dem Sofa, die Beine nah an den Körper gezogen und wiegte sich langsam vor und zurück. Sie hatte das Gefühl in der Falle zu sitzen. Henri hatte erneut ein paar Nachrichten geschickt und ihr gedroht sie umzubringen, wenn er sie erwischte. Wie lange sie hier in der Wohnung noch sicher war, wusste sie nicht. Henri hatte ihr geschworen sie zu finden und umzubringen. Sie wusste, dass es keine leere Drohung war, er würde es tun, sollte er sie in die Finger bekommen.
Unruhig und mit klopfendem Herzen stand sie auf und wanderte durch die Wohnung. An jedem Fenster blieb sie stehen und spähte hinaus. Wie lange würde Henri wohl bis hier her brauchen? Sie war sich nicht mehr so sicher, ob er nichts von Ihrer Freundin Melina wusste. Er hatte so komische Andeutungen gemacht. Nach einer Weile hielt sie nichts mehr in der Wohnung. Sie griff sich den Schlüssel und ging nochmal spazieren. Ihr Handy, diesesmal eingeschaltet behielt sie in der Hand.
Als sie an einen kleinen Weg kam, ein Schild wies ihn als Bodo–Mohr-Wanderweg aus, bleib sie kurz stehen und überlegte. Von irgendwoher konnte sie Wasser rauschen hören, sie beschloss ein wenig ihre Füße zu baden, auch wenn es dazu eigentlich viel zu kalt war. Als sie den angewiesenen Weg endlang ging, entspannte sie sich ein wenig. Sie atmete die frische Luft in tiefen Zügen. Hinter der nächsten Biegung konnte sie den See sehen. Sie ging etwas schneller, freute sich auf das erfrischende Fußbad. Als sie um den Großen Baum, der seine Wurzeln tief in die Erde gegraben hatte herumging, erblickte sie jemanden auf dem Weg liegen. Es war eine junge Frau, lang ausgestreckt lag sie da. Vorsichtig ging sie auf sie zu, ihr Herz klopfte schnell in ihrer Brust. Sie kniete sich neben die junge Frau, fühlte nach dem Puls. Doch der Körper war eiskalt, sie war tot. Marie blickte sie genauer an, es gab eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihr und der unbekannten. Ihre Haare waren genauso blond wie die ihren und das Gesicht genauso schmal und ausgemergelt. Mit zitternden Fingern öffnete sie ein Augenlied, blaue Augen! Marie kniete neben ihr und versuchte ihr zu schnell schlagendes Herz unter Kontrolle zu bekommen. Sie musste sich dringend beruhigen. Marie atmete dreimal tief durch, ihre Gedanken wirbelten durcheinander.
Diese Frau hätte für jemanden der nicht so genau hinsah, ihr Zwilling sein können. Wenn sie nur das Gesicht etwas unkenntlicher machen könnte.
Sie durchsuchte die Handtasche der Frau nach Papieren und fand einen Ausweiß und Bankkarten. Sie steckte sie in ihre Handtasche. Ihr wurde schwindelig, viel zu schnell raste das Blut, vermischt mit Adrenalin durch ihren Körper. Nach einer Ewigkeit, so kam es ihr jedenfalls vor, drehte sie sich wieder zu der Toten. Sie hatte einen Entschluss gefasst.
„Es tut mir leid, aber es muss sein“, flüsterte sie, nahm das schweizer Taschenmesser, das Henri ihr zu ihrem ersten Jahrestag geschenkt hatte, aus der Handtasche und fing an ihr das Gesicht zu zerschneiden. Sie schnitt nicht nur oberflächlich in die Haut, sie trennte teilweise auch die darunterliegenden Muskeln. Immer wieder musste sie innehalten und den Würgereflex zu unterdrücken. Doch es war das Beste, Henri musste glauben, dass sie Tot war. Erst dann würde sie frei sein. Als das Gesicht nicht mehr als Gesicht zu erkennen war, holte sie ihren Ausweiß aus ihrer Handtasche, wischte ihre Fingerabdrücke ab und legte ihn in die Handtasche der toten. Das Messer wusch sie im See sauber und stürzte den Weg zurück. Erst als sie in Melinas Wohnung war und sich mehrere Male übergeben hatte, sah sie sich den anderen Ausweiß an. Von nun an würde sie unter dem Namen Larissa Bauer leben. Sie war frei und trotzdem weinte sie. Weinte Tränen der Freude und der Trauer, was hatte sie der Armen Larissa nur angetan?
Sie weinte eine Stunde ununterbrochen, danach ging sie zum Telefon und wählte die Nummer der Polizei. Sie berichtete kurz von der Leiche auf dem Waldweg und legte wieder auf, bevor der Beamte fragen nach ihrer Person stellen konnte.

Immer noch spannend???
X-tiane
368 Beiträge
18.02.2017 19:32
Auf jeden Fall!! Ich war gerade echt geschockt von dem letzten Absatz
Feloidea
4127 Beiträge
18.02.2017 21:04
Jaaa, sehr spannend! Bin gespannt wie es weitergeht.
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