Mütter- und Schwangerenforum

Abbruch aus medizinischer Indikation und die Zeit danach

rasmus181015
11 Beiträge
04.11.2015 12:26
Hallo Zusammen,

leider mussten wir am 18.10.2015 unseren geliebten und sehr gewünschten Sohn in der 19. ssw zu den Sternen ziehen lassen. Ich bin total verzweifelt. Unser Sohn wurde am 23.10.2015 bestattet. Es ist alles noch sehr frisch. Mein Mann geht seit 1,5 Wochen wieder arbeiten. Bis gestern war meine Schwiegermutter noch bei uns. Seit 3 tagen versuche ich mich auch wieder an der Arbeit.

Unser Sohn ist (bzw. war) unser erstes gemeinsames Kind. Ich bin 30, mein Mann ist 33 und ich habe einen zwölfjährigen Sohn mit in die Beziehung gebracht. Wir haben uns von ganzem Herzen eine gemeinsame Familie gewünscht, mit mindestens einem, eher aber zwei gemeinsamen Kindern. Wir sind finanziell und beruflich absolut abgesichert, sodass wir alle Möglichkeiten für weitere Kinder hätten.

Nun habe ich das dringende Bedürfnis, mit meinem Mann über unsere Zukunft zu sprechen. Letzte Woche sagte er zu mir "Es wird niemals jemand Papa zu mir sagen." und "Wir verkaufen das Haus, was wollen wir denn damit ohne mehrere Kinder". Ich muss dazu sagen, dass er dieses Haus vor 2,5 Jahren unbedingt kaufen wollte, da es sein Elternhaus ist. Zu diesem Zeitpunkt war von gemeinsamen Kinder noch keine Rede.

Ich habe drei Tage mit mir gekämpft, ob ich mit ihm reden soll und es dann schließlich gestern Abend getan. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht bereit bin, all unsere Zukunftspläne nun so radikal über den Haufen zu werfen. Dass ich mir nach wie vor ein Kind mit ihm wünsche. Ich habe viel gelesen, dass es anderen Frauen in einer solchen Situation ähnlich geht und sie auch schnell wieder schwanger geworden sind. Das ersetzt niemals unseren kleinen Schatz, das weiß ich. Aber der Kinderwunsch, den wir hatten, der ist ja nach wie vor nicht richtig erfüllt und besteht bei mir daher noch immer. Ich wollte ihm ja nicht entlocken, dass wir nach zwei Monaten wieder loslegen. Ich wollte nur wissen, ob unsere Pläne denn im Allgemeinen noch immer in die gleiche Richtung gehen. Ich weiß, es ist sehr früh und wir haben den Verlust auch beide bei Weitem noch nicht verkraftet, nicht einmal annähernd. Aber mir würde es unglaublich helfen, zu wissen, dass wir noch immer in die gleiche Richtung laufen und nicht all unsere Pläne sich plötzlich in Luft aufgelöst haben. Er sagte mir aber nur, dass er nicht über die Zukunft nachdenken will, weil sie ihn auch nicht interessiert. Er möchte lieber darüber reden, was wir uns alles vorgestellt haben und was wir jetzt alles nicht erleben können/dürfen. Das möchte ich auch. Aber ich möchte es tun, mit dem Wissen, dass wir das alles noch immer haben können! Aber auf dem Ohr ist er völlig taub, sodass ich am Ende sogar dachte, dass ich bescheuert bin, dass ich soweit überhaupt denken kann.

Vorgestern kam noch einmal die Sprache auf das Zukunftsthema. Mein Mann meinte, dass er nun seine Freiheit genießen möchte. Er will sein Büro mit neuen Möbeln einrichten. Dieses Zimmer sollte eigentlich unser gemeinsames Büro werden, da mein aktuelles Büro das neue Kinderzimmer werden sollte. Das macht mir Angst. Er kauft nun neue Möbel und richtet sich das Zimmer ein. Das bedeutet doch im Umkehrschluss, dass er nicht in Erwägung zieht, dass es in Zukunft doch unser gemeinsames Büro werden soll, damit mein Büro in ein Kinderzimmer verwandelt werden kann? Als ich ihm erneut sagte, dass ich gerne zeitnah ein kleines Geschwisterchen für Rasmus in Angriff würde, meinte er nur, dass das Eine das Andere ja nicht ausschließen würde und dass er sicherlich dieses Jahr kein Geschwisterchen mehr angehen möchte. Was im nächsten Jahr ist, kann er jetzt ncoh nicht sagen. Und ich solle ihn nicht beeinflussen. Auf der einen Seite gibt es mir wieder Hoffnung, weil er ja sagt, dass seine "Freiheit" ein Geschwisterchen nicht zwangsläufig ausschließt. Auf der anderen Seite macht es mir auch Angst, weil ich meinen Mann ja kenne. Er äußert sich anfangs schwammig, damit ich ihn nicht festnageln kann und erstmal Ruhe gebe. Und wenn ich das Thema dann nach einiger (oftmals relativ langer) Zeit wieder anspreche, sagt er, dass sich an seiner Meinung nichts geändert hat, aber dass es ja in ein paar Monaten schon anders aussehen kann. Und so dreht es sich ewig im Kreis.

Kennt das jemand? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie sind eure Männer damit umgegangen und wie lange hat es gedauert, bis ihr wieder an die Zukunft denken und auch darüber reden konntet? Wie waren eure Männer dem Kinderthema gegenüber eingestellt und hat vielleicht jemand sogar einen Mann, der es sich anfangs überhaupt nicht vorstellen konnte und dann doch recht schnell seine Meinung geändert hat? Oder wie seid ihr an das Thema ran gegangen? Ist jemand wieder schnell schwanger geworden und wie war es für euch und für euren Mann? Wir haben kein erhöhtes Wiederholungsrisiko, daher haben wir auch keine Angst, dass uns "sowas" nochmal passieren könnte. Ich möchte ihn natürlich nicht überreden oder in die Ecke drängen. Ich weiß, dass das nichts bringt. Aber bin trotzdem dankbar für jeden Tipp, wie ihr und (insbesondere) eure Männer damit umgegangen seid.

Habt vielen Dank, dass ihr meinen Roman gelesen habt und noch viel mehr Dank für eure Antworten!!!
04.11.2015 12:45
Das tut mir sehr leid für euch .
Ich glaube Dein Mann hat es noch gar nicht richtig verarbeitet, den Verlust eures Sohnes. Gebt euch beiden noch etwas Zeit. Euer Verlust ist ja noch ganz frisch. Ich wünsche euch ganz viel Kraft.
rasmus181015
11 Beiträge
04.11.2015 13:07
Vielen Dank für deine schnelle Antwort.

Ja, verarbeitet haben wir es beide noch lange nicht. Das stimmt.

Mein Kopf sagt mir auch, dass ich ihm Zeit lassen muss. Aber mein Gefühl sagt da leider etwas ganz anderes. Und das macht es auch so verdammt schwer.

Ich hoffe sehr, dass wir bald eine gemeinsame Lösung finden werden.

LG
Apfelbatterie
1763 Beiträge
04.11.2015 13:23
Erst einmal: Mein herzliches Beileid. Man kann und will sich nicht vorstellen, was es heißt, sein eigenes Kind - egal wie alt - gehen lassen zu müssen und zu Grabe zu tragen. Vor Eltern, die mit dieser Last leben müssen, habe ich den größten Respekt.

Zu dem "Problem" mit deinem Mann: Bitte gib auch ihm Zeit. Die Zeit, die er braucht. Es ist ja wirklich noch sehr frisch, dieses traumatische Ereignis.
Männer zeigen oft nur ungern Schwäche. Natürlich - gesellschaftlich sollen sie das starke Geschlecht sein.
Gerade das führt aber oft dazu, dass gerade solche traumatischen Dinge gern "unter den Teppich gekehrt" werden und bei manchen Monate - oder Jahre - später erst wieder zuschlagen können und die Seele aus dem Gleichgewicht bringen.
Unsere Tochter hatte damals bei der Geburt die Nabelschnur 2 Mal um den Hals, war dunkelblau und atmete nicht. In der ersten Schocksekunde dachten wir, dass sie tot sei. Sie begann dann aber glücklicherweise mit atmen und zum Glück hat sie keine bleibenden Schäden davon getragen.
Ich hatte sehr mit diesen ersten Bildern zu kämpfen und hatte immer bewundert, wie taff mein Partner damit umging - bis er gut 1 Jahr später in Tränen ausbrach. Das musste dann doch irgendwann alles mal raus.

Bitte gib deinem Mann auch Zeit. Vielleicht würde es auch helfen, wenn ihr euch eine Trauerbegleitung sucht - reden ist das wichtigste in eurer Situation. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch in deinem Mann sehr stürmend aussieht zur Zeit - das muss sich erst legen.

Es kann sonst auch gut passieren, dass eine erneute Schwangerschaft nicht so angenommen werden kann - auch er braucht Zeit dafür.

Ich wünsche euch von Herzen das Beste!
Ardilla
1939 Beiträge
04.11.2015 20:57
Ich habe meinen Sohn in der 18. Woche zur Welt gebracht, dass heißt ich kann verstehen, wie es dir geht.
Mein Arzt meinte, dass ich ein halbes Jahr warten soll, daraus wurde dann leider ein Jahr, da noch ein Myom dazwischen kam .
Es ist schwer zu verarbeiten, ich denke heute noch viel daran, wie es wäre, wenn er leben würde.
Mein Mann hat damals gar nicht mit mit darüber gesprochen, aber nach einiger Zeit wird das Leben wieder normaler. Was ich sagen will: lasst euch Zeit und lass es ihn verarbeiten wie er das braucht.
Ich habe heute eine gesunde kleine Tochter und habe mit das damals auch nicht vorstellen können. Ich denke oft, das es sie nicht gäbe, wenn damals alles andere gekommen wäre - und da ich so liebe macht es es einfacher damit klar zu kommen, dass es damals so gekommen ist.
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