Mütter- und Schwangerenforum

Blutabnahme bei starker Wahrnehmungsstörung - Tipps?

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Tzitzi
71 Beiträge
24.02.2021 22:07
Hallo erstmal!
Bitte nicht wundern, ich war hier früher lange aktiv, habe mich dann aber aus persönlichen Gründen abgemeldet. Seit Corona lese ich wieder still mit und jetzt hoffe ich auf ein paar Erfahrungen.

Es geht um meinen Sohn ( 9 Jahre ). Er hat diagnostiziertes ADHS und nimmt Ritalin, ohne das ein normaler Schulbesuch nicht möglich wäre. Dazu hat er auch starke Wahrnehmungsstörungen, gerade im taktilen Bereich. Er lässt sich von uns zwar bedingt anfassen, aber bei anderen vermeidet er es bzw. verweigert er es komplett. Ärztliche Untersuchungen sind immer Stress und eher aus der Ferne. Er kann auch heiß/kalt nicht unterscheiden. Dazu hat er ein sehr verzerrtes Schmerzempfinden. Er läuft mit einer Platzwunde an der Stirn in die Schule (weil er es nicht merkt) aber ich muss ihn abholen, wenn er sich den Finger am Papier schneidet (weil er dann die ganze Schule zusammen brüllt und ihn niemand beruhigen kann).

So, durch das Ritalin muss aber einmal im Jahr die Blutwerte kontrolliert werden und demnächst ist es wieder so weit

Für die Diagnostik damals haben wir das Blut bei seiner Kinderärztin abnehmen lassen (vertraute Umgebung/Personen). Ich war komplett unbefangen, hab zwar mit einer Diskussion gerechnet, aber war positiv eingestellt. Vor allem weil er damals großer „Sendung mit der Maus“-Fan war und ein gewisses wissenschaftliches Interesse an der Untersuchung seines Blutes hatte. Trotz sehr einfühlsamen Versuchen und viel Zeit, Geduld und Ruhe kam er nicht aus seiner plötzlichen Panik raus und im Endeffekt haben wir es mit 4 Erwachsenen und viel Körperkraft auf die unschöne Art geschafft.

Ein Jahr später waren wir dann ja schon in regelmäßiger Behandlung in einer Praxis für Kinderpsychiatrie. Also dachte ich, die werden da schon Erfahrungen haben. Trotzdem habe ich extra vorher darauf hingewiesen, habe von allen Problemen erzählt (damals wusste ich noch nichts von Wahrnehmungsstörungen). Er war auch wieder positiv eingestellt, dachte viel an die Belohnung die im Laden nebenan auf ihn wartete, aber leider hat die Panik wieder gesiegt. Erschreckender Weise war der Umgang der Arzthelferinnen damit sehr unerfahren und ignorant („jetzt stell dich nicht so an“, „ist der immer so anstrengend“) Ich war so wütend und enttäuscht.

So diesmal habe ich noch früher angefangen und frage überall nach, ob es nicht noch andere Möglichkeiten als rohe Körperkraft gibt. Aber bis jetzt hatte niemand eine Idee, außer diesen dämlichen Schmerzpflaster blöd nur, dass ich nichtmal ein Pflaster an das Kind bekomme, denn das Pflaster verursacht auch schon unerträgliche Schmerzen. Für eine weitere Runde Ergotherapie für seine Wahrnehmungsstörungen stehen wir auf der Warteliste.

Aber das kann doch nicht sein, es muss doch mehr Kinder mit dem Problem geben, ist doch leider keine so ungewöhnliche Kombination. Aktuell versuche ich noch im SPZ anzufragen, aber da bin ich noch nicht wirklich weiter gekommen.

Deswegen frage ich einfach mal hier, vielleicht habt ihr ja Ideen oder Erfahrungen.
Melly82
4030 Beiträge
25.02.2021 05:44
Wow, das klingt heftig. Kann man ihn eventuell vorher irgendwie sedieren? Auch unschön, ich weiss, aber wenn es hilft, Stress zu minimieren? Oder mal in der Kinderklinik nachfragen, ob ihr eventuell da hin kommen könnt zum Blut abnehmen? Die haben vielleicht mehr Erfahrung mit schwierigen kleinen Patienten.
TiniBini
9975 Beiträge
25.02.2021 09:14
Das klingt sehr heftig.
Kann er denn sagen wovor er so Panik hat? Ist es die Berührung? Angst vor dem Schmerz?
Aus Erfahrung weiß ich mittlerweile dass Belohnungen nur bedingt funktionieren. Mein Großer musste zum MRT mit Kontrastmittel und das war eine große Herausforderung. Letztendlich hat es geholfen, dass mein Mann mit ihm dort war und dass er sich vorher alles anschauen konnte und er es als Training für die Astronautenlaufbahn sehen soll.
Jedwede Belohnung hat hier nichts gebracht.
DieOhneNamen
28905 Beiträge
25.02.2021 09:20
Huhu.

Oje, ich kann sehr mitfühlen.

Wir haben eine ähnliche Diagnose, allerdings nicht ganz so ausgeprägt und ohne Medikation.

Ich kenne aber was du beschreibst.

Bei uns hilft in Extremsituationen leider kein Belohnungssystem, sie klinkt sich komplett raus.

Ich würde in deinem Fall tatsächlich auch fragen ob es nicht eine leichte Sedierung geben kann, in Saftform oder so.
Das ist weniger schlimm wie der ganze Horror drumrum.

Ich wünsche euch viel Kraft und alles Gute
Tzitzi
71 Beiträge
25.02.2021 09:21
Danke.
Ehrlich gesagt habe ich das auch schon angesprochen, aber dann wurde ich immer angesehen als wäre ich die Helikoptermama schlechthin, die ihr armes Söhnchen total verhätschelt. „Eine Blutabnahme ist doch kein Weltuntergang, da muss man halt mal durch“.
Solche Sätze tun inzwischen einfach nur noch weh. Von Außenstehenden kann ich es noch einigermaßen akzeptieren, aber wenn dann medizinisches Fachpersonal sowas raushaut, verstehe ich die Welt nicht mehr.
Ich meine ich schone ihn echt nicht und wir haben schon viel erreicht, inzwischen geht alltägliches wie Haare waschen/kämmen/schneiden, Zähne putzen, Zahnarzt, Nägelschneiden,.... endlich ohne Schreierei und Panik.

Kinderklinik ist auch noch eine gute Idee. Morgen ist er wieder in der Schule, dann telefoniere ich wieder rum. Sowas mache ich immer nur, wenn er nicht da ist, damit er sich nicht anhören muss, was ich erzähle. Er hat eh schon kaum Selbstbewusstsein, da muss man nicht immer noch mit seinen Problemen konfrontiert werden.
Tzitzi
71 Beiträge
25.02.2021 09:23
Hui, jetzt kamen während ich getippt habe noch so viele tolle Antworten.

DieOhneNamen
28905 Beiträge
25.02.2021 09:26
Das ist wirklich traurig solche Sachen von Fachpersonal zu hören.

Da sieht man wieder, Ausbildung ist lange nicht alles.

Ich kann dich wirklich verstehen.

Wir hatten es die Tage seit langem wieder beim Duschen.
Das geht mittlerweile eigentlich mit der Angst vorm Haare waschen, aber da es mir durch die Schwangerschaft so übel war, hat meine Große übernommen und die Kleine hat völlig frei gedreht.
Das war 1 Stunde Geschrei.

Außenstehende verstehen sowas oft nicht.
Tzitzi
71 Beiträge
25.02.2021 09:30
Jetzt etwas sortierter....
1. In meiner ersten Antwort ging es um die Sedierung, das will ich auf alle Fälle weiter probieren.

2. Belohnungssysteme haben wir inzwischen komplett gestrichen. Er setzt sich selber schon so sehr unter Druck, dass es ihn fast zum Platzen bringt. Trotzdem „belohnen“ wir gute Situationen um sie noch positiver im Gedächtnis zu behalten, allerdings eben ohne Vorankündigung und ohne den Druck die Belohnung zu verlieren, wenn es nicht klappt.

3. Seine Erklärung für die Panik sind die „unerträglichen Schmerzen“. Beim Blutdruckmessen hält er es gerade so aus, ist dann aber auch schon nicht ansprechbar und steif wie ein Brett.
Tzitzi
71 Beiträge
25.02.2021 09:34
Zitat von DieOhneNamen:

Das ist wirklich traurig solche Sachen von Fachpersonal zu hören.

Da sieht man wieder, Ausbildung ist lange nicht alles.

Ich kann dich wirklich verstehen.

Wir hatten es die Tage seit langem wieder beim Duschen.
Das geht mittlerweile eigentlich mit der Angst vorm Haare waschen, aber da es mir durch die Schwangerschaft so übel war, hat meine Große übernommen und die Kleine hat völlig frei gedreht.
Das war 1 Stunde Geschrei.

Außenstehende verstehen sowas oft nicht.


Duschen ist auch so ein Thema.... das geht eigentlich gar nicht, weil Wasser am Kopf und dann noch unkontrollierbar von oben bedeuten Ertrinken
Tzitzi
71 Beiträge
25.02.2021 09:37
Es tut gerade unglaublich gut zu lesen, dass man nicht alleine ist mit der Erfahrung und mit der Einstellung, dass es auch anders gehen muss.

Jetzt wartet mein Einsatz als Ersatzlehrerin und -erzieherin auf mich, ich schaue heute Abend wieder hier rein.

Ich wünsche euch einen schönen Tag
DieOhneNamen
28905 Beiträge
25.02.2021 09:44
Ja, manchmal braucht man einfach etwas gedankliche Unterstützung.

Ich wünsche dir einen guten Tag
Zwerginator
7683 Beiträge
25.02.2021 09:49
Du könntest vielleicht auch mal in einer guten Kinder- und Jugendpsychiatrie (Klinik, nicht Praxis) anrufen, da gehören solche Probleme mit Sicherheit zum Alltag und vielleicht haben die aus Erfahrung ein paar neue Ideen für dich wie man diese Situation besser gestalten kann.
Juli2012
616 Beiträge
25.02.2021 09:51
Ich kenne mich leider mit der Krankheit gut aus

Ich würde nach der sogenannten LMAA Tablette frage. Die man vor Operationen bekommt. Dann schläft er nicht sondern es ist ihm nur egal was passiert. Davon stirbt er nicht wenn die bekommt. Rohe Gewalt ist nicht förderlich. Damit machst du es nur schlimmer. Und ich würde bei meinem Kind nicht festhalten und so. Dann kriegt er ja ein Trauma
shelyra
69110 Beiträge
25.02.2021 09:57
Gibt's Stellen an denen er weniger empfindlich ist?

Vielleicht könnte man dort auch Blutabnehmen anstelle von den üblichen Stellen
Rommy-1983
1365 Beiträge
25.02.2021 14:06
Zitat von Tzitzi:

Zitat von DieOhneNamen:

Das ist wirklich traurig solche Sachen von Fachpersonal zu hören.

Da sieht man wieder, Ausbildung ist lange nicht alles.

Ich kann dich wirklich verstehen.

Wir hatten es die Tage seit langem wieder beim Duschen.
Das geht mittlerweile eigentlich mit der Angst vorm Haare waschen, aber da es mir durch die Schwangerschaft so übel war, hat meine Große übernommen und die Kleine hat völlig frei gedreht.
Das war 1 Stunde Geschrei.

Außenstehende verstehen sowas oft nicht.


Duschen ist auch so ein Thema.... das geht eigentlich gar nicht, weil Wasser am Kopf und dann noch unkontrollierbar von oben bedeuten Ertrinken


Wurde bei deinem Sohn mal eine Autismusdiagnostik durchgeführt?Das klingt mir stark nach Asperger Syndrom,dass wird häufig,gerade bei Jungen,mit ADHS verwechselt.Vor allem wenn das Personal sich nicht auskennt.
Was die Blutabnahme angeht,ich selbst bin Autistin (weiß es aber erst seit ein paar Monaten) mit einer Chronischen Krankheit,und hatte die selbe Panik.Leider hatte ich nicht so eine tolle Mutter wie du es bist,meine hat zugelassen das ich festgehalten wurde und mir somit noch Traumas zugefügt wurden.
Ich würde mit dem Kinderarzt sprechen,es gibt Saft zur Beruhigung,den du ihm schon Zuhause geben könntest.
Du musst dich da durchsetzen und nicht nachgeben!
Ich hab hier 3 Autistische Kinder und kenne dieses Sätze und Blicke.Aber die sind egal,nur die Seele deines Kindes zählt!
Durch das festhalten ist natürlich schon unheimlich Panik bei ihm entstanden und es wird von mal zu mal schlimmer.
Wenn man einen Erwachsen festhält und ihm einfach Blut nimmt,ist es Körperverletzung.Sowas akzeptiere ich nur wenn das Leben in Gefahr ist.
Besteh darauf das eine Lösung gefunden und das alles andere für dich keine Option ist.Zb Lachgas wäre eine Option.Eine kurze Sedierung.Die können alles.Wollen aber einfach das es schnell geht.
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