Mütter- und Schwangerenforum

>>>"Kalter Morgen" von Elisa<<<

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Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:42
Hallo ihr Lieben,
in einem meiner anderen Threads wurde ich von der Muse geküsst und ich begann wieder das Schreiben. Da es nun bei uns sehr unübersichtlich geworden ist, nutzen wir diesen Thread, allerdings nur zum Lesen.
Bei Kritik oder Anregungen bitte immer den Thread http://www.mamacommunity.de/forum/elas-elisas-ends purt-thread.html?page=79#comment-588148 benutzen.

Ich wäre euch sehr dankbar.
Ab und zu habe ich noch ein paar Tipp- Fehler, also es geht hier nicht um meine Rechtschreibung, sondern um den Inhalt.
Und nun viel Spaß damit. Ich werde nach und nach immer mehr posten.

>>Kapitel 1<<
Seite 1

Es ist ein kalter Morgen.
Der Tau auf der Terrasse schimmert ein wenig in dem noch sperrigen Licht. Die Luft ist noch so klar und kalt, dass es beim Einatmen weh tut.
Im Gegensatz dazu ist mein Kaffe schön heiß. Ich setze mich in den alten Holzstuhl, der ganz in einer Ecke versteckt auf der Terrasse steht. Ein magischer Moment für mich.
Diese Stille, diese Kälte, dieser Nebel, der mein Haus umhüllt und mich noch vor dem Tag schützt.
Das war vielleicht eine Nacht, denke ich mir und erwische mich dabei, wie ein Lächeln über meine Lippen gleitet. Ich versuche, ein wenig an meinem Kaffee zu nippen, aber noch habe ich keine Chance. Die ersten Vögel beginnen zu zwitschern.
Ich habe noch gar nicht auf die Uhr gesehen, wie spät ist es überhaupt?
Eigentlich will ich aufstehen und nachsehen, aber ich bleibe doch sitzen und genieße den Augenblick. Noch nie saß ich so auf meiner Terrasse. Herrlich!

Langsam wird es heller und der Nebel verschwindet. Mittlerweile kann ich schon das nächste Haus, das ein paar Hundert Meter von mir entfern steht, erkennen. Dann ist es nun vorbei mit dem magischen Moment. Ich schlürfe ein wenig meinen Kaffee, schaue mich noch einmal um und da kommt sie: Die Sonne.
„Okay, okay, ich stehe ja auf!“, sage ich laut und stemme mich wie eine 80- jährige Frau aus meinem Stuhl. Fit bin ich noch lange nicht.
Ich schlurfe wieder ins Haus und gehe weiter zur Küche, die gleich links vom Eingang ist. Gegenüber ist das Wohn- und Esszimmer, hinter der Treppe, die zu meinem Schlafzimmer führt, befindet sich noch ein Bad. Im ersten Stock gibt es noch 3 Räume und ein weiteres Bad. Als ich so in der Küche stehe, schaue ich mich um und erfreue mich an diesem alten Gebäude. Ich habe relativ wenig neu gemacht. Ein bisschen hier gestrichen, ein wenig da entstaubt und mal hier und da den Boden erneuern lassen.
Erst seit einigen Wochen lebe ich in diesem Haus. Ich erbte es von meiner Großtante, die selbst keine Kinder hatte und mich daher sehr gerne bei sich hatte. Und ich war auch immer gerne hier. Dieses Haus steht einfach im Nirgendwo und das kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin eigentlich Schriftstellerin und hatte seit zu langer Zeit einen leeren Kopf oder vielleicht war er auch einfach nur zu voll, dass ich nicht klar denken konnte. Zumindest gibt mir diese Gegend irgendwie wieder Schwung und ich habe hier ja alles, was man so braucht. Telefon, Internet, Nachbarn, Supermarkt. Das alles ist in unmittelbarer Nähe.

Mein Kaffee ist leer und ich entscheide mich, neuen aufzusetzen. Diesmal mehr, da mein Besuch sicher auch gleich aufwachen wird.
Ich spüre noch das Kribbeln in meinem Magen und in den Fingerspitzen.
Wir kennen uns schon eine Weile, schon bevor ich hier her zog. Ich glaube, er hat nie woanders gelebt. „Er“ heißt Andrew und ist 30 Jahre, aber dafür noch verdammt knackig. Andrew ist Farmer. Er besitzt seine eigene Farm und arbeitet hart- im Gegensatz zu mir gerade. Mein Glück kann ich noch gar nicht fassen. Gestern war ein Dorffest hier und so lud er mich dazu ein. Wir haben irre viel getanzt, gelacht und getrunken. Er brachte mich dann in der Nacht nach Hause und ich bot ihm an, bei mir zu schlafen. Wenn ich jetzt daran denke, weiß ich noch ganz genau, was ich für einen Kloß im Hals hatte.
„Klar, sehr gerne.“, sagte er und eigentlich gingen wir sofort in mein Schlafzimmer hoch. Also seine Muskeln spürte ich ja schon beim Tanzen durch sein Shirt, aber als ich ihn nun wahrhaftig splitterfasernackt auf meinem Bett liegen hatte, war ich schon sehr nervös. Den letzten Sex hatte ich vor ein paar Monaten und ich dachte, dass es auch noch ein paar Jahre dauern wird bis ich wieder einen Mann finden würde.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:43
Seite 2

Ich bin eigentlich so gar kein Beziehungsmensch und ich könnte mir nun eigentlich auch keine Beziehung mit ihm vorstellen. Ich wollte im Kopf ja nun frei werden, aber wenn ich ständig diese Muskeln nun im Kopf habe, dann geht das doch schlecht.
„Guten Morgen, Megan!“ Dieser Satz reißt mich aus meinen Gedanken und da steht er nun vor mir. Wie Gott ihn schuf, so makellos in meinen Augen, braungebrannt von der Feldarbeit, diese Muskeln an Armen und Beinen von dem Schleppen. In dem Moment, als ich ihn da so nur in Unterhose sehe, werfe ich alle negativen Gedanken über Bord.
„Kaffee?“, frage ich etwas schüchtern, aber mit einem Lächeln. Hoffentlich hat er nicht gerade gesehen, wie ich ihm auf die Hose gestarrt habe.
Er lächelt zurück und mir wird ganz warm ums Herz. Ich reiche ihm eine Tasse. Andrew bedankt sich und gibt mir einen schnellen, aber liebevollen Kuss auf die Stirn. Er lehnt sich dann bei der Spüle an und pustet in die Tasse.
Ich erwische mich dabei, wie ich ihn anstarre. Oh Mann, wie peinlich. Ich bin doch keine 14 mehr. Nein, das bin ich schon lange nicht mehr. Um genau zu sein bin ich schon 26 Jahre auf dieser Erde. Und was soll ich sagen? Ich habe nie etwas anderes getan als zu schreiben und habe eine gescheiterte Ehe hinter mir. Mit 19 heiratete ich, mit 24 war dann die Scheidung vollzogen. Es war eigentlich alles etwas leichter als ich es mir vorgestellt hatte. Wir wollten beide eine Blitzscheidung, es sollte so schnell wie möglich vorbei sein. Ein großes Vermögen hatten wir nicht aufzuteilen, Kinder haben wir keine. Daher war es ziemlich leicht beim Anwalt.
Ich wohnte danach in einer schäbigen Wohnung. Als Schriftstellerin hat man kein geregeltes Einkommen und so berühmt bin ich ja auch nicht. Daher ging ich ab und zu in Kunstakademien, um mich zeichnen zu lassen. Dafür bekam ich etwas Geld. Und nachts in Bars jobbte ich. Dort waren immer so viele verschiedenen Menschen auf einen Haufen, dass es eine Zeit lang nur so aus mir heraus sprudelte und ich mich vor Ideen kaum retten konnte.
Als meine Ehe so langsam den Bach hinunter ging, änderte es sich schlagartig. Ich stand völlig neben mir, wusste nicht mehr, was falsch und was richtig sei. John, mein Exmann, ignorierte mich förmlich. Er stürzte sich in seine Arbeit als Architekt. Sein Studium hatte er gerade erst beendet und er brauchte viel Zeit und Kraft, um Fuß zu fassen. In der Zeit unterstützten uns seine Eltern zum größten Teil. Ich mochte sie, sie waren angenehme Menschen. Etwas altmodisch, aber durchaus auszuhalten. John hingegen war immer sehr direkt, sachlich, fast schon kühl in dem, wie er sprach. Aber auch das mochte ich, weil er so ganz anders war als ich. Ich, die Kreative, Flippige und dann er der Sachliche, Misstrauische. Wir waren ein gutes Team.
Nach der Scheidung hatten wir nur noch ein paar Mal Kontakt, weil ich noch ein paar Sachen in der alten Wohnung hatte. Die Verabschiedung war ganz komisch. Wir standen uns direkt gegenüber. Die letzten Kisten von mir standen draußen im Flur, John stand im Türrahmen und sah mich schweigend an. Ich versuchte ihm, in die Augen zu sehen, doch es klappte nicht. Zu sehr war ich noch aufgewühlt und den Tränen nahe, aber ich riss mich zusammen.
Ich reichte ihm die Hand zum Abschied und das fühlte sich alles so unwirklich an. Es war, als ob man mir die Kehle zu schnürte und ich gleich in Ohnmacht fallen würde. Dem Mann, den ich so viele Jahre bedingungslos geliebt hatte, dem ich mich anvertraute, dem ich voll und ganz hingab, dem gab ich nun die Hand zum Abschied. Ich schmunzel nun bei dem Gedanken und schüttele gleichzeitig den Kopf. Es war wirklich verdammt abstrakt.
Und nun stehe ich hier noch immer in der Küche mit einem halbnackten Mann, mit dem ich letzte Nacht ziemliche Unanständigkeiten trieb und ich denke hier über meinen Exmann nach. „Was ist denn?“, fragt mich Andrew. Er hat wohl das Kopfschütteln von mir bemerkt. „Ach nichts.“, sage ich nur. „Ich gehe jetzt duschen.“ Ich schlendere gerade gemütlich zum Bad als Andrew mich von hinten fest hält und mich sanft ins Bad drückt. „Ich komme mit.“, flüstert er mir ins Ohr und mir wird ganz schwindelig vor Liebe.

Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:43
Seite 3

Im Bad ist es schön kühl, da ich über Nacht das Fenster auflasse. Andrew schließt die Tür hinter sich und zieht man an sich. Er riecht noch immer so gut, nein, jetzt noch besser. Der Biergeruch von letzter Nacht ist dem Kaffeeduft gewichen. Ich schließe die Augen, um jeden Moment ganz intensiv zu genießen. Meine Fingerspitzen gleiten an seinen starken Schultern und Armen entlang. Er gleitet mit seinen Händen sanft meinen Rücken entlang bis zu meinem Hintern. Ich bin dort sehr empfindlich und zucke daher kurz zusammen, weil es alles wieder kribbelt. Die Hitze steigt mir in den Kopf. Er küsst mich, immer und immer wieder. Erst auf den Mund, dann das Kinn, am Hals entlang bis zu meinem Brüsten. Das Top, das ich trage, streift er gekonnt ab. Mit so einem Mann an der Stelle empfindet man seine Oberweite doch gleich als viel schöner. Ich lächele und genieße seine Liebkosungen. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und ziehe ihn zu mir hoch. Ich küsse ihn zärtlich, grinse ihn frech an und gehe in Richtung Dusche. „Wir wollten doch eigentlich duschen.“, sagte ich. Andrew lässt seine letzten Hüllen fallen und sagt. „Also ich bin fertig.“ Er kommt zu mir und gibt mir zu verstehen, dass ich meinen Slip ausziehen soll.
In der Dusche lasse ich das Wasser etwas laufen, damit es wärmer wird. Andrew schmiegt sich in der Zeit von hinten an mich heran. Ich spüre seinen heißen Körper. Er ist viel wärmer als ich es bin. Das gibt mir ein wohliges Gefühl. Ich steige in die Dusche, Andrew hinterher. Ich sehe nun deutlich, dass er genauso heiß ist wie ich. Er nimmt den Duschkopf und macht sich nass. Ich beobachte ihn dabei und beiße mir unterbewusst auf die Unterlippe. Ja, es ist real, kein Traum. Dann kommt er ganz nah an mich heran und macht auch mich nass. Ich fühle mich wie ein Teenager, der so etwas zum ersten Mal erlebt. Mein Herz pocht, meine Knie werden weich, die Hitze in meinen Kopf und zwischen meinen Beinen wird immer extremer. Möge dieser Moment doch ewig andauern.
Ich streichel seinen Oberkörper und fahre mit meiner Hand langsam, aber bestimmend seinen Bauch entlang, diese Muskeln sind der Wahnsinn. Meine Hand wandert weiter bis zu seinem besten Stück. Ich wandere mit einem Finger drum herum, er schwillt an. Ich schaue zu ihm auf und wir beide grinsen. Ich streichel an seinen Eiern und er zuckt leicht. Dann berühre ich ihn an seinem besten Stück, umfasse ihn fest und ziehe Andrew an mich. Sein Penis verschwindet zwischen meinen Schenkeln und ich merke wie er pulsiert und wie heiß auch er ist.
Er drückt mich gegen die Duschwand. Ich erschrecke mich, weil sie so eisig kalt ist, doch das ist schnell vergessen als Andrew mit seinen leichten Stößen beginnt. Ich hebe ein Bein und ziehe es bis zu seiner Hüfte, damit dieser Moment noch intensiver wird.
Wir küssen uns innig, atmen schnell und heftig, unsere nassen Körper gleiten aneinander.
Seine Stöße werden heftiger, kräftiger und tiefer.
Das Wasser läuft gleichmäßig aus dem Duschkopf an uns herunter. Meine Haare werden nass, was ich sonst gar nicht mag, aber ich schalte komplett ab, klammere mich fest an ihn und genieße diese intime Nähe zwischen uns. Es gibt nur uns und der Rest ist gerade vollkommen unwichtig. Im Unterbewusstsein höre ich mein Telefon klingeln, aber das ist mir egal.
Ich bin bei Andrew, Andrew ist bei mir, er ist in mir.
Er wird wilder, so wie ich es von letzter Nacht schon kenne. Er küsst meinen Hals während wir uns aneinander reiben, er beißt ein bisschen in meinen Hals. Ich lege meinen Kopf nach hinten und lasse mich komplett in seine Arme fallen.
Ich spüre, wie ich immer schneller atme, ein Kribbeln überall, mir ist heiß, die Duschwand kühlt mich ab, ich stöhne lauter, Andrew ebenso. Ich kratze ihn ein wenig am Rücken, er beißt mir stärker in den Hals, ich spüre, dass ich gleich zum Höhepunkt komme. Er hat den richtigen Nerv getroffen, zum zweiten Mal.
Er stößt wieder kräftiger zu, die Stöße werden langsamer, aber tiefer, wir stöhnen gemeinsam laut auf als…

Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:43
Seite 4

Es an meinem Badfenster klopft. Wir schrecken auf, lösen uns von unserer Stellung und man merkt deutlich, wie entnervt wir gerade sind. Ich stecke den Kopf aus der Dusche, sehe aber niemanden mehr am Fenster.
„Hm, weiter machen?“, frage ich. In dem Moment klingelt erneut mein Telefon und nun steigt wieder Hitze in mir auf, aber vor Wut. „Geh ruhig ans Telefon, wir können das doch auch nachholen.“, sagt Andrew und bringt mich damit wieder ein bisschen runter.
Also springe ich aus der Dusche, schnappe mir ein Handtuch, das ich mir umwerfe und renne zum Telefon. Ich nehme den Hörer ab und der Anrufer legt auf.
„Na super, der Spinner hat aufgelegt.“, rufe ich. Da klopft es an meiner Tür. Ich drehe mich schlagartig um und da ich eine Glastür besitze, sehe ich den Übeltäter sofort oder besser gesagt die Übeltäterin: Meine Schwester.
Sie winkt freudestrahlend zu mir, ich zwinge mir ein Lächeln ab und öffne langsam die Tür. „Hey du, ich dachte, ich überfalle dich mal, weil ich in der Gegend war.“, sagt sie nur während sie sich schon ins Wohnzimmer durchgekämpft hat. „Komm doch rein.“, sage ich in einem ironischen Tonfall und schließe die Tür.
„Störe ich, Schwesterherz?“ Sie setzt sich auf die Couch und macht es sich gemütlich als ob sie nicht nur kurz vorbei schauen wollte. „Um genau zu sein…. JA!“, antworte ich grimmig. Nun stehe ich halbnackt zwischen Flur und Wohnzimmer und weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll. „Nancy, ich habe Besuch und du hättest dich ja auch mal vorher melden können.“ „Das habe ich doch! Seit 2 Stunden versuche ich, dich zu erreichen, erst auf deinem Handy, was nicht an ist und dann normal.“ Ich kann es nicht fassen. 2 Stunden reichen also zum Anmelden? Oh ja, das ist meine Schwester. Immer so spontan, immer auf Achse. Ich mag das ja auch, aber sie ist wirklich ein Extremfall. „Nancy, bitte, das ist ein blöder Zeitpunkt. Kannst du nicht ein anderes Mal wieder kommen?“, dränge ich sie, denn wenn sie erst einmal sieht, was ich für einen Leckerbissen an der Angel habe, wird sie der ganzen Welt davon berichten und das will ich nicht!
„Na gut, wenn du mich nicht haben willst, dann fahre ich wieder, aber glaube nicht, dass ich dir das so schnell verzeihe.“ Nancy neigt zur Theatralik. Sie meint das auch nicht immer so ernst, was sie sagt, da ist immer ein Häufchen Ironie dabei.
Ich atme auf und werde etwas unruhig. Hoffentlich kommt Andrew nun nicht gleich aus dem Bad heraus. Ich schiebe Nancy daher regelrecht zur Tür, öffne sie, gebe ihr einen Kuss, sie redet doch ein bisschen was, ich nicke freundlich und will gerade die Tür schließen als Andrew nur mit einem Handtuch bekleidet in den Flur kommt. Nancy bekommt große Augen, ich bekomme große Augen und Andrew erst recht. Er entschuldigt sich und verschwindet wieder im Bad.
„Megan, wo hast du den denn her? Ist das ein Sonderangebot oder was ist hier los? Hat er einen Bruder?“ Ja und auch so ist Nancy. Ich sage ihr, dass ich es nicht weiß und dass er sicher kein Sonderangebot sein wird und sie nun endlich gehen soll.
Beleidigt sieht sie mich, sie zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich. Nun wird sie doch ernst. „Meine Güte, rege dich doch nicht auf. Ich werde mich doch wohl freuen dürfen. Ich hatte schon die Sorge, dass du nie wieder einen Mann findest.“ „Ja, danke, dass du dir um mich Sorgen gemacht hast.“ Ich will die Tür zudrücken, aber sie hält dagegen.
„Ich wünsche euch noch einen schönen Tag!“, sagt Nancy in ihrem altbekannten freundlichen Tonfall, steigt in ihr Auto und fährt davon.
Ich brauche ein paar Sekunden, um diesen Schockmoment zu verdauen. „Andrew, du kannst wieder raus kommen.“, rufe ich mit einem Lachen den Flur entlang. Wie ein kleiner geprügelter Junge kommt er zu mir, entschuldigt sich, fragt, wer das war und nimmt mich dann in den Arm und küsst mich auf die Stirn. „Na los, lass uns weiter duschen. Haben uns ja noch gar nicht eingeseift.“ Wir kichern und verschwinden dann still und heimlich im Bad.
Dieses Mal stört uns nichts und niemand und wir genießen uns sogar ein paar Mal.
Lange war ich nie so gedankenfrei wie an diesem einen Morgen.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:44
Seite 5

Am Abend war ich allein in meinem Haus. Es war schon dunkel. Draußen auf der Terrasse brannte noch das Licht. Damit fühle ich mich einfach wohler.
Andrew war schon ein paar Stunden weg, er musste ja auch zu seiner Farm. Zwar hat er viele und auch zuverlässige Mitarbeiter, aber er kann einfach nicht still sitzen. Er wollte morgen Abend wieder vorbei kommen. Ich freue mich schon darauf!
Nun sitze ich hier vor meinem Laptop, ein leeres Word- Dokument aufgeschlagen und frage mich, was ich nun machen soll oder machen will.
Ich entschließe mich dann doch mal, meinen E- Mail- Ordner durchzusehen und entdecke eine Mail von vor 2 Wochen. Sie ist von meiner besten Freundin Lynn. Lynn ist eine ganz ruhige Frau. Wir kennen uns seit der Grundschule. Sie war immer mein Ruhepol. Als sie mir sagte, dass sie in New York studieren wolle, brach es mir fast das Herz. Ich fühlte mich plötzlich ganz klein und einsam. Sie studierte eigentlich nur, damit ihre Eltern sie gehen ließen, denn sie führte damals schon seit längerer Zeit eine Fernbeziehung zu einem New Yorker. Als sie umzog, bekam sie gerade so noch meine Hochzeit mit.
In den ganzen Jahren war der Kontakt zwar immer irgendwie da, aber eben auch nicht mehr so, wie man es sich wünschte. Lynn genoss das Leben, New York ist ja auch riesig. In ihrem Elternhaus herrschte immer Ordnung und Disziplin. Ich kannte auch Lynns „wilde“ Seite. So oft es uns möglich war, gingen wir in die Disco. Mein Vater hatte nie etwas dagegen und so schlief Lynn bei mir, damit die Tarnung besser war. So gingen wir einmal im Monat in die Disco und es machte so viel Spaß.
Lynn lebte nun schon 7 Jahre bald in New York. Wie die Zeit vergeht. Mir wird immer ganz warm ums Herz, wenn ich an sie denke. Sie erfüllt ihr Gegenüber immer mit so viel Liebe.

Ich öffne also ihre E- Mail und lese halb laut vor.
Hey Meggy,
alles klar bei dir? Es tut mir leid, dass ich dir so lange nicht geschrieben habe, aber ich hatte sehr viele Aufträge und dadurch war ich froh, wenn ich noch Zeit zum Essen und Schlafen fand. Nun ist es wieder ruhiger geworden.
Ich wollte, dass du die Neuigkeiten als Erste erfährst. Und jetzt halte dich fest!
Ich werde heiraten, ist das nicht geil?? Tom hat mir gestern Abend einen Antrag gemacht, so richtig schön schnulzig wie ich es halt mag!! 
Aber das Beste kommt jetzt noch:
Ich bin schwanger! Was sagst du? Ich bin total aus dem Häuschen, bin schon in der 8. Woche, ein Ultraschallbild habe ich auch schon, haben es im Wohnzimmer eingerahmt stehen.
Natürlich bist du ganz herzlich zu der Hochzeit eingeladen, Meggy!!! Eine richtige Einladung wirst du dann auch noch erhalten, keine Sorge. Wir machen das alles schön klassisch und altmodisch.  Wie auf deiner Hochzeit damals.
Also ich würde mich sehr freuen, wenn du dich bei mir meldest, meine Süße.

Liebste Grüße
Lynn, Tom und dem Bauchbaby



Zum Schluss noch eine neue Telefonnummer von ihr.
Aua, das hat gesessen.
Meine schlimmste Befürchtung wurde bittere Wahrheit. Lynn bekommt ein Baby. Ich lehne mich zurück, die Arme stützen sich am Tisch ab, mein Herzschlag wird plötzlich schneller und ich bekomme einen Anflug von Kopfschmerzen. Ich schließe den Deckel des Laptop. Jetzt kann ich noch nicht zurück schreiben. Plötzlich bin ich völlig durch den Wind. Meine Kehle schnürt sich zusammen, meine Augen werden schwer und mein Körper fühlt sich taub und schwer an.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:44
Seite 6

Dass sie heiraten wird, ist in dem Moment völlig aus meinem Gedächtnis gestrichen.
Ich gehe zur Küche, ohne auch nur den Weg dorthin wahrzunehmen, nehme mir ein Glas aus dem Schrank und halte es unter den laufenden Wasserhahn. Ich muss mich am Beckenrand abstützen, um nicht mein Gleichgewicht zu verlieren. Die Kopfschmerzen werden stärker. Ohne einen Schluck Wasser zu nehmen, gehe ich ins Bad, um mir eine Kopfschmerztablette zu holen. Meine Hände zittern. Ich schaffe es aber, die Tablette mit ein paar Schlucken Wasser herunter zu bekommen. Ich setze mich auf den Badewannenrand. Es ist, als ob sich alles dreht.
Lynn bekommt ein Kind, ein Baby, sie ist schwanger… schon 8 Wochen ist sie schwanger, dann darf sie das noch ganze 32 Wochen genießen, Lynn bekommt ein Baby…
Ich gehe wieder in mein Wohnzimmer und mache den Fernseher an. Ich brauche Ablenkung, doch es klappt nicht. Auch diese Clipshows, in denen anderen ein Missgeschick passiert, lenkt mich nicht ab. Im Gegenteil: Dort laufen kleine Kinder umher, fallen in einen Eimer oder laufen gegen die Schaukel.
Ich will auch so ein Kind.

Mit 23 erfuhr ich, dass ich schwanger war. Es war ein Wunschkind und wir mussten auch gar nicht lange werkeln. John war aus dem Häuschen. Er küsste mich, er küsste meinen Bauch, er hätte vermutlich jeden geküsst, der ihn dazu beglückwünschte.
Er fing an, von einer größeren Wohnung zu reden oder besser noch ein Haus, denn der Zwerg soll ja nicht allein bleiben. Ein Haus mit einem großen Garten- und einem Hund.
Wir fingen an zu planen, zu sparen und auch einzukaufen.
Ich erfuhr von meiner Schwangerschaft in der 7. Woche. Ein Test zu Hause war leicht positiv und so ging ich erwartungsvoll zum Arzt, der es mir auch bestätigte.
Ich achtete auf meine Ernährung, nahm alles peinlich genau, was mir der Arzt für Tipps gab.
John machte plötzlich so gut wie alles für mich. Er kochte viel, obwohl er neben seinem Studium noch arbeitete, aber er gab sich so viel Mühe. Es war traumhaft!
In der ganzen Anfangszeit hatte ich ab und zu mal ein paar Tropfen Blut verloren. Das haben ja einige Frauen und dem Zwerg ging es auch super, Herztöne waren in Ordnung, er entwickelte sich gut.
Einen Morgen sagte mir mein Mann, dass ich irgendwie komisch aussehe. Mir ging es an dem Tag auch nicht so toll, ich hatte ab und zu so ein Ziepen im Unterleib, aber das war ja normal. John schickte mich zum Frauenarzt, er fuhr mich, trotz wichtiger Vorlesung an der Uni zum Arzt.
Erst unterhielt ich mich mit dem Arzt, das Ziepen sei nicht so schlimm, aber er schlug vor, zur Sicherheit einen Ultraschall durchzuführen. Ich freute mich, da ich das letzte Bild aus der 12. Woche hatte.
Doch auf dem Ultraschall sah man kaum etwas, auch Herztöne waren nicht zu erkennen, das Bild war ganz verschwommen. Das Fruchtwasser war auch nicht mehr klar. Der Arzt sagte mir, dass wenn er keine Herztöne hören würde, es auch nicht mehr leben würde. Es scheint, eine Fruchtwasserinfektion zu haben und dadurch war es schon dabei, sich zu zersetzen. Bei diesem Gedanken wurde mir schlecht. Ich lag auf der Liege, starrte auf dieses Ultraschallgerät, um vielleicht doch etwas zu erkennen, aber da war einfach nichts mehr. Alles, was der Arzt danach sagte, weiß ich nicht mehr. Ich habe nur noch nach meinem Mann gefragt, ich brauchte ihn jetzt. Ich denke, der Arzt wird ihm alles Weitere erklärt haben, denn John wusste, was wir nun tun mussten.
Wir fuhren direkt weiter in die Klinik. Dort wurden wir erst einmal nur herum gereicht. Niemand hatte wirklich Zeit. Irgendwann wurde ich noch einmal untersucht. John fuhr dann nach Hause, um Sachen für mich zu holen, da wirklich kein Leben mehr in mir war- im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war taub, ich war kalt. Habe nicht mehr gesprochen, ständig auf den Boden gesehen.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:45
Seite 7

Eine Schwester dort war sehr freundlich zu mir. Sie erklärte mir auch, was man nun mit uns machen würde- mit mir und dem Zwerg.
Ich weiß noch, wie ich meinen Bauch streichelte und mich entschuldigte und mich verabschiedete. John tat dies ebenfalls, es tat so weh und es tat so gut, dass ich ihn bei mir hatte. 17 Wochen war der Zwerg bei uns.
Sie legten mich in eine Vollnarkose. Eine normale Geburt war nicht möglich, da der Verwesungsprozess schon zu weit fortgeschritten war.
Mir wurde wieder schlecht bei dem Gedanken.
Kurze Zeit später wachte ich wieder auf. Mein Kopf war leer, fühlte sich aber total schwer an. Irgendwann wurde ich dann auch auf ein Zimmer geschoben. Zum Glück war ich allein dort. John war die ganze Zeit im Krankenhaus bei mir.
Ich wurde danach nicht wieder schwanger, obwohl wir es probierten und bei uns beiden auch alles stimmte.
Daran scheiterte unsere Ehe.

Wir haben beide dieses Erlebnis nie richtig verarbeitet, es nagt an uns beiden. Sicher noch heute. John hat, soweit ich weiß, keine neue Frau an seiner Seite bisher gehabt, ist dafür ein erfolgreicher Architekt. Kein Wunder, wenn man 20 Stunden am Tag arbeitet.
Und meine derzeitige Situation ist ja auch klar.
Wir haben nicht einmal erfahren, ob der Zwerg ein Junge oder ein Mädchen war. Wenn es ein Junge geworden wäre, hätten wir ihn damals gerne Jeremy genannt und ein Mädchen hätte Rose geheißen. Schöne Namen, oder?

Heulend sitze ich auf dem Sofa, meine Augen sind rot und geschwollen. Ich weiß gar nicht, wo ich mit mir hin soll. Ich nehme den Ärmel von meinem Pullover und wische mir damit das Gesicht ab. Es ist komplett nass. Diese Bilder werden mir nie aus dem Kopf gehen. Ich werde meinen Zwerg nie vergessen, aber die Zeit in der Praxis und im Krankenhaus möchte ich vergessen, aber es geht einfach nicht.
Ich wollte so sehr eine Mama sein. Eine Mama, die ich selbst nie hatte.
Sie starb direkt nach meiner Geburt, weil sie zuviel Blut verlor. Es war Schuld der Ärzte, was natürlich niemand zugibt. Mein Vater war so stark, um uns 2 Mädchen großzuziehen. Und Nancy ist nur knapp 2 Jahre älter als ich. Ich bewundere ihn dafür, denn er machte seine Sache sehr gut. Wir hatten eine wirklich tolle Kindheit und Jugend. Er war genau zu den richtigen Zeitpunkten locker und streng.
In der Zeit nach meiner Fehlgeburt war er mir eine große Stütze. Vor allem als John und ich die Trennungsphase hatten mit dem ganzen Papierkram und so weiter. Ich wohnte eine Weile wieder bei ihm und ich war wieder sein kleines Mädchen. Er kochte für mich, wir schauten abends fernsehen auf der alten Ledercouch und aßen Chips.
Ich freue mich, dass er noch so fit ist. Wir sehen uns auch regelmäßig. Im Haus hat er mich schon zweimal besucht für je ein Wochenende. Da bekochte ich ihn dann.
Nancy möchte noch keine Kinder, vielleicht will sie auch wirklich gar keine. Ich hingegen hatte schon als Teenager von meinem Prinzen und dem Schloss dazu geträumt und natürlich vielen Kindern. Früher wollte 5. Heute würde mir ein einziges, kleines Wunderwesen reichen. Ich versuche mich zu freuen, etwas Schönes daran zu finden, dass meine beste Freundin ein Baby erwartet. Auch weiß ich nicht, ob ich nur neidisch bin oder Angst habe, dass ihr auch das passiert. Beides wohl eher.
Ich stehe auf, krame ganz oben im Regal im Wohnzimmer einen Karton heraus, gehe wieder zur Couch und öffne ihn. Da, mein Zwerg. 2 Bilder habe ich von dir, du Wunder. Im Karton sind noch 1 Bild von meinem Babybauch und mein Babytagebuch, das ich führte. Tränen schießen mir wieder in die Augen. Wieso nur? Wieso nur du, Zwerg?
Plötzlich muss ich die Schachtel ganz plötzlich schließen. Das Leid zerfrisst mich. Ich bin schon lange nicht mehr so energiegeladen wie ich es einmal war.
Ich fasse noch einmal in die Schachtel und hole das Bild aus der 12. Woche von meinem Zwerg heraus.
In dieser Nacht beschäftige ich mich damit, einen Bilderrahmen zu basteln, einen schönes Platz dafür zu finden und nicht mehr so traurig zu sein.
Die Nacht verbringe ich auf der Couch.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:45
>>2. Kapitel<<

Seite 8

Mir war kalt als ich aufwachte. Ich war nur in eine dünne Decke eingehüllt und meine Gelenke waren ganz steif.
Ich richtete mich langsam auf, aber wohl doch zu schnell, sodass mir etwas schwindelig wurde. Mir fiel durch ein böses Stechen im Magen ein, dass ich schon sehr lange nichts mehr gegessen hatte. Ich sah auf die Uhr über dem Kamin im Wohnzimmer. Es war kurz nach 12 Uhr. Oh, also habe ich doch gute 8 Stunden geschlafen.
Mit der Decke eingewickelt, gehe ich in Richtung Bad, um mich frisch zu machen. Als ich in den Spiegel sehe, bekomme ich einen Schreck. Mein ganzes Gesicht ist dick vom Heulen. Auch kaltes Wasser hilft erst einmal nicht, aber ich finde mich damit ab und gehe, noch immer in die Decke eingewickelt, in meine Küche, die so schön nach altem Holz riecht. Gerade möchte ich nur eine heiße Brühe schlürfen. Nicht einmal einen Kaffee möchte ich, einfach nur etwas würziges.
Als ich auf mein heißes Wasser warte, schaue ich instinktiv rüber ins Wohnzimmer. Auf dem Kaminsims steht mein gebastelter Rahmen mit meinem Zwerg, meinem Wunderkind. Bei dem Gedanken daran, muss ich auch nicht mehr weinen, sondern lächel verschlafen. Ich habe gestern so viel geweint, dass ich heute es nicht mehr muss oder kann.
Meine Brühe ist fertig und ich setze mich an den Küchentisch. Irgendwie ist mir das aber zu langweilig. Daher gehe ich hinaus, um mir die Morgenzeitung von der Terrasse zu holen. Draußen ist es windig, aber warm. Spätsommer halt. Ich halte mein Gesicht in den Wind und atme die frische Luft ein.
Dann beuge ich mich hinunter, um die Zeitung aufzunehmen. Darunter ist ein Brief. Nur mein Name steht darauf, doch die Schrift kenne ich nicht.
Ich gehe zum Küchentisch, auf dem meine Brühe auf mich wartet und setze mich. Die Zeitung ist nun unwichtig für mich. Ich öffne behutsam den Brief und lese ihn innerlich vor.

Megan,
die Stunden mit dir zusammen waren wunderschön.
Da wir eh verabredet sind, dachte ich mir,
dass wir auch etwas Schönes unternehmen.
Lass dich überraschen.
Ich hole dich um 20 Uhr bei dir Zuhause ab.

In Liebe,
Andrew

Hach, wie süß. Romantisch ist er auch noch. Das hätte ich aber nun doch nicht gedacht. Meine Schwellung geht langsam zurück und das sollte es auch. Ich trinke eher hastig meine Brühe. Nun bekomme ich aber doch richtig Hunger. Also entscheide ich mich dazu, mir doch noch ein deftiges Frühstück oder vielmehr einen Brunch herzurichten.
Irgendwie ist durch die letzte Nacht jegliche Last von mir abgefallen. Ich fühle mich richtig gut. Das Weinen hat wohl wirklich geholfen.
Nach dem Brunch und nach dem Duschen, entschließe ich mich dazu, Lynn doch nun zu antworten. Sie wartete ja schon 2 Wochen auf eine Rückantwort von mir.
Ich schreibe relativ viel und beglückwünsche sie zu den freudigen Ereignissen. Ich muss mir ein wenig auf die Zähne beißen, damit es wirklich überzeugend rüber kommt. Ich muss ihr ja kein schlechtes Gefühl geben. Als ich die Mail lese, fällt mir ein, dass sie ja auch heiratet. Ob ich wohl Trauzeugin werde oder hat sie schon eine andere, vielleicht viel bessere Freundin als mich in New York gefunden? Wie weit wird dann wohl ihr Bauch schon sein? Werde ich das aushalten können? So viele Fragen schießen mir durch den Kopf, aber ich selbst leide nicht mehr so stark wie am Vortag darüber und das ist doch ein einmal ein gutes Zeichen.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:46
Seite 9

Ich habe noch einige neue E- Mails zu beantworten. Nancy schickte mir noch eine „Hass“- Mail. Das kennt man von ihr. Ich antworte ihr so freundlich, dass es schon wieder albern wirkt, aber das braucht sie manchmal.
Zwei neue Aufträge habe ich erhalten. Einmal soll ich ein Kinderbuch schreiben bzw. mit jemand zusammen eines erstellen. Im Anhang sind ein paar Bilder für das Buch. Ja, finde ich ganz niedlich. Ich soll erste Vorschläge binnen einer Woche schicken.
Der andere „Auftrag“ ist ein Manuskript von einer Schriftstellerkollegin. Wir bitten regelmäßig die Andere um Rat. Wir kommen sehr gut zurecht.
An einer Stelle scheint sie nicht weiter zu kommen. Ich überfliege ein paar Zeilen und beantworte ihr in Seelenruhe die E- Mail.

Ich schaue auf die Uhr. Es ist halb Vier. In der Wohnung ist nichts weiter zu tun. Ich bin von Natur aus ein sehr ordnungsliebender Mensch, ja fast ein Putzteufel, würde ich wagen zu behaupten. Als einzelne Person macht man ohnehin kaum Dreck. Vor allem nicht in so einem großen Haus.
Daher beschließe ich etwas zu tun, was ich schon lange vorhatte. Ich gehe auf den Dachboden.
Es ist staubig hier oben und nur durch zwei kleine Fenster dringt ein wenig Licht. Gut, dass ich ein paar Lappen und Mülltüten mitgenommen habe. Ich mache die Fenster sauber und schon dringt warmes Licht auf den alten Dachboden.
Viele Umzugkartons stehen hier, aber nichts hiervon gehört mir, sondern alles meiner verstorbenen Großtante. Ich sehe mich um und entdecke eine Kiste, die interessant aussieht. Doch als ich sie öffnen will, klemmt das Schloss. Na toll, ich will nicht noch einmal herunter, denke ich mir. Ich trete gegen die Truhe und siehe da, es macht klick und ich kann sie tatsächlich öffnen. Ein muffiger Geruch kommt mir entgegen. Ich sehe erst einmal nur alte Stofffetzen. Darunter finde ich ein Bild von meiner Großtante als sie wohl so in meinem Alter jetzt war. Das Bild wird etwa 50 Jahre alt sein, mindestens. Sie hat die Haare streng zurück gesteckt, lächelt aber freundlich und ganz ohne Falten, wie ich sie sonst immer kannte, in die Kamera. Sie sah gut aus. Neben ihr stehen meine Oma und noch ein Bruder von ihnen. Wo sie da sind, weiß ich nicht, aber ich lege das Bild behutsam in einen Müllsack, um es nachher besser nach unten transportieren zu können.
Ich wühle weiter, finde aber nichts von Wert.
2 Stunden später sind meine Lungen voller Staub, was mir mein keuchender Husten verdeutlicht. Ich sollte besser aufhören und ein anderes Mal aufhören.
Auf dem Dachboden fand ich noch einige Bilder, einen alten Plattenspieler, der in mein rustikales Arbeitszimmer sehr schön passen würde und ein großer Haufen alter Briefe, die sie von meiner Oma geschickt bekam. Bei Gelegenheit werde ich sie sicher mal lesen.

Im Flur klopfe ich mich ab, ich bin voller Staub. Es ist schon sieben Uhr und ich bekomme langsam ein wenig Panik, ob ich pünktlich fertig sein werde. Ich dusche mich erneut, frisiere meine Haare, aber so, dass es aussieht, als ob sie immer so fallen würden.
In meinem Kleiderschrank wühle ich nach einer hellen Jeans und einem T- Shirt, das mich etwas lässiger aussehen lässt.
Ich war gerade dabei, nach passenden Socken zu suchen als es an meiner Tür klingelt. Nun greife ich nach irgendwelchen und stolpere die Treppe hinunter zur Tür.
„Oh, welch tosender Empfang!“, sagt Andrew lachend. Ich werde etwas rot. „Komm rein, ich bin sofort fertig.“ Er wartet im Flur als ich noch meine sieben Sachen zusammen suche.
„Es kann losgehen!“ Wir steigen in seinen Jeep und die Reise geht los. Er hat mir noch immer nicht gesagt, wohin er mich entführt.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:46
Seite 10

Es würde noch etwa 2 Stunden hell sein, aber wir bleiben nicht in der Kleinstadt, in der wir leben, sondern mir war, als würden wir einmal bergaufwärts rundherum fahren. Auf der etwa zehnminütigen Fahrt lege ich meine Hand auf seinen Oberschenkel und da ich chronisch kalte Hände besitze, merke noch umso stärker seine Wärme und seine Energie, die durch seinen Körper fließt.
Wir hielten auf einem Berg. „Willst du mich nun hinunter stoßen?“, sagte ich mit ironischem Unterton und zwickte ihn in die Seite. Er lächelte mich nur süß an und verneinte, ging zu seinem Kofferraum, in dem man eine Kuh hätte unterbringen können und holte einen Korb und es erschien mir, dass das andere ein Zelt sein könnte.
Ich staune nicht schlecht wie er da so voll bepackt in Richtung Abhang geht. Brav gehe ich ihm hinterher, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Ich merke, wie mein Herz einen Sprung macht als ich merke, dass der Korb ein Picknickkorb ist.
Ich bin zwar nicht alt, aber Andrew lässt mich einfach wieder unbeschwert sein- wie ein Teenager.
Ich beobachte ihn, während er das Zelt auspackt und versucht, aufzubauen. Letztendlich helfe ich ihm doch, da es zu zweit schneller geht. Gut, das sei geschafft. Andrew klatscht sich in die Hände und macht sich dann an das Herrichten des Korbes. Er hat wirklich leckere Dinge eingepackt: 1 Flasche Wein, Baguette, Weintrauben und Erdbeeren, süße Aufstriche, einfach lecker.
Als er fertig ist, setzt er sich auf die Picknickdecke, klopft auf seine rechte, leere Seite und ich setze mich neben ihn. Erst jetzt fällt mir der tolle Blick auf das kleine Städtchen von uns hier auf. „Warte ab bis es dunkel ist, dann wird es noch schöner!“, flüstert er mir ins Ohr und sein warmer Atem kitzelt an meinem Ohr. Er nimmt mich in den Arm, drückt mich fest, aber doch sanft an sich. „Nun sage mir aber mal, was du dir nun gedacht hast. Willst du hier übernachten?“, frage ich ihn skeptisch. „Klar, wieso denn nicht? Ich dachte, dass ein neutraler Ort für uns beide auch mal was Schönes sein könnte.“ Ich löse mich ein wenig aus seinem Griff und sehe ihm in die Augen, ich grinse wieder frech. „Und mit wie vielen Frauen warst du schon an diesem Ort?“ Meine Brauen schnellen nach oben, ich bin auf seine Antwort gespannt, er druckst herum. „Naja, also…“ Lange Pause „Mit Zwei!“ „Wusste ich es doch!“, rufe ich laut und fange an zu lachen. „Von wegen ein neutraler Ort und so hast du sie dann alle bekommen?“, ich zwinkere ihm zu. „Ja.“, kurz und bündig. Es ist ihm sichtlich unangenehm, aber ich finde das nur noch süßer. So ist Andrew, er ist kein Aufreißer, er denkt sich nichts dabei, wenn er mit verschiedenen Frauen an den gleichen Ort fährt.
Ich schmiege mich wieder an ihn. So langsam wird es nun auch dunkel. Andrew holt noch ein paar Decken und Kissen für das Zelt.
Wir reden viel, streicheln unsere Arme und sehen in den Sternenhimmel und auf die beleuchtete Stadt. Ich bin kein Naturmensch, aber in dem Moment stimmt einfach alles.
Andrew erzählt mir von seiner Kindheit, dass sein Großvater schon den Farmerbetrieb besaß und dass es Andrew Traumjob sei, dass er einige Beziehungen hatte, die aber nie wirklich liefen. Sein erstes Mal hatte er in der Scheune seines Großvaters. Wir lachen viel miteinander und immer wieder küsst er mich so zärtlich, wie ich wohl noch nie geküsst wurde.

Mittlerweile ist es schon 2 Uhr morgens und wie beschließen, uns schlafen zu legen. Andrew räumt den Picknickkorb zusammen und verstaut ihn in seinem Jeep.
Im Zelt ist es relativ warm, die Decken sind ganz weich. Wir ziehen uns nach und nach aus, kuscheln uns aneinander, Andrew wirft die Decken über uns, ich spüre wieder seinen heißen Körper und kann mein Glück kaum fassen.
In dieser Nacht wirkt unser Zusammensein noch intimer, es ist noch intensiver als einfach „nur“ Sex zu haben. Ich schlafe mit einem wohligen Gefühl ein, Andrew schnaubt ein wenig beim Schlafen und es stört mich gar nicht.

Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:46
Seite 11

Der Morgen ist eher unromantisch. Ich habe zwar gut geschlafen, aber das Zelt ist offen und es weht kühle Luft hinein. Die Sonne scheint heute nicht. Entweder ist es noch total früh oder aber es wird ein unangenehmer Tag. Ich entscheide mich für Zweites. Ich wickele mir wie gewohnt eine Decke um den Körper.
Noch etwas schlaftrunken taumele ich aus dem Zelt. Andrew werkelt an seinem Jeep herum. „Guten Morgen.“, sage ich mit eingerosteter Stimme. Ich räuspere mich.
„Guten Morgen, meine Schöne, wir haben ein Problem.“ Tolle Begrüßung. Hätte er den zweiten Teil nicht erst einmal beiseite schieben können?
Der Jeep springt nicht an und Andrew findet keinen Grund dafür.
„Dann müssen wir wohl zu Fuß hinunter gehen.“, sagt er vorsichtig als er ob er Angst hätte, dass ich nun zur Furie werde. Ich quängel auch wenig herum und verziehe das Gesicht. Da kommt er auf mich zu, nimmt mich in den Arm und gibt mir wie gewohnt einen Kuss auf die Stirn. Er ist einen Kopf größer als ich und das mag ich. Ich sehe zu ihm auf und sehe ihn wie eine 5- Jährige an, die um einen Gefallen bittet. „Möchtest du etwas essen? Wir haben noch genug Baguette und so was.“ „Nein, danke.“, sage ich freundlich und will gerade wieder in Richtung Zelt gehen als Andrew mich am Arm festhält und mich nochmals an ihn heran zieht. „Sag mal, Megan, das soll ja jetzt nicht albern klingen oder so, aber wie denkst du über uns?“ Oh, die entscheidende Frage. „Über uns?“ – „Ja.“ – „Naja, ehm… wie soll ich darüber denken? Wir schlafen miteinander, du entführst mich zu einem romantischen Picknick… hmmm… machen das Freunde miteinander?“ Okay, noch einmal aus der Situation gerettet, ohne es genau auszusprechen. „Ich habe mich in die verliebt!“ Oh, oh, jetzt wird es ernst. Etwas panisch sehe ich ihn an. Ich lächel wieder schüchtern und weiche plötzlich seinem Blick aus. Das ist nicht gut, das ist nicht gut, denke ich mir.
Ich bin verrückt nach Andrew, habe ein Kribbeln im Bauch, wenn ich nur an ihn denke, das ist nicht nur mal so ein Techtelmechtel, aber es aussprechen? Das kann ich ja nicht einmal in meinen Gedanken. Andrew sieht mich erwartungsvoll an, ich reiße mich zusammen.
„Ich finde dich auch wundervoll.“, bringe ich nur hervor. Andrew schaut ein wenig irritiert, löst seinen Griff von mir und schaut mich prüfend an. Mir ist unwohl dabei.
„Hm, ich dachte, dass da auch mehr von deiner Seite ist.“, sagt er schließlich. Mein Herz zerspringt in tausende Stücke. Da stehen wir, ich in eine Decke eingehüllt, Andrew sexy wie immer, er gesteht mir seine Liebe und ich bringe nichts Besseres hervor als „Ich finde dich auch wundervoll“? Oh, das ist mir so peinlich. Ich trete kaum merklich auf einer Stelle herum. Andrew widmet sich wieder seinem Jeep zu. „Dann ziehe dich mal an, damit wir wieder herunter gehen können.“ Diese Kälte in seiner Stimme kenne ich gar nicht. Traurig gehe ich zum Zelt und packe meine Sachen zusammen.
Ich bin Schriftstellerin, auch Liebesgeschichten habe ich schon geschrieben und da gestehen sich ständig Menschen ihre Liebe und nun bekomme ich es in meiner eigenen Geschichte nicht auf die Reihe!? Ich binde meine braunen Haare zu einem sportlichen Zopf zusammen.
Andrew baut das Zelt diesmal allein ab, er will keine Hilfe. Ich fühle mich elend und könnte weinen.

Den Weg zu unserem Städtchen über reden wir kein Wort miteinander. Seine Nähe schmerzt plötzlich in meiner Herzgegend. Es ist, als ob mir jemand die Kehle zu schnürt. Mir wird irgendwie schlecht. Vielleicht kommt das auch vom Wein. Ich weiß es nicht.
Wir gehen und gehen und der Weg scheint ewig lang zu sein. Es ist kalt, aber ich traue mich nicht, etwas zu sagen.
Plötzlich bleibt Andrew abrupt stehen. Ich erschrecke mich und bleibe ebenfalls stehen, traue mich aber nicht etwas zu sagen. Hat er etwas vergessen? Fragend schaue ich ihn an. Er sieht nicht so aus als ob er etwas vergessen hatte. Er sieht mich böse an, sieht dann wieder weg. Ich sehe, wie er seine Fäuste zu Ballen formt. Ich bin skeptisch und merke, wie ich mich im Unterbewusstsein frage, ob ich nun rennen soll oder abwarte.
Elisa
20106 Beiträge
13.08.2008 20:47
Seite 11

Ich muss gar nicht lange warten als er ein paar Schritte auf mich zukommt. Automatisch gehe ich ein Stück zurück. „Weißt du was mich nervt?“, fragt er mich wütend und gleichzeitig entrüstet. Ich schüttele nur den Kopf und sehe auf meine Füße als ob mich mein Vater ausschimpfen würde. „Es nervt mich, dass ihr Frauen nie wisst, was ihr wollt!“ Nun sehe ich ihn doch an und muss fast schmunzeln, daher schaue ich wieder schnell an mir herab. „Ich versuche wirklich alles, damit du dich bei mir wohl fühlst, dass du verrückt nach mir wirst. Ich möchte doch nur mit dir zusammen sein. Ganz offiziell. Ich werde dir nicht die Bude einrennen, ich werde nicht sofort bei dir einziehen, dir einen Antrag machen und eine Fußballmannschaft planen. Ich will einfach nur DER Andrew für dich sein, denn du bist DIE Frau für mich, das fühle ich doch!“
Seine Worte verschlagen mir die Sprache. Ich sehe zu ihm auf. Andrew sieht noch immer wütend aus, aber irgendwie auch verzweifelt. Wir sehen uns direkt in die Augen und vermutlich merkt er, wie sanft ich ihn ansehe, denn sein Blick wird ruhiger, sein ganzer Körper scheint sich zu entspannen. Wir sind etwa 2 Meter auseinander, doch ich kann seinen Atem spüren. Ein paar Minuten stehen wir uns schweigend gegenüber.
Jetzt muss ich das einfach tun!
Ich gehe auf ihn zu, lege meine Arme auf seine Schultern und küsse ihn. Er nimmt mich in den Arm und ich meine Lippen berühren sein Ohr. Ich flüstere „Ich Liebe Dich.“ Und Andrew drückt mich noch einmal fester an sich. Vielleicht hätte ich es schon immer flüstern sollen, denke ich mir.
Den Rest des Weges bestreiten wir händchenhaltend und mit einem Lächeln auf den Lippen.
Er bringt mich bis zu meinem Haus. Dort verabschieden wir uns voneinander mit einem leidenschaftlichen Kuss. Da ich auf der Treppe stehe, bin nun ich einen Kopf größer als er.
„Ich rufe dich heute Abend an, wenn es okay ist, ja?“ Ich nicke und er verschwindet. Nun hat er noch die Aufgabe, seinen Jeep vom Berg zu holen. Ein bisschen Schadenfreude macht sich in mir breit.
Wie jeden Tag checke ich meine E- Mails. Nichts Besonderes.
Für den heutigen Mittag beschließe ich, ein wenig zu putzen, mein oberer Flur sieht dank dem Staub vom Dachboden gestern wirklich extrem super aus.
Danach dusche ich und dann mache ich mir etwas Leckeres zu Essen und mache es mir vor dem Fernseher im Bett gemütlich. Das Wetter draußen ist diesig und lädt zu einem Fernsehabend ein.

Gesagt, getan. Es ist abends und ich warte so langsam auf den Anruf von Andrew. Da es gerade total langweilig ist, werden Minuten zu Stunden. Ich schalte den Fernseher ab und kontrolliere mein Telefon plus Kabel: Alles okay.
Das Geschirr in der Küche wasche und trockne ich ab. Kein Anruf.
Den Kühlschrank mache ich auf und zu. Kein Anruf.
Soll ich ihn vielleicht anrufen? Ja, es ist schon neun Uhr. Ich gehe in den Flur und wähle seine Nummer, die ich mittlerweile schon eingespeichert habe, doch es ertönt kein Freizeichen, sondern es ist besetzt. Mit wem telefoniert er denn? Naja, ich werde es überleben, denke ich mir. Klar bin ich enttäuscht und ich bin auch schon müde. Wenn er sich doch noch melden sollte, dann höre ich auch das Klingeln aus dem Schlafzimmer. Also gehe ich nach oben, kuschel mich in meine dicke Decke ein und schlafe wohl auch sehr schnell ein.
Kurz noch an Andrew gedacht, ja, ihm wird es schon gut gehen. In dem Städtchen hier würde man es ja merken, wenn etwas schief laufen würde.
Und schon bin ich eingeschlafen.
Elisa
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13.08.2008 20:58
*schubs*
Elisa
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13.08.2008 22:07
Seite 13

Auch am nächsten Nachmittag höre ich nichts von Andrew. Das Besetztzeichen ist zwar nicht mehr da, aber mittlerweile sorge ich mich schon. Heute früh war ich noch sauer, aber jetzt…
Ich beschließe, zu Andrew zu fahren. Irgendwas stimmt doch da nicht.
So steige ich in meinen alten Käfer und fahre zum anderen Ende der Stadt, wo die Farm steht. Das Wetter ist nun regnerisch, die Sonne versteckt sich hinter den Wolken.
Im Flur seines Hauses brennt Licht, also muss dort doch jemand sein, oder?
Ich steige aus dem Wagen und klopfe ein paar Mal gegen die Haustür. Nichts passiert. „Andrew!“, rufe ich laut und hämmere dabei gegen die Tür. „Bist du da? Ich wollte nur sehen, ob alles okay bei dir ist.“ Keine Regung. Also ich gehe ich einmal um das Haus herum und rüber zu den Ställen. Die Stallburschen sagen mir, dass Andrew eigentlich im Haus sein sollte. Einer verplappert sich anscheinend, denn als mir der Dickere von beiden erzählt, dass er anscheinend Besuch habe, stößt ihn der andere in die Seite.
„Danke für die Auskunft, Jungs.“ Geladen gehe ich zurück zum Haus. Noch einmal hämmere ich mit voller Wucht gegen die Tür. Ich stolpere fast als sie sich öffnet. Vor mir steht Andrew in einer Kochschürze. Dieses Bild sieht wirklich witzig aus. Er scheint durch den Wind zu sein und lächelt nicht einmal als er mich sieht
„Ach, leben wir auch noch?“, sage ich in einem schnippischen Ton und bereue es auch sofort wieder. „Du, ehm, Megan, ich habe gerade echt irre viel zu tun und…“ – „Du brauchst mir nichts erzählen“, unterbreche ich ihn, „Ich weiß, dass du Besuch hast, aber wieso sagst du mir dann nicht Bescheid? Ich habe mir Sorgen gemacht!“
Ich sehe ihm deutlich an, dass es ihm Leid tut. „Hör mal, ich bin dir nicht böse, aber du hattest versprochen, mich anzurufen und dann saß ich da und wartete. Um neun Uhr rief ich dich dann auch mal an, aber es war besetzt. Okay, dachte ich mir, ist ja nicht weiter schlimm, aber als du dann auch am Morgen nicht einmal auf meinem AB sprechen konntest, das fand ich schon scheiße von dir. Und nun habe ich mir aber Sorgen gemacht, dass es dir nicht gut geht.“ Stille. Absolute Stille. Plötzlich scheppert es laut, vermutlich ist irgendein Topf oder so was herunter gefallen. „Na du hast ja komischen Besuch.“, sage ich und hoffe auf eine Antwort von ihm, nichts. „Du, Megan, ich rufe dich wirklich bald an, aber jetzt gerade habe ich wirklich keine Zeit.“ Ohne auf eine Reaktion von mir zu warten, schließt er die Tür.
Na super, was war das denn? Ich bin völlig vor den Kopf gestoßen. Ich stehe noch immer mit dem Gesicht zu seiner fein grün gestrichenen Tür. Meine Kopfschmerzen kommen wieder. Im Haus selbst scheint es wieder still zu sein. Ich fahre kampflos nach Hause und ärgere mich, dass ich nicht energischer war. Ich male mir aus, was ich noch zu ihm hätte sagen können. Ich hätte auch einfach mich hinein schieben können. Hat er mich vielleicht doch nur belogen? Habe ich mich so in ihm getäuscht? Ich muss mich zusammen reißen, um mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Zwar ist hier nicht viel los, aber ich kann ja nicht einfach sonst wie fahren. Es fällt mir schwer. Habe ich vielleicht doch noch etwas falsch gemacht? Bin ich ihm vielleicht zu hässlich? Kurzer Blick in den Rückspiegel. Nein, ich sehe gut aus, finde ich.

Unfallfrei komme ich bei mir an. Der Wind pfeift durch die Bäume und Sträucher, die auf dem Grundstück stehen. Es ist noch immer unangenehm hier draußen. Jetzt brauche ich erst einmal ein heißes Bad. Ich kann das alles noch gar nicht glauben, daher weine ich auch nicht. Lieber Gott im Himmel, was wird hier bloß für ein Spielchen mit mir gespielt? Ich sehe in den Himmel, ja, genauso fühle ich mich, so wie es da oben aussieht. Schwarze, dicke Wolken, die die warme Sonne verstecken. Ein Lichtstrahl, ein warmer Lichtstrahl. Das würde mir nun gut tun, aber zum Glück hat der Mensch Badewannen erfunden.
Im Haus ist es mollig warm, ich lasse das Badewasser ein, stecke mein Haar hoch und lege mich in die Wanne. Herrlich, einfach nur herrlich, aber abschalten kann ich nicht. „Andrew, was machst du mit mir?“, sage ich in den Raum hinein. Ich hole tief Luft, halte mir die Nase zu und tauche unter. Ich hasse nasse Haare auf meiner Haut, aber nun brauche ich ganz viel Wärme und Stille.
Elisa
20106 Beiträge
14.08.2008 09:58
Seite 14

Die ganze Woche über war es sehr ruhig bei mir. Ich hatte ein wenig geschrieben, um wieder mehr Geld in der Kasse zu haben. Hoffentlich nehmen sie auch meine Vorschläge für das Kinderbuch an. Zufrieden bin ich nicht damit, was ich geschrieben habe, aber etwas Besseres bringe ich nun einfach nicht zu Stande.
Von Andrew kam noch immer kein Lebenszeichen. Nur einmal eine SMS am Mittwoch. Wir haben mittlerweile aber schon Sonntagnachmittag. In der SMS stand nur kurz, dass es ihm gut ginge und er mir bald alles erklären würde. Er liebt mich. Die Woche war wirklich der Horror.
Ich bin so sauer auf Andrew! Und zwar so sauer, dass ich das Gartenstück meiner Großtante hinter dem Haus komplett neu gestaltet habe. Dafür habe ich knapp 3 Tage gebraucht.
Am Freitag bekam ich dann eine neue E- Mail von Lynn. Das haute mich dann auch noch einmal vom Hocker. Sie schrieb nur noch von der Hochzeit und ihrer Schwangerschaft. Natürlich weiß sie von meinem Erlebnis, aber ich kann ja auch nicht verlangen, dass sie deswegen den Mund hält. Ich sage auch nicht, dass sie es mit Absicht macht. Sie weiß es einfach nicht besser. John rief sie damals an, nicht ich. Ich meldete mich erst etwa 6 Monate später. Und da sagte ich, dass es mir wieder super ginge.
Also woher soll sie es besser wissen?

Aus dem Supermarkt besorgte ich mir eine Kiste Wein, billiges Zeug, aber es schmeckt. In dieser Woche habe ich 3 kg abgenommen, weil ich mich fast nur von Flüssignahrung ernähre. Die Gardinen sind hier unten ständig zu, da ich die Sonnenstrahlen einfach nicht ertragen kann. Mir geht es elend und ich versinke in Selbstmitleid. Den ganzen Tag liege ich entweder im Bett oder unten auf der Couch bei meinem Zwerg.
Das wäre so schön, wenn du hier wärst, mein Zwerg. Vielleicht würdest du mich jetzt in den Arm nehmen und mir sagen, dass ich nicht weinen soll. Dann würde ich mir die Tränen wegwischen, dich anlächeln und uns beiden eine große Tasse Kakao machen oder im Garten mit dir spielen, damit es wenigstens dir gut geht. Vielleicht hätten wir zusammen etwas gekocht. Ob du wohl eher nach John gekommen wärst oder doch nach mir? Vielleicht auch eine interessante Mischung.
Tränen steigen mir wieder in die Augen, es sticht in meiner Nase. Das Bild von meinem Zwerg stelle ich auf den Kaminsims. „Gute Nacht mein Zwerg.“, sage ich leise und gehe in mein Schlafzimmer, um komplett in meiner Trauer zu versinken.

Ich schrecke auf. Draußen hämmert jemand gegen meine Tür. Es ist stockduster, also mitten in der Nacht. Mir ist gar nicht wohl dabei. Erst recht nicht, als ich sehe, dass es kurz nach halb drei Uhr morgens ist. Was mache ich denn jetzt?
Ich beschließe, mir meinen Bademantel anzuziehen und einmal kurz aus dem Fenster hinaus zu sehen. Das Hämmern wird immer extremer und ich fürchte, dass die Tür bald von allein aufspringt. In der Dunkelheit kann ich kaum etwas sehen. Nur das Licht von meiner Terrasse gibt mir etwas mehr Sicht und ich sehe... Andrews Wagen!
„Was?“, sage ich laut. Wie von einer Hummel gestochen, laufe ich herunter, die Stufen knarren und da sehe ich ihn auch schon. Wo ist denn der verdammte Schlüssel? Von draußen höre ich ihn, dass ich schneller machen soll.
Da ist der verdammte Schlüssel. Wieso muss das jetzt so dunkel hier sein?
Die Tür springt auf und Andrew stürmt herein mit einem Kind auf dem Arm. Ich kann gar nichts sagen, da Andrew sofort los redet. „Du hast doch mal einen Erste- Hilfe- Kurs gemacht. Ich brauche deine Hilfe, sie bekommt keine Luft mehr. Hat wohl was verschluckt!“ - „Ja aber…“ – „Nein nichts aber, hilf mir!!!“ Wir bringen sie zum Küchentisch. Die Kleine sieht gar nicht gut aus. Das nächste Krankenhaus ist etwa 11/2 Stunden von hier entfernt. „Pack sie an den Beinen.“ Andrew tut, was ich ihm sage. „Ja und jetzt soll sie kopfüber baumeln, vielleicht kommt es dann raus.“ Er schüttelt sie ein wenig, aber mir zu zaghaft. Ich nehme ihm das Mädchen ab. Sie hängt noch immer kopfüber. Nun drücke ich ein paar Mal auf ihren Brustkorb.
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