Mütter- und Schwangerenforum

Ein Dank an euch

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Fresh_easy
516 Beiträge
26.10.2015 03:50
Hallo, liebe Mamis,

ihr kennt mich nicht und dennoch habt ihr mir sehr geholfen.

Ich selbst habe keine Kinder, bin Mitte 30 und alleinstehend.
Als ich in schlimmen Phasen meiner Krankheit (MS) immer wieder lange im Krankenhaus lag, hab ich durch Zufall euer Forum beim googlen gefunden.
Dann habe ich mich quasi festgelesen.
Es hat mich abgelenkt, weil das Thema Baby so unsagbar weit weg von meinen Sorgen war und weil ihr richtig hübsch schreibt.

Viele von euch sind mir auf die virtuelle Entfernung hin schon nahezu ans Herz gewachsen
Und so habe ich manchen Thread weiterhin gelesen und mit Spannung verfolgt, wie sich eure Babys entwickeln und wie es euch geht.

Nun wollte ich in einer wieder mal schlaflosen Nacht einfach mal danke sagen, auch wenn ihr mich als stille Leserin bislang nie bemerkt habt.
Es ist zauberhaft, dass ihr auch mich an eurem Leben teilhaben lasst.
Spannung, Freude, Hoffnung, Wünsche... Alles dabei. Das volle Leben eben

Manche Threads sind ja schon dazu geeignet, meine Lebensentscheidung, keine eigenen Kinder zu haben, infrage zu stellen.
Ich mag Kinder und Kinder finden mich ganz toll, aber eigene... Es hat bislang nie gepasst.
Manchmal, wenn ich euch lese, bedaure ich es, kein eigenes Kind zu haben.

Ich wünsch euch und euren kleinen Mäusen jedenfalls alles Gute!
LanieUndJamie
2960 Beiträge
26.10.2015 07:06
Hallo

Das hast du wirklich sehr schön geschrieben.

Deine Geschichte klingt sehr traurig, ich wünsche dir nur das Beste.
Und gerne kannst du auch hier und dort "deinen Senf dazugeben"-
Oder vielleicht ist das auch was für dich, deine Geschichte hier niederzuschreiben? So zum Loswerden?
Ansonsten wünsche ich dir weiterhin viel Spaß beim Mitlesen hier

Mit allerbesten, lieben Grüßen
Lanie
26.10.2015 07:09
hallo!

fand ich jetzt total süß von dir!!! ich hoffe, dir geht es bald besser. würde mich freuen, wenn man hin und wieder auch mal was von dir liest. Senf ist immer willkommen

alles Gute!
26.10.2015 07:39
Danke für die lieben Worte .
Hoffentlich geht es Dir schon etwas besser .

Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß beim " stillen" Mitlesen, und vielleicht zwischendurch ein Kommentar von Dir .

WILLKOMMEN
LoisLane
4828 Beiträge
26.10.2015 09:26
Das ist ja lieb, dass Du Dich mal zu erkennen gibst!

Das mit Deiner Krankheit tut mir sehr leid. Wie weit ist es denn fortgeschritten bei Dir?
Fresh_easy
516 Beiträge
26.10.2015 18:04
Hallo, ihr alle

Danke für euren lieben Worte, das hat mich wirklich berührt.
So lieb!

Ja, meine Krankheit ist relativ schnell relativ weit fortgeschritten.
Innere Organe sind ausgefallen (Blase und Darm), Taubheitsgefühle, Sehstörungen, unendliche Müdigkeit, Wärme konnte ich nicht mehr ertragen, Schmerzen, freies Stehen ging nicht mehr, Gehen ging auch nicht mehr.
Wobei der Rollstuhl und der Rollator tatsächlich das geringste Übel waren.
Das war nur das Sichtbare meiner Krankheit.

Die Ärzte wollten mir reihenweise eine Chemotherapie zukommen lassen.
Das wollte ich aber nicht.

Seit einem halben Jahr steht meine Krankheit still
Ich habe hart an mir gearbeitet, meine Ernährung komplett umgestellt und ich kann wieder Fahrradfahren und gehen

Ich weiß auch die kleinen Dinge noch mehr zu schätzen als ohnehin schon zuvor.
Vielleicht bin ich deshalb so gern bei euch - ich mag so ein Stück heile Welt mit süßen, glücklichen, wonneproppigen Babys
Ihr seid so tapfer - wenn ich eure Rubrik Schwangerschaftsbeschwerden oder Geburtsberichte lese, wird mir manchmal ganz anders...

Ich schick euch eine virtuelle Umarmung - bleibt gesund und habt eine schöne Woche
26.10.2015 18:19
Ach Mensch! du hast ja was durch. Freut mich total, dass es dir jetzt wieder bessergeht. Tapfer bist du dann aber mal mindestens genauso wie die ganzen Schwangeren hier.
Ich gebe die Umarmung unbekannterweise mal zurück und würde mich freuen mal was von dir zu hören!
Fresh_easy
516 Beiträge
26.10.2015 19:07
Vielen Dank, Kati, das ist sehr lieb von dir
Und ja, vielleicht trau ich mich ja, auch mal was im Forum zu schreiben.

Liebe Grüße
LoisLane
4828 Beiträge
26.10.2015 19:42
Zitat von Fresh_easy:

Vielen Dank, Kati, das ist sehr lieb von dir
Und ja, vielleicht trau ich mich ja, auch mal was im Forum zu schreiben.

Liebe Grüße


Bist ja jetzt schon mittendrin

... und ein paar Themen, bei denen es nicht um die lieben kleinen oder dicke Bäuche geht, gibt es ja auch mal.

Wie alt bist du denn?
Gehst du noch arbeiten?
Bist du in einer Partnerschaft?

Wenn es Die zu viele Fragen sind - einfach ignorieren... Ich finde es nur immer spannend, wie unterschiedlich Menschen mit ihren Krankheiten umgehen.
LanieUndJamie
2960 Beiträge
26.10.2015 19:57
Huhuu..
ich denke, du bist n Bereicherung für unser Forum und tapfer noch dazu!
Also trau dich ruhig! Qualitative Beiträge sind immer willkommen
Und grad habe ich dich in einem Thread gelesen und war wirklich begeistert.
Gerne lese ich auch noch mehr von Dir (soviel du eben möchtest)

Viele liebe Grüßeee
Fresh_easy
516 Beiträge
26.10.2015 22:27
Hach, ihr zwei
Danke! Das finde ich grad wirklich sehr, sehr lieb.

Und ja, erhalten bleibe ich euch ganz bestimmt

Ich wünsche euch einen schönen Abend
Fresh_easy
516 Beiträge
26.10.2015 22:33
Oops, da ist eine Nachricht gar nicht gesendet worden.
Also nochmal

Hallo, LoisLane,

ich bin sehr genau Mitte 30
Und alleinstehend - kurz nach Diagnose war er dann weg...
Das hat sehr wehgetan, aber es ist inzwischen in Ordnung für mich.
Ich glaub, ich hätte mich nicht so entwickelt wie ich es jetzt geschafft habe, wenn er noch da wäre.
Leider bin ich erwerbsunfähig, aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben
Rente so früh im Leben - das war nie auf meinem Zettel.

Wenn du noch Fragen hast - sehr gerne

Liebe Grüße,
Fresh
27.10.2015 00:02
Hallo

Ich weiss wie es dir geht. Ich lese hier auch gerne quer. Grade wenn ich nal aus sorgen nicht schlafen kann.

Natürlich kein Vergleich zu deinem Problem!

Würdest du über deine Krankheit reden? Ich habe nur MS gelesen, was ist das? Nur wenn du darüber reden magst naturlich.

Viel Kraft wünsche ich dir!
Fresh_easy
516 Beiträge
27.10.2015 01:40
Hallo, liebe HappyBee
Was für ein zauberhafter Nickname

Ja, also MS steht für Multiple Sklerose.
Das ist eine chronische Entzündung des zentralen Nervensystems, sprich Gehirn und Rückenmark.
Das Immunsystem greift die Myelinschicht der Nerven an, also die Isolierschicht - ich vergleiche es gern mit einem Stromkabel.
Die Schutzschicht wird weggefressen, bis die Drähte (die Nerven) blank liegen. Dadurch kommt es zum Kurzschluss (die Nerven senden falsche Signale).

Die Ursache der Krankheit ist nicht bekannt - also weder bei mir noch generell.
Sie betrifft Männer und Frauen, wobei der Anteil der weiblichen Betroffenen höher ist und die Erkrankung in der Regel zwischen Mitte 20 und Mitte 30 diagnostiziert wird.
Es gibt aber auch statistische "Ausreißer", was das Alter angeht - so gibt es auch Kinder und Senioren mit MS (gemeint ist jetzt das Diagnosealter).
Tendenziell sind in nördlichen Gefilden MS-Fälle häufiger als im südlicheren Bereich der Erde - MS scheint also mit der Bildung von Vitamin D durch Sonneneinstrahlung zusammenzuhängen.
Nicht nur, aber das ist ein Erklärungsansatz.

Es ist strittig, ob die Neigung zur MS vererbt werden kann - die Krankheit selbst ist jedoch weder ansteckend noch kann sie direkt vererbt werden.
Lediglich die Wahrscheinlichkeit soll höher sein, dass das eigene Kind später auch MS entwickeln könnte.
Das ließ mich als Frau im durchaus (noch) gebärfähigem Alter dann doch mal kurz nach Luft schnappen.
In meiner Familie bin ich jedenfalls die einzige mit "so einer" Krankheit.

Man unterscheidet ganz grob zwischen dem schubförmigen und dem schleichenden Verlaufstyp.
Die meisten Betroffenen (so auch ich) haben die schubförmige Variante, wobei sich der Großteil nach einigen Jahren/Jahrzehnten in die schleichende Form wandelt.
Davor habe ich ziemliche Angst, denn wie der Name schon sagt: dann nimmt die Behinderung stetig zu.

Schubförmig heißt also, dass von jetzt auf gleich Beschwerden auftreten. Nicht vorhersehbar, nicht planbar.
Mit der hohen Wahrscheinlichkeit, dass sich anfängliche Symptome weiterhin bis zur vollen Breite des Schubes verschlimmern.
Und je nach Intensität hält ein Schub einige Tage, Wochen oder Monate an.
Danach sind die Beschwerden idealerweise wieder verschwunden.
Ein Irrglaube ist jedoch, dass die Krankheit zwischen den Schüben ruht.
Die Krankheit ist 24/7 aktiv, nur läuft sie eben unbemerkt fort.

Bestes Beispiel aus der Mitte meiner Erkrankung:
Ich bin eines Tages aufgewacht (ca ein halbes Jahr nach der Diagnose) und meine Schienbeine fühlten sich eingeschnürt an.
So als hätte mir jemand Klarsichtfolie drüber gespannt.
Ich dachte mir nicht wirklich viel dabei, stand auf, wollte Kaffee kochen und landete einen halben Meter weit vor dem Bett auf dem Boden.
Hm, komisch... Aufgerappelt, weiter zur Küche, wieder gestolpert.
Komisch!
Und so zog sich das hin... Bis ich eben im Rollstuhl saß.
Vor der Rollizeit bin ich gelaufen wie ein Roboter und als wäre ich sturzbetrunken.
Es war grauenhaft!
Ich taumelte, konnte meine Füße nicht heben, mir knickten die Beine in alle Richtungen weg, oft bin ich auch gestürzt.
Zu dem Zeitpunkt wusste ich bereits, dass ich krank bin - aber andere Menschen dürften mich wohl für betrunken gehalten haben.
Es war mir sehr unangenehm. Als ich den Rollator bekam, konnte ich endlich wieder etwas weitere Strecken gehen.
Und ich hatte "den sichtbaren Beweis", dass ich nicht betrunken, sondern krank bin.
Das gab mir etwas Aufwind in der bescheidenen Situation.

Nun noch einmal zurück zu der Erklärung der Schübe.
Das Gemeine bei den Schüben ist, dass man nie weiß, wie lange der Schub anhält und wann bzw. ob er sich zurückbildet.
Manche Beeinträchtigung bleibt halt bestehen.

Es gibt auch noch Mischtypen (schleichend mit aufgesetzten Schüben), aber ich glaube, das führte jetzt zu weit.

Bei mir ist es also so, dass irgendwann mal mein Arm taub war.
Erst die Finger, dann ein Teil der Hand, dann ein Teil des Unterarms usw., bis der komplette Arm taub war.
Aus irrwitzigen Verkettungen nahm man bei mir zunächst einen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule an.
Nun, das war es aber nicht...
Wie sich rausstellte, war das mein 1. Schub - wenn man von der verpassten Sehnervenentzündung absieht, die kurz zuvor abgelaufen ist. Die hab ich wirklich nicht bemerkt, war aber mittels Schachbrettmuster-Sehtest und im MRT nachweisbar.

Es wird mittels MRT mit Kontrastmittel Gehirn und Rückenmark untersucht, zusätzlich werden Tests mit Strom gemacht (Leitfähigkeit der Nerven wird gemessen) sowie eine Blut- und eine Liquoruntersuchung gemacht.
Die Lumbalpunktion vergesse ich mein ganzes Leben nicht, weil die junge Assistenzärztin wohl wenig Übung darin gehabt hat, zweimal stechen musste und ich über Monate unfassbare Schmerzen im unteren Rücken hatte.

An sich interessant ist, was im MRT zu sehen ist.
Vernarbungen im Gehirn und im Rückenmark.
Das nennt man "Herd" (Entzündungsherd). Nimmt dieser Narbenbereich Kontrastmittel auf, dann leuchtet das MRT-Bild
Und das bedeutet, dass der Herd aktiv ist, sprich eine akute Entzündung vorliegt.

Aber... Und jetzt wird es "witzig": nicht jeder Herd macht einen Schub (spürbare Ausfälle wie zB Taubheitsgefühle, Lähmungen uä).
Es kommt also vor, dass der halbe Schädel leuchtet und blinkt, der Patient aber keine spürbaren Ausfälle hat.
Gleiches auch umgekehrt: es gibt Ausfälle, aber im MRT ist nichts zu sehen.
Das liegt teils an der unterschiedlich hohen Auflösung der MRT-Geräte und auch an den Schnittkanten. Sprich ein aktiver Herd rutscht durchs Netz und bleibt unerkannt, ist aber für den Patienten spürbar.

Was tut man im Falle eines Schubes?
Man geht zum Neurologen und anschließend ins Krankenhaus, um eine sogenannte "Stoßtherapie" zu erhalten. Kortison intravenös, je nach Ausprägung der Beschwerden 3-5, manchmal auch 7 Tage je 1/2 bis 1 Gramm Kortison.
Darunter sollten sich die Beschwerden schnell bessern, also rückläufig sein.
Kann klappen, muss aber nicht.
Dann geht es in die nächste Runde Kortison.

Wenn das alles nichts hilft, aber die Beeinträchtigung schwerwiegend ist (Beispiel: Gefahr der Erblindung), wird eine Plasmapherese, also Blutwäsche angestrebt.

Nun haben wir ja gottlob ein plastisches Gehirn.
Wie aus der Schlaganfallforschung bekannt ist, kann das Gehirn "Umleitungen" bilden bzw. andere Teiles des Gehirns übernehmen die Aufgabe des Bereichs, der ausgefallen ist.
Das ist wohl ein großes Glück bei MS.
Ich fordere mich täglich: Knobelaufgaben, Stehen auf einem Bein etc.
Und ich lese sehr viel.
Durch euer Forum bin ich ja schon halbe Gynäkologin
Ich versuche, mir alles mögliche zu merken und so lernte ich alles Mögliche über Schwangerschaftsbeschwerden.
So blöd das klingt, aber es waren eine ganze Menge Infos und ich hab vieles googeln müssen.
Das war eine richtige Aufgabe - und eine schöne noch dazu

Nun, zurück zum Thema MS.
Schwieriger wird es bei Schäden im Rückenmark - dort ist nicht unendlich viel Platz, um Ausweichstrecken für Nerven zu bilden.
Schäden in dem Bereich der Wirbelsäule sind also wesentlich "schlimmer" als solche im Gehirn.

Insbesondere bei Entzündungsprozessen im Bereich des Rückenmarks kommt noch in Betracht, Kortison in den Spinalkanal einzuspritzen.
Nach meiner Erfahrung mit der Lumbalpunktion habe ich gebührenden Respekt davor.
Im äußersten Notfall würde ich es machen lassen.

Ansonsten gibt es - nach meinem Dafürhalten - äußerst fragwürdige Medikamente.
Ich selbst halte nach dem Ausprobieren von drei MS-Medis nichts mehr davon.
Den letzten Versuch hatte ich Anfang diesen Jahres und ähm, danke... Ich bin durch mit dem Thema

Denn all diese Medikamente sind gestützt auf die These, dass es sich bei MS tatsächlich um eine Autoimmunerkrankung handelt.
Es gibt aber auch Gegenmeinungen.
Und dieser Gegenmeinung bin ich durchaus zu zugetan.
Ich habe sehr, sehr viel Fachliteratur gelesen, habe kritisch hinterfragt und auch mal geschaut, wer denn an MS forscht und in wessen Auftrag (alles Pharma-gesponsert).

Ein MS-Medi brachte mich dazu, ständig Suizidgedanken zu haben
Das zweite brachte mich mit einer Sinustachykardie mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus.
Unter dem dritten Medikament schwanden mir sämtliche Kräfte und die Schmerzen wurden mehr und mehr.

Es gibt auch Chemotherapie für MS.
Sowas sollte ich bekommen. Und ich dachte nur "Warum mir jetzt auch noch den restlichen Körper zerschießen, ohne Chance auf wirkliche Besserung?"
Nein, das war mir alles zu riskant.

Und die Suche nach einem Neurologen, "mit dem man kann"... Das ist eine Wissenschaft für sich.
Aber wem sag ich das? Ihr alle geht während der Schwangerschaft zum Gynäkologen und was ich manches Mal hier gelesen habe... Ich konnte nur noch den Kopf schütteln, wie manche Mamis dort behandelt worden sind! Furchtbar!
Also: die Facharzt-Wahl ist gar nicht so einfach

Nun kommt erschwerend hinzu, dass ich gegen die Leitlinien verstoße.
Leitlinie besagt: ich hab MS, ich soll ein MS-Medikament nehmen.
Die Ärzte sind daran gebunden, ich als Patientin natürlich nicht.
Bei meinem jetzigen Neurologen hab ich bereits bei der Terminvereinbarung gefragt, ob ich diskutieren muss oder ob der Doc damit einverstanden ist.
Er ist einverstanden

Ganz zu Beginn, als mich die Diagnose wirklich aus heiterem Himmel und guter Gesundheit heraus traf, war ich wie in Trance.
Ich konnte gar nicht aussprechen, welche Krankheit ich habe, ohne direkt zu heulen.

Ich habe unsagbar viel gelesen, um es zu verstehen.
Es half nichts.
Denn ich verstand zwar das Wissenschaftliche, aber nicht, warum es mich getroffen hatte.
Freunde haben mich verlassen, ich musste umziehen in eine barrierefreie Wohnung, ich verlor meine Arbeit und meinen Partner.

Und doch blieb mir ein Satz im Kopf:
"Fragen Sie sich nicht, 'warum' Sie die Krankheit haben! Fragen Sie sich 'wofür'!"
MS und nützlich? Wozu sollte eine Behinderung nützlich sein...?!

Was war ich wütend, als mir im Krankenhaus eine Frau der Kirche sagte, es sei die Strafe Gottes!
Ohhhh, ich war so unfassbar wütend!
Ich hab nie etwas Böses getan, ich habe immer Anderen geholfen - wozu sollte Gott mich bestrafen?!

Ich verlor den Grund unter den Füßen - tatsächlich und im übertragenen Sinne.
Mein gesamtes Selbstbild war zerstört.
Ich war jung, dynamisch, sehr sportlich.
Ich war sehr gut im Beruf, ich war privat sehr engagiert.
Und nichts von dem war mehr vorhanden!

Die Sicht auf die Welt aus der Höhe eines Schulkindes - aus dem Rollstuhl heraus.
Die Menschen überschlugen sich vor Hilfsbereitschaft.
Oder sie starrten ganz bewusst und krampfhaft weg.
Ich war immer froh, wenn jemand einfach mal so nachgefragt hat.
Oder wenn Kinder zu mir kamen.
"Warum sitzt du denn im Rollstuhl?"
Manche Kinder guckten auch nur neugierig, was den Muttis manchmal unangenehm war.
Ich hab das aufgelöst: "Der ist voll cool, der Rolli, oder?!" und hab das Kind angelächelt. Ein schüchternes Nicken, dann kamen sie näher. Mal gucken, was das für ein motziges Teil ist, in dem ich sitze.
Ängste hatte keins der Kinder, sie waren nur neugierig und ich hab es kindgerecht erklärt.
Dass ich eben eine Krankheit hab, die macht, dass ich nicht mehr so gut laufen kann und dass ich jetzt eben durch die Gegend roller.
Den Muttis hab ich dann die Krankheit genannt und den Kindern gesagt, dass ihre Mami bestimmt schon mal davon gehört hat.

Das hat vieles leichter gemacht.
Auch die Unbefangenheit der Kinder zu erleben.
Ich war nicht "igitt, die Behinderte, die man anders behandelt", sondern die lustige Frau in dem coolen Gefährt.

Inzwischen habe ich Freunde, die mich behandeln wie jeden gesunden Menschen auch.
Völlig normal.
Und das ist es wert, dass alle anderen "Freunde" damals gegangen sind.
Inzwischen vergesse ich oft, dass ich krank bin.

Uff... Das war ja ein halber Roman.
Es tat aber mal gut, es zu schreiben.

Falls ihr bis hierhin gelesen habt - Danke fürs Zuhören

Ich versuche es mal mit Schlaf - und damit das klappt, les ich jetzt, was ihr alles Tolles geschrieben habt.

Lasst es euch gutgehen

Liebe Grüße,
Fresh

schoenefee
1132 Beiträge
27.10.2015 06:40
Hallo fresheasy,

ich habe Deinen Beitrag gelesen und ich möchte Dir hiermit einfach nur "alles Gute" wünschen.

Ich hoffe sehr, dass es eines Tages oder vielleicht ja auch "ganz bald" ein Medikament oder eine Therapie geben wird (die nicht mit krassen Nebenwirkungen verbunden ist), die Dir sehr hilft oder Dich sogar wieder ganz gesunden lässt.

Jetzt ist der richtige Umgang, das Akzeptieren der Krankheit aber erstmal das Wichtigste, ich denke i.B. darauf kann man vor Dir den Hut ziehen.

Danke für Deinen tollen, sehr ehrlich geschriebenen Bericht.

Ich hoffe, ich habe die richtigen Worte gewählt.

Lieben Gruß!
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