Mütter- und Schwangerenforum

Bedürfnisorientierte Erziehung auch in der Schule möglich?

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Puderzcker
364 Beiträge
02.07.2019 13:44
Zitat von Marf:

Das es einen Erziehungsauftrag gibt,ist ist mir bekannt.Doch muss ich als Lehrer nicht dauernd die Versäumnisse ders Elternhauses auffangen oder mir gar Gedanken machen .
Das eine ist Schule,das andere Privat.
Wenn in der Schule bzw. innerhalb der Klasse klare Regeln aufgestellt wurden - passiert heute ja sehr gut im Klassenverband , kann sich Kind danach richten.Ebenso der Lehrer.Bei meinen wird das in einem Klassenkreis wöchentlich besprochen und immer aufs neue austariert.Sie suchen zusammen nach Lösungen und jeder hat dort eine Stimme die gehört wird.
Und Konsequenzen sind nicht schädlich.Es sind natürliche Folgen aufgrund einer Handlung.Wir haben ja nicht nur negative Situationen,positive ziehen auch eine Konsequenz nach sich.


Das ist traurig. Als Lehrer kümmert man sich doch auch teilweise um die privaten Probleme der Kinder. Das wirkt sich ja auf die Leistungen des Kindes und auch auf das Verhalten. Man muss erst das Kind verstehen damit man gemeinsame Lösungen findet und etwas verbessert.
YellowBird
3846 Beiträge
02.07.2019 14:04
Ich bin ja auch Lehrerin (an einem Gymnasium) und kehre jetzt im Sommer aus der Elternzeit zurück. Ich habe auch sehr viele Gedanken, die meine neue Haltung betreffen und weiß nicht, ob und wie ich meine Haltung mit dem staatlichen Schulsystem oder konkret meiner Schule vereinen können werde. Ich glaube, mein Zwiespalt ist grundlegender.

- Die Kinder werden den ganzen Tag beurteilt.
- Die Kinder werden im Minutentakt fremdbestimmt.
- Unterrichtsthemen werden zum überwiegenden Teil im Gleichschritt innerhalb der Klasse bearbeitet.

Alles davon kollidiert mit der Hirnforschung. Intrinsische Motivation zum Lernen ist nicht möglich, weil das konkrete Thema sehr eng vorgegeben wird und gleichzeitig regelmäßig die Leistung beurteilt wird. Individuelle Entwicklungen können im staatlichen Schulsystem mit Klassenräumen aus vier Wänden und einer einzigen Lehrkraft, vorgegebenen Stundenplänen und kaum anfassbarem Material - von schnöden Ausdrucken abgesehen - gar nicht berücksichtigt werden.

Außerdem ist jede Überlegung bezüglich Individualität an staatlichen Schulen lächerlich. Individualität wird insofern in Grundzügen unterstützt, dass niemand aufgrund seiner Herkunft, Religion, aber auch Charakterzüge beleidigt, beschimpft oder offensichtlich benachteiligt werden darf. Aber Raum wird gerade den Charakterzügen in der Schule auch nicht gegeben.

Das schüchterne Kind MUSS ich indirekt für seine Zurückhaltung bestrafen, wenn es sie nicht übergeht, um im Unterricht offen mitzuarbeiten. Das verspielte, bewegungsliebende Kind muss ich zum Stillsitzen zwingen, weil der Platz, um andere nicht zu stören, fehlt, und weil auch die Zeit fehlt, um ihm die vorgegebenen Pflichtinhalte im vorgegebenen Zeitraum und spätestens durch die Arbeit vorgegeben Umfang noch irgendwie nahebringen zu können.

Dabei denke ich, dass unsere Kinder in Zukunft genau zwei Dinge brauchen werden (wir auch, aber das könnte schwer nachzuholen sein)

- die Fähigkeit zum autodidaktischen Lernen
- die Fähigkeit, aus dem riesigen Angebot an Möglichkeiten das auszuwählen, das gerade weiterführt

In der Schule behindern wir Kinder genau daran. Das staatliche Lernen ist ein Vorgeben und Vorkauen, dabei verändert sich aber so viel so schnell, dass es immer mehr Bereiche gibt, in denen Menschen sich selbst neu in Themen einarbeiten müssen, weil noch niemand sie kennt. Menschen müssen neue Regeln für ein Miteinander und die eigene Weiterentwicklung finden, weil auch ganz grundlegende Dinge plötzlich ganz anders funktionieren als jemals zuvor. Heute erklären nicht mehr die Alten den Jungen die Welt, sondern umgekehrt. In die Richtung funktioniert das staatliche Schulsystem aber überhaupt nicht. Das bereitet auf eine Welt vor, die es vielleicht bis 1970 mal gegeben haben könnte. Aber sicher nicht auf die Zukunft.
02.07.2019 14:26
Mir stellen sich auch jeden Tag diese Fragen auf's Neue. Manchmal habe ich auch das Gefühl, ich müsse mich zerreißen, um gerade allen Bedürfnissen gerecht zu werden, weil es nunmal bei ca. 20 Kindern und den Curricula unmöglich ist, alle Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Für mich ist es wichtig, dass wir die Regeln gemeinsam im Klassenrat aufstellen (und auch wieder abschaffen), damit wir nur wirklich wichtige Regeln haben, keine stumpfsinnigen Vorschriften, die keiner durchschaut. Was Konsequenzen angeht, bin ich nur ausführendes Organ, die Gesetzgebung geschieht basisdemokratisch. Damit ist auch das Regelkorsett halbwegs den Bedürfnissen angepasst. Und was für die Kinder gilt, gilt für mich auch. Aktuell habe ich 6 Striche, weil mein Handy im Unterricht gebimmelt hat und einen dafür, dass ich nach einer stressigen Aufsicht vergessen habe meine Hausschuhe anzuziehen.
Wenn gerade kleinere Kinder mal im Unterricht eine Auszeit brauchen, lasse ich sie mittlerweile oft, weil ich merke, dass die Produktivität hinterher dafür umso höher ist. Bedürfnisse dürfen auch immer geäußert werden und wir schauen dann, was wir tun können. Mit Wutbällen, tröstenden Klassenmaskottchen & co. kann man auch schon das Gröbste abfangen. Für alles andere haben wir gottlob eine fähige Schulsozialarbeit.
Verstärkung passiert natürlich. Dem kommt man nicht aus. Wobei man das Lob auch ruhig mal den Kinder überlassen kann. Da kommen teils ganz knuffige und überraschende Momente zustande. Ich finde sogar, dass weitgehend selbst regulierte Klassen besser funktionieren als ganz streng geführte, sofern gegenseitiger Respekt, Freundlichkeit und Rücksicht die Maxime sind.
Man schafft sich halt so seine Inseln der kindlichen Selbstbestimmung im großen Apparat. Mal gelingt es mehr, mal weniger. Ich hoffe halt immer bloß am Ende des Tages, dass ich auch alle Kinder mit ihren Wünschen, Sorgen und Nöten halbwegs gesehen habe und ihnen das Gefühl vermittelt habe, sie wurden als Mensch angenommen. Warmherzigkeit ist mE der wichtigste Aspekt.
YellowBird
3846 Beiträge
02.07.2019 14:35
Eine wirklich zugewandte und individuelle Behandlung erfordert, dass ich das Kind kennenlernen kann. Wenn ich in einer fünften Klasse Klassenlehrerin bin, habe ich etwa 4 - 6 Stunden die Woche bei ihnen Unterricht. Nehmen wir mal 6 Stunden: das sind 6*45 Minuten, also 270 Minuten. Die muss ich, weil die Grenze bei ungefähr 30 Schülern pro Klasse liegt und man sich, wenn man es ernst meint, ja auch immer nur auf ein einzelnes Kind konzentrieren kann, mitunter auf 30 Schüler aufteilen. Es bleiben dann pro Woche also 9 Minuten pro Schüler. Das wäre der Fall, wenn im Unterricht ausnahmslos die Schüler zu Wort kämen und ich allen gleichermaßen intensiv zuhören könnte und mir dann auch wirklich Bewegendes über sich erzählen würden. Selbst WENN ich das könnte, was ja totaler Mumpitz ist, dann wären doch 9 Minuten pro Woche absolut lächerlich zum Kennenlernen. Selbst 20 Minuten wären lächerlich. Ich KANN also gar nicht den Anspruch haben, ein Kind ernsthaft zu verstehen und individuell zu begleiten. Ich MUSS die Gruppe versorgen. Irgendwie. Dass ich dann auf die heftigsten persönlichen Probleme eingehe, hat damit zu tun, dass der Unterricht ja irgendwie laufen muss, ist aber massiv unfair, weil die, die still leiden, überhaupt nichts abbekommen. Die, denen es gut geht, bekommen auch kaum positive Zuwendung. Wenn irgendetwas über den Unterricht hinausgeht, dann betrifft es also die Kinder, die stören.

Ansonsten verteile ich über die pädagogische Gießkanne Durchschnittszuwendung.
Marf
28124 Beiträge
02.07.2019 15:10
Zitat von Puderzcker:

Zitat von Marf:

Das es einen Erziehungsauftrag gibt,ist ist mir bekannt.Doch muss ich als Lehrer nicht dauernd die Versäumnisse ders Elternhauses auffangen oder mir gar Gedanken machen .
Das eine ist Schule,das andere Privat.
Wenn in der Schule bzw. innerhalb der Klasse klare Regeln aufgestellt wurden - passiert heute ja sehr gut im Klassenverband , kann sich Kind danach richten.Ebenso der Lehrer.Bei meinen wird das in einem Klassenkreis wöchentlich besprochen und immer aufs neue austariert.Sie suchen zusammen nach Lösungen und jeder hat dort eine Stimme die gehört wird.
Und Konsequenzen sind nicht schädlich.Es sind natürliche Folgen aufgrund einer Handlung.Wir haben ja nicht nur negative Situationen,positive ziehen auch eine Konsequenz nach sich.


Das ist traurig. Als Lehrer kümmert man sich doch auch teilweise um die privaten Probleme der Kinder. Das wirkt sich ja auf die Leistungen des Kindes und auch auf das Verhalten. Man muss erst das Kind verstehen damit man gemeinsame Lösungen findet und etwas verbessert.

Was ist daran traurig?
Die Kinder und Lehrer arbeiten zusammen,jeder hat eine Stimme und entscheiden vieles gemeinsam was für die Klasse relevant ist.Da wird auch das gegenseitige Verhalten diskutiert und alles was so ansteht oder passiert ist.
Wenn das nichts bringt kommt ein Soziallehrer ins Spiel.Der ist für spezielle Probleme besser geschult als der Lehrer.Dann wird,in Zusammenarbeit mit den Eltern,an Lösungen gearbeitet.Das aber geschieht natürlich außerhalb des Klassenverbandes.Es hat ja auch nichts mit dem tagtäglichen Miteinander der Klasse oder Unterrichts zu tun.
02.07.2019 17:20
Zitat von YellowBird:

Eine wirklich zugewandte und individuelle Behandlung erfordert, dass ich das Kind kennenlernen kann. Wenn ich in einer fünften Klasse Klassenlehrerin bin, habe ich etwa 4 - 6 Stunden die Woche bei ihnen Unterricht. Nehmen wir mal 6 Stunden: das sind 6*45 Minuten, also 270 Minuten. Die muss ich, weil die Grenze bei ungefähr 30 Schülern pro Klasse liegt und man sich, wenn man es ernst meint, ja auch immer nur auf ein einzelnes Kind konzentrieren kann, mitunter auf 30 Schüler aufteilen. Es bleiben dann pro Woche also 9 Minuten pro Schüler. Das wäre der Fall, wenn im Unterricht ausnahmslos die Schüler zu Wort kämen und ich allen gleichermaßen intensiv zuhören könnte und mir dann auch wirklich Bewegendes über sich erzählen würden. Selbst WENN ich das könnte, was ja totaler Mumpitz ist, dann wären doch 9 Minuten pro Woche absolut lächerlich zum Kennenlernen. Selbst 20 Minuten wären lächerlich. Ich KANN also gar nicht den Anspruch haben, ein Kind ernsthaft zu verstehen und individuell zu begleiten. Ich MUSS die Gruppe versorgen. Irgendwie. Dass ich dann auf die heftigsten persönlichen Probleme eingehe, hat damit zu tun, dass der Unterricht ja irgendwie laufen muss, ist aber massiv unfair, weil die, die still leiden, überhaupt nichts abbekommen. Die, denen es gut geht, bekommen auch kaum positive Zuwendung. Wenn irgendetwas über den Unterricht hinausgeht, dann betrifft es also die Kinder, die stören.

Ansonsten verteile ich über die pädagogische Gießkanne Durchschnittszuwendung.

Stimmt, da sind wir Primarleute einfach im Vorteil. Ich hatte dieses SJ nur 6 Stunden die Woche nicht meine eigene Klasse. Im Fachunterricht kann ich das natürlich auch nicht wuppen.
Kiddo89
1938 Beiträge
02.07.2019 21:45
Danke für eure Antworten.
Pallas, ich finde deine Wünsche für die Schule sehr gut und hoffe, dass die Schule/der Lehrer deines Sohnes zumindest einen Teil davon umsetzt.
Mamota, das hört sich echt toll bei dir an und du scheinst einen sehr guten Weg gefunden zu haben, die Bedürfnisse deiner Schüler ernst zu nehmen/darauf einzugehen und trotzdem noch genügend Unterrichtszeit zu haben.
Yellow, ich kann deine Gedanken so gut verstehen. Am Gymnasium muss das wahnsinnig schwierig sein und ich kann dir ehrlich sagen, dass ich meine eigene Schulzeit am Gymnasium furchtbar fand. Ich hätte so sehr einen Lehrer gebraucht, der mich "sieht", aber dafür fehlte einfach die Zeit.
Zu deinen Punkten wie Schule eigentlich sein sollte, kann ich dir folgendes sagen: Als sich unsere Schule zur Gemeinschaftsschule weiterentwickelte, versuchten wir so viel von dem was du schreibst umzusetzen. Ich war voller Motivation mit dabei. Wir führten Niveaustufen ein, individuelle Lernzeiten, probierten verschieden Bewertungssysteme aus (es gibt keine Noten mehr), öffneten die Klassenzimmer...und scheiterten. Wir sind zwar noch eine Gemeinschaftsschule, aber alle Kollegen (anfangs waren alle für die GMS) hassen es. Die Gesellschaft ist einfach nicht bereit dafür, die Eltern nicht, die Firmen nicht und die Schüler (dank der Eltern) auch nicht. Wir können uns gerne mal länger darüber unterhalten, wenn ich noch weiter aushole, sprengt das den Rahmen.
Marf, ich sehe uns da sehr wohl in der Verantwortung. Wenn die Eltern komplett versagen, wer hat dann ein Auge auf das Kind, wenn nicht die Schule? Obwohl ich noch kein alter Hase bin und nur wenige Jahre bisher an der Schule war, war ich in mehreren Klassenkonferenzen in denen ein Schulausschluss beschlossen wurde. Das sind genau die Situationen, die mir so zu schaffen machen. Es ging immer um eigentlich ganz arme Kinder, deren Eltern das eigentliche Problem waren. Möglicherweise hätte man die Schüler früher auffangen können, hätte man genauer hingesehen. Nun werden sie von Schule zu Schule geschoben und haben in der Gesellschaft eigentlich schon verloren.
Ich weiß, dass ich mir als Lehrer nicht jedes Päckchen aufladen darf, aber jedem Kind das Gefühl zu geben, dass man es ernst nimmt, das man die Bedürfnisse sieht und sein möglichstes tut, diesen gerecht zu werden, halte ich für einen sehr guten Anfang. Mamota hat das wirklich gut beschrieben, wie das im Alltag aussehen kann. Ich möchte mir für den Schulanfang noch ein paar Dinge überlegen, um zum einen alte Marotten abzulegen und zum anderen natürlich trotzdem noch die Klasse im Griff zu haben.
Teechen
2682 Beiträge
02.07.2019 22:16
Zitat von Kiddo89:

Ein Beispiel aus unserer Schule, wie wir mit schwerwiegenden Konflikten umgehen (ab Klasse 5): kann sich ein Schüler nicht an die Regeln halten, wird er gefragt, ob er eine Auszeit möchte und kann dann freiwillig in den "Trainingsraum " gehen. Hält er sich erneut nicht an die Regel, schickt der Lehrer ihn dorthin. Dort wartet eine andere Lehrperson auf ihn und fängt ihn auf, klärt den Konflikt etc. So, vom Prinzip her war das Konzept echt toll. Nur zeigten sich in der Praxis zwei Probleme, 1. der Raum kann wegen Vertretung etc nicht immer besetzt werden 2. Schüler gingen gern dorthin. Also wurde beschlossen, dass es nach dem 4./5./6. bestimmte Konsequenzen gibt (Ekternbrief, Unterrichtsausschluss...) . Inzwischen ist es also so, dass es für die Schüler furchtbar ist in den Trainigsraum zu gehen. Manchmal geht es aber nicht anders und solche Situationen enden nicht selten in großen Gefühlsausbrüchen. Ich finde das sehr schade , weil der Ansatz eigentlich gut war. Es aber leider nicht so wie gewünscht funktioniert hat.

An welcher Schule arbeitest du? Wir arbeiten auch mit der tr Methode. Ich arbeite an einer e-schule. So eine Methode braucht Zeit um sich zu etablieren und geschultes Personal. Ich muss dazu sagen das ich irgendwann keinen Plan mehr hatte wenn der Schüler schon die zweite Spalte anfängt. Wir hatten aber auch schon Situationen gehabt indem es gewirkt hatte wenn eine aussenstehende Person da war und vermitteln konnte. Wir versuchen Konflikte sofort zu lösen da es so nichts bringt den Unterricht fortzuführen. Die Kinder haben garkeinen Kopf dafür.
Wir geben auch Auszeiten für die Kinder wenn wir merken es geht nicht mehr. Dafür bin ich da. Ich bin päd. Fachkraft und befasse mich ausgiebig nur mit den Schülern.
Kiddo89
1938 Beiträge
02.07.2019 22:23
Zitat von Teechen:

Zitat von Kiddo89:

Ein Beispiel aus unserer Schule, wie wir mit schwerwiegenden Konflikten umgehen (ab Klasse 5): kann sich ein Schüler nicht an die Regeln halten, wird er gefragt, ob er eine Auszeit möchte und kann dann freiwillig in den "Trainingsraum " gehen. Hält er sich erneut nicht an die Regel, schickt der Lehrer ihn dorthin. Dort wartet eine andere Lehrperson auf ihn und fängt ihn auf, klärt den Konflikt etc. So, vom Prinzip her war das Konzept echt toll. Nur zeigten sich in der Praxis zwei Probleme, 1. der Raum kann wegen Vertretung etc nicht immer besetzt werden 2. Schüler gingen gern dorthin. Also wurde beschlossen, dass es nach dem 4./5./6. bestimmte Konsequenzen gibt (Ekternbrief, Unterrichtsausschluss...) . Inzwischen ist es also so, dass es für die Schüler furchtbar ist in den Trainigsraum zu gehen. Manchmal geht es aber nicht anders und solche Situationen enden nicht selten in großen Gefühlsausbrüchen. Ich finde das sehr schade , weil der Ansatz eigentlich gut war. Es aber leider nicht so wie gewünscht funktioniert hat.

An welcher Schule arbeitest du? Wir arbeiten auch mit der tr Methode. Ich arbeite an einer e-schule. So eine Methode braucht Zeit um sich zu etablieren und geschultes Personal. Ich muss dazu sagen das ich irgendwann keinen Plan mehr hatte wenn der Schüler schon die zweite Spalte anfängt. Wir hatten aber auch schon Situationen gehabt indem es gewirkt hatte wenn eine aussenstehende Person da war und vermitteln konnte. Wir versuchen Konflikte sofort zu lösen da es so nichts bringt den Unterricht fortzuführen. Die Kinder haben garkeinen Kopf dafür.
Wir geben auch Auszeiten für die Kinder wenn wir merken es geht nicht mehr. Dafür bin ich da. Ich bin päd. Fachkraft und befasse mich ausgiebig nur mit den Schülern.

An einer Gemeinschaftsschule in Bawü. Wir haben den Trainingsraum seit gut zehn Jahren an der Schule. Klar ist die Methode ansich toll- wenn die Schule die entsprechenden Ressourcen hat. Mir gefallen nur die damit verbundenen Androhungen bis hin zum Schulausschluss nicht.
Teechen
2682 Beiträge
02.07.2019 22:30
Zitat von Kiddo89:

Zitat von Teechen:

Zitat von Kiddo89:

Ein Beispiel aus unserer Schule, wie wir mit schwerwiegenden Konflikten umgehen (ab Klasse 5): kann sich ein Schüler nicht an die Regeln halten, wird er gefragt, ob er eine Auszeit möchte und kann dann freiwillig in den "Trainingsraum " gehen. Hält er sich erneut nicht an die Regel, schickt der Lehrer ihn dorthin. Dort wartet eine andere Lehrperson auf ihn und fängt ihn auf, klärt den Konflikt etc. So, vom Prinzip her war das Konzept echt toll. Nur zeigten sich in der Praxis zwei Probleme, 1. der Raum kann wegen Vertretung etc nicht immer besetzt werden 2. Schüler gingen gern dorthin. Also wurde beschlossen, dass es nach dem 4./5./6. bestimmte Konsequenzen gibt (Ekternbrief, Unterrichtsausschluss...) . Inzwischen ist es also so, dass es für die Schüler furchtbar ist in den Trainigsraum zu gehen. Manchmal geht es aber nicht anders und solche Situationen enden nicht selten in großen Gefühlsausbrüchen. Ich finde das sehr schade , weil der Ansatz eigentlich gut war. Es aber leider nicht so wie gewünscht funktioniert hat.

An welcher Schule arbeitest du? Wir arbeiten auch mit der tr Methode. Ich arbeite an einer e-schule. So eine Methode braucht Zeit um sich zu etablieren und geschultes Personal. Ich muss dazu sagen das ich irgendwann keinen Plan mehr hatte wenn der Schüler schon die zweite Spalte anfängt. Wir hatten aber auch schon Situationen gehabt indem es gewirkt hatte wenn eine aussenstehende Person da war und vermitteln konnte. Wir versuchen Konflikte sofort zu lösen da es so nichts bringt den Unterricht fortzuführen. Die Kinder haben garkeinen Kopf dafür.
Wir geben auch Auszeiten für die Kinder wenn wir merken es geht nicht mehr. Dafür bin ich da. Ich bin päd. Fachkraft und befasse mich ausgiebig nur mit den Schülern.

An einer Gemeinschaftsschule in Bawü. Wir haben den Trainingsraum seit gut zehn Jahren an der Schule. Klar ist die Methode ansich toll- wenn die Schule die entsprechenden Ressourcen hat. Mir gefallen nur die damit verbundenen Androhungen bis hin zum Schulausschluss nicht.

Die Frage ist was dann? Man hat viele Chancen warum werden sie nicht genutzt? Was sollte deiner Meinung nach passieren? Ich finde Schulausschluss sollte man teils teils betrachten. Ich persönlich mag ihn auch nicht, vor allem in der tr Methode, aber ich finde wenn es um körperliche Gewalt geht ihn sinnvoll.
Jaspina1
2358 Beiträge
02.07.2019 22:34
Zitat von Skorpi:

Zitat von Kiddo89:

Naja, wir haben schon auch einen Erziehungsauftrag. Das ist nicht nur Sache der Eltern. Und dieses "Lehren statt Erziehen-müssen" ist ja der Konflikt. Konkretes Beispiel: nach der großen Pause gibt es im Klassenzimmer Unruhe, weil es mehrere ungelöste Konflikte gibt. Die Gefühle der Kinder sind groß, die Konzentration klein. Soll ich das jetzt um des Unterrichts willen beiseite schieben oder versuchen zu klären? Was heißt klären? Störenfriede ausschließen, ihnen eine Auszeit verhängen? Damit JEDES Kind wieder lernen kann, muss ich die Situation als Lehrerin wieder in Ordnung bringen und da ist eben die Frage, welche Vorgehensweise am effektivsten ist, aber auch nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt.
Sind Konsequenzen wirklich immer das richtige Mittel? Bin mir da gerade nicht so sicher.


Wie gesagt, ich persönlich finde in einer solchen Situation wichtig, die Kinder ernst zu nehmen. Und da darf dann auch mal der Unterricht hinten anstehen. Wichtig ist da erstmal den Konflikt zu klären.

Konsequenzen sind ja erstmal auch nicht unbedingt was schlimmes. Manchmal geht es eben nicht anders. Wenn ein Kind z.B. ständig mit einem Ball, absichtlich andere verletzt, ist die Konsequenz eben irgendwann, dass dieses Kind den Ball in den Pausen nicht mehr bekommt. Da ständig aufs neue zu diskutieren und andere Lösungen zu finden, empfinde ich zu viel des Guten.


Ich finde es hingegen extrem wichtig gerade da Konfliktlösung zu üben! Wann sollen sie es denn sonst lernen. Also herausfinden warum das Kind den Ball immer auf andere wirft (will eigentlich mitspielen) und wie es sein Ziel anders erreichen kann, ist langfristig viel viel besser als einen Ball wegzunehmen...
Kiddo89
1938 Beiträge
02.07.2019 22:38
MMn sollte der Schüler den Trainingsraum in der Konfliktsituation als Schutz- und Rückzugsort wahrnehmen. Indem man diesen mit schwerwiegenden Konsequenzen verbindet, macht man das Konzept kaputt. Klar ist manchmal ein Schulausschuss notwendig, dieser sollte allerdings nicht an die Anzahl der Trainingsraumbesuche gekoppelt sein.
02.07.2019 23:11
Zitat von Jaspina1:

Zitat von Skorpi:

Zitat von Kiddo89:

Naja, wir haben schon auch einen Erziehungsauftrag. Das ist nicht nur Sache der Eltern. Und dieses "Lehren statt Erziehen-müssen" ist ja der Konflikt. Konkretes Beispiel: nach der großen Pause gibt es im Klassenzimmer Unruhe, weil es mehrere ungelöste Konflikte gibt. Die Gefühle der Kinder sind groß, die Konzentration klein. Soll ich das jetzt um des Unterrichts willen beiseite schieben oder versuchen zu klären? Was heißt klären? Störenfriede ausschließen, ihnen eine Auszeit verhängen? Damit JEDES Kind wieder lernen kann, muss ich die Situation als Lehrerin wieder in Ordnung bringen und da ist eben die Frage, welche Vorgehensweise am effektivsten ist, aber auch nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt.
Sind Konsequenzen wirklich immer das richtige Mittel? Bin mir da gerade nicht so sicher.


Wie gesagt, ich persönlich finde in einer solchen Situation wichtig, die Kinder ernst zu nehmen. Und da darf dann auch mal der Unterricht hinten anstehen. Wichtig ist da erstmal den Konflikt zu klären.

Konsequenzen sind ja erstmal auch nicht unbedingt was schlimmes. Manchmal geht es eben nicht anders. Wenn ein Kind z.B. ständig mit einem Ball, absichtlich andere verletzt, ist die Konsequenz eben irgendwann, dass dieses Kind den Ball in den Pausen nicht mehr bekommt. Da ständig aufs neue zu diskutieren und andere Lösungen zu finden, empfinde ich zu viel des Guten.


Ich finde es hingegen extrem wichtig gerade da Konfliktlösung zu üben! Wann sollen sie es denn sonst lernen. Also herausfinden warum das Kind den Ball immer auf andere wirft (will eigentlich mitspielen) und wie es sein Ziel anders erreichen kann, ist langfristig viel viel besser als einen Ball wegzunehmen...


Klar wird erstmal versucht, das Problem zu klären. Bringt das nichts, kommt der Ball eben weg, ist dann einfach auch nicht mehr die Aufgabe der Lehrer, da wäre dann vielleicht noch ein Gespräch mit den Eltern nötig. Aber dann muss man eben auch handeln.

Ehrlich, käme meine Tochter ständig blutend von der Schule, weil da eine Lehrerin der Meinung ist, mit einem solchen Kind muss man reden und erklären, bis er es verstanden hat, statt den Ball wegzunehmen, wäre ich aber ganz schnell in der Schule.
Da muss man einfach auch an die anderen Kinder denken, die sonst nämlich ganz schnell Angst vor der Schule, bzw. den Pausen entwickeln können.

Aduja
28754 Beiträge
02.07.2019 23:30
Zitat von Kiddo89:

MMn sollte der Schüler den Trainingsraum in der Konfliktsituation als Schutz- und Rückzugsort wahrnehmen. Indem man diesen mit schwerwiegenden Konsequenzen verbindet, macht man das Konzept kaputt. Klar ist manchmal ein Schulausschuss notwendig, dieser sollte allerdings nicht an die Anzahl der Trainingsraumbesuche gekoppelt sein.

Das finde ich auch! Beim Trainingsraum-Konzept mir ja oftmals gesagt "mit deinem Verhalten entscheidest du dich in den Trainingsraum zu gehen". Was für mein Empfinden aber oftmals nur ein nett formulierter Rausschmiss ist. Eigentlich sollten die Schüler auch von sich aus gegen können, um an ihren individuellen Problemen mit Hilfe arbeiten zu können. Um dann wirklich den Kopf wieder zum Lernen frei zu haben.
Lealein
10265 Beiträge
02.07.2019 23:58
Was ich toll an meinem Klassenlehrer fand (Konflikte in der Klasse gab es erst an der Realschule), dass er Unterricht dann auch mal hat sein lassen und wir haben einen Stuhlkreis gebildet und über die Problematik gesprochen. Oft hat der Lehrer sich auch während des Unterrichts konfliktgeplagte Schüler im 6 Augen Gespräch in den Flur gesetzt und interagiert und zur Not auch nach Schulschluss. Eine Mitschülerin hatte massive psychische Probleme und er hat sie damals in der Psychiatrie besucht und mit uns Gruppengespräche geführt, wie wir mit dieser Situation umgehen sollen. Und selbst als ich mit meinem Freund, der damals in meiner Klasse ging Probleme hatte, hat er das Gespräch mit mir gesucht und mir den Kopf gerichtet. Ich finde es rückblickend so unfassbar toll. Solche Lehrer wünsche ich mir für meine Kinder.
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