Mütter- und Schwangerenforum

Karriere extrem - mit Kinder und Partner - was meint ihr?

Gehe zu Seite:
Nuya
10450 Beiträge
22.07.2019 12:56
@polly: das wünsche ich dir. (und mir^^ denn auch für mich wird der nächste schritt der raus aus der wissenschaft sein)

Und ich denke das ist auch gut machbar und wir werden bestimmt/hoffentlich etwas finden. Nur ist es halt eben nicht die "wissenschaftliche karriere" und ich wollte nur mal aufgezeigt haben, warum das halt ein schwieriges pflaster ist insbesondere als frau in naturwissenschaften in denen in laboren gearbeitet wird, wo man schwanger/in der stillzeit nicht rein darf, diesen weg mit familie zu vereinbaren, und dass man da dann schon die volle unterstützung des partners bräuchte.

Und es gehören neben dem biss und den fähigkeiten eben auch eine gewisse portion glück und äussere umstände dazu, die es einem eben ermöglichen, oder auch eben nicht ermöglichen.
Das gilt wohl für diverse "karrieren". NUR harte arbeit und fähigkeiten alleine reichen nicht und man sollte wirklich nicht so tun, als wäre das so, denn das vermittelt irgendwie ein zerrbild. Arbeit, fähigkeiten UND eine gewisse portion glück an den richtigen stellen, und dann wieder die fähigkeit dieses glück zu erkennen und zu nutzen, und gewisse rahmenbedingungen brauchts. Alles andere vermittelt ein ungerechtes zerrbild. Weder haben leute die karriere machen NUR glück gehabt noch haben leute die karriere machen diese NUR und ausschliesslich durch harte arbeit gemacht.

Sagen wir so: Fähigkeiten, biss, durchhaltevermögen, etc sind notwendige bedingungen, aber alleine nicht hinreichend.

Zumal man ja in der zeit nun auch nicht mit geld zugeschissen wird und wochenstundenzahlen, die deutlich über 40 raus gehen je nach arbeitsgruppenleiter zum guten ton gehören (was sich dann auf einen teils wirklich niedrigen tatsächlichen "stundenlohn" runterrechnen liesse.^^). Mein ehemaliger chef hat jedem doktoranden, der von ihm eine unterschrift für urlaub wollte, einen vortrag gehalten, dass er während seiner gesamten promotionszeit nicht einen tag urlaub genommen hat.

Man soll sich für vergleichsweise wenig geld aus idealismus heraus aufopfern. Was bei genug intrinsischem interesse nicht mal gross weh tut, aber halt eben in dem ausmass schwer zu vereinbaren ist mit kindern und familie.

Also ich sehe die tatsache, dass der zug "professur" für mich abgefahren ist (ich bin 30 und stecke gerade in der promotion) mit einem weinenden und einem lachenden auge.

Ich bin dem weg raus aus der wissenschaft mitlerweile recht positiv gegenüber eingestellt.
Schnecke510
7212 Beiträge
22.07.2019 17:41
Zitat von Nuya:

Da das der bereich ist, wo ich mich am ehesten auskenne, bezieht sich das jetzt auf die karriere in der wissenschaft:

Man braucht
- abi
- bachelor (3 jahre regelstudienzeit)
- master (2 jahre regelstudienzeit)
- promotion (3-5 jahre)
- postdoc-phase
- evtl juniorgruppenleitung
- mit 40 ist der zug für die professur abgefahren.

Sagen wir jemand macht mit 17/18 abi, fängt dann gleich an zu studieren, dann ist er, wenn es ideal läuft mit 20/21 fertig mit dem bachelor, mit 22/23 fertig mit dem master mit 26-28 fertig mit der promotion (und da ist noch kein studienfachwechsel, sinnkriese, selbst finanziertes studium und deswegen 20h arbeit neben dem studium, was einen runter bremst, oder sonst was eingerechnet, längere krankheit oder auch andere trivialitäten auf die man keinen einfluss hat, wie dass man keinen platz im praktikum bekommt, das aber verpflichtend ist für die nächste veranstaltung, da hat man je nach prüfungsordnung ganz flux die "regelstudienzeit" überschritten, ganz ohne faul gewesen zu sein - die leute, die ich so kenne schliessen ihre promotion im schnitt mit etwa 30 ab, 32, 33 ist auch keine seltenheit.).
Dann noch postdocs, schwubbs, ist man schnell schonmal 34+ jahre alt. Und das ist der ideale verlauf, ohne kinder, ohne elternzeit, ohne schicksalsschläge, krankheit, sonstige private tiefschläge... Dann noch ne Juniorgruppenleitung evtl auf dem weg zur professur. Das ist alles schon wirklich eng getaktet, dann idealerweise bitte noch einen oder mehrere auslandsaufenthalte irgendwo dazwischen schieben und so weiter.
Und die ellenbogen und die portion glück und "zur richtigen zeit am richtigen ort", die man braucht, wären auch noch zu beachten.
Konferenzen? Wer nimmt das evtl schon vorhandene kind/er über nacht, am wochenende, wenn der partner nicht mit zieht?
Da innerhalb des zeitrahmens noch nen paar kinder dazwischen organisiert bekommen geht schlichtweg nur mit unterstützung oder mit mehr zeit, wo dann nach hinten raus der zug für die professur irgendwann abgefahren ist. Ist einfach so. Entweder vor 40 oder quasi unmöglich.

Und geld kriegt man auch nicht endlos in all dieser zeit. Also zusätzliche betreuung für eventuelle kinder einkaufen ist da nicht so einfach.
Eine karriere in der wissenschaft ohne die unterstützung des partners/weiterer leute, der dann die kinderbetreuung und sowas zu grossen teilen übernimmt, ist nicht so einfach.
Daher sind es dann auch oft mehr männer als frauen.
Und als frau kommt dann in den naturwissenschaften auch noch das problem mit eventueller laborarbeit dazu, die man dann zum beispiel in der schwangerschaft und stillzeit nicht machen darf.

Also in so einem fall ist es mit "karriere" vor oder nach den kindern nicht so einfach. Da kann man es eigentlich nur gleichzeitig machen, schon allein zeitlich, wenn man die biologische uhr bedenkt. Gilt natürlich wieder für frauen stärker als für männer.



Es mag männer geben, die das mit gehen, aber oftmals sind es dann immer noch doch eher die frauen, die ihren männern das ermöglichen. In meinem beschriebenen fall (karriere in der wissenschaft in einer naturwissenschaft mit laborarbeit) zusätzlich durch biologische notwendigkeiten begünstigt (frau muss nunmal das kind austragen und wenn gewünscht, muss frau es auch stillen - beides oftmals ein problem in der vereinbarkeit mit laborarbeit).

Aber ich sehe hier übrigens auch extreme regionale unterschiede (in bayern wurde es mir sehr schwer gemacht, seit ich in berlin lebe, ist deutlich mehr offenheit da), und es wird auch besser. Uni-kitas, randzeitenbetreuung, etc. Letzte woche hab ich den mini einfach mit auf die arbeit genommen und ihn am tablet spielen lassen. Keiner hat doof geguckt, es wurde süss gefunden (er hat sich aber auch echt gut benommen und ich konnte arbeiten - das ging aber nur, da an dem tag reine datenauswertung anstand ohne labor). Aber das ist sehr arbeitsgruppenabhängig. Institute sind tendentiell unangenehmer als unis und eine arbeitsgruppe ist kaum vergleichbar mit der nächsten. Ich habe jetzt einfach einen unheimlich tollen chef. Aber in anderen arbeitsgruppen geht es auch sehr anders zu.

Und ich könnte meinen job trotz tollem chef nicht machen, wenn wir uns das bringen und holen nicht aufteilen würden. Ich bringe, papa holt. Und ich sehe mein kind nicht so viel, wie ich es gern hätte, weil ich abends oft recht spät bin, und das obwohl ich nicht mal eine "karriere" mache, der zug für eine professur ist für mich schon lange abgefahren.

Und nein, mein mann ist nicht gleich von anfang an jubelnd in die luft gehüpft bei meiner berufswahl.

Ich sag nicht, dass es unmöglich ist, ist es sicher. Aber halt eben nicht im alleingang.

Danke für diesen Beitrag. Ich halte ihn für sehr realistisch. Eine Karriere in der Wissenschaft übersteigt selbst ohne Kinder oftmals die Grenzen des Leistbaren. Und mit Kindern ist es fast unmöglich - gerade in den Naturwissenschaften, die ja nur noch auf globalem Level funktionieren.
Und selbst mit Bestnoten und gutem Lebenslauf wird es IMMER einen geben ohne Kinder, der noch den Ticken mehr arbeiten kann und noch den Ticken härter arbeiten kann. Ja, traurig, aber wahr. Ich finde diese Branche mittlerweile grenzwertig - obwohl ich ja selber lange genug da tätig war. Irgendwann habe ich hingeschmissen, weil es einfach nicht mehr ging.
Und dazu kommen ja noch die verheerenden Bedingungen in Deutschland. Hätte mein Mann in Deutschland die gleiche Stelle, die er jetzt in den USA hat, würden wir - so meine ich - am Monatsende auf eine schwarze 0 kommen, mehr nicht. Wenn überhaupt. Mit der Stelle in den USA geht es uns meilenweit besser als den deutschen Kollegen. Ja, es ist ein hartes Terrain.
Serafinchen
4537 Beiträge
22.07.2019 20:49
Zitat von Christen:

Zitat von Serafinchen:

Zitat von Christen:

Zitat von Serafinchen:

...
schön für die Kinder, wenn sie dann beide Eltern kaum noch sehen. Aber ist bestimmt ganz wertvolle Qualitätszeit und muss daher langen

Es ist auch wichtig als Erwachsener weiter seine Träume zu verfolgen. Was bringt ein Elternteil, wenn es in Depressionen verfällt, weil es sich nicht selbst verwirklichen kann?
man muss ja nicht in Depressionen verfallen, wenn man ein paar Stunden mehr die Kleinen beim groß werden begleitet. Sorry, aber komplett seine eigenen Träume zu verwirklichen, finde ich egoistisch. Entweder macht man dann halt die Karriere vor den Kindern, nach den Kindern oder nacheinander..
Und ich rede jetzt von Hardcore Karrieren, wo man eine Stunde am Tag daheim ist oder so. Ich meine keine normalen Berufe

Ich finde es nicht egoistisch. Man hat nur ein Leben. Wenn man es nicht in diesem macht, wann denn dann? Da hat nunmal jeder Mensch eine andere Vorstellung davon. Und es muss den Kindern aufgrund dessen ja nicht unbedingt schlecht gehen. Es kommt einfach auf die kompletten Rahmenbedingungen an.
Gehe zu Seite:
  • Dieses Thema wurde 6 mal gemerkt