Wie oft lobt ihr eure Kinder/Teenies?
02.08.2020 08:23
Zitat von LittleTiger:
Zitat von YellowBird:
Zitat von LittleTiger:
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass man Kinder nicht loben soll, hab ich auch schon öfter gelesen.
Aber ganz ehrlich - diese "Ersatzsätze", die da immer vorgeschlagen werden, wirken auf mich so unnatürlich, so gestelzt, ich kriege das nicht hin. Und ich habe beschlossen, dass das okay ist. Wenn ich vor Stolz platze, weil mein Kind was tolles gemacht hat, dann sage ihm das, ganz authentisch, so wie ich es in dem Moment fühle. Genauso sage ich meinem Mann, wenn sein gekochtes Essen super schmeckt und wenn er in seinem neuen Hemd schick aussieht. Freuen wir uns nicht alle über ein aufrichtiges Kompliment? Ich will im Umgang mit meinem Kind authentisch sein und es käme mir persönlich nicht richtig vor, mich bei meinen Gefühlsäußerungen zurückzuhalten um zu vermeiden, dass mein Kind womöglich nur etwas tut um mir gefallen zu wollen. Das wirkt auf mich nämlich ebenfalls wie Konditionierung, nur eben in die andere Richtung.
Keine Ahnung ob man versteht was ich meine.
Ich weiß, was du meinstaber ich glaube, das ist eine Frage der Gewöhnung. Die meisten von uns sind vermutlich stark daran gewöhnt, stets und ständig bewertet zu werden. Ob das so gut ist? Ich glaube, das macht uns unnötig abhängig von der Meinung anderer. Wie viele Menschen wünschen sich, sie würden weniger Wert auf die Meinung anderer legen?
Natürlich qualitativ kein Vergleich, aber als es noch üblich war, Kinder zu schlagen, fühlte sich Reden sicher auch nicht authentisch an. Man musste erst lernen, dass es auch anders geht.
Natürlich will ich loben und schlagen nicht vergleichenIch meine damit nur den Prozess einer Ungewöhnung, der sich anfangs vermutlich häufig erstmal seltsam anfühlt.
Nach wenigen Wochen war diese Art der Kommunikation für mich völlig normal und fühlt sich noch heute für mich auch absolut vertraut und genau richtig an![]()
Ich verurteile natürlich auch niemanden, der sein Kind lobt. Es ist ja liebevoll und zugewandt gemeint. Aber meiner Ansicht nach gibt es für Menschen, die sich viele Gedanken machen, auch andere Wege, wenn man sich das für sich vorstellen kann.
Ich verstehe auch absolut deine Motivation dahinter. Aber ich frage mich ob dieser Ansatz außerhalb der experimentellen Umgebung funktioniert. Dein Sohn wächst ja nicht in einer Käseglocke auf, in der er nie einem Lob begegnet. Meinst du nicht, dass ihm irgendwann auffällt, dass die anderen Kinder auf dem Spielplatz / in der Schule gelobt werden?
Es gibt auch in unserer Generation zahlreiche Menschen, die als Kinder nie ein Lob gehört haben (nicht wegen AP) und die sind darüber meiner Erfahrung nach nicht froh. Im Gegenteil, sie verzehren sich geradezu nach Lob. Natürlich ist deren Aufwachsen insgesamt nicht vergleichbar mit AP. Aber mich würden da einfach Langzeitstudien interessieren, bei denen einzelne Kinder nicht gelobt werden, aber sehr wohl mitbekommen, wie andere Kinder Lob erhalten.
Aber muss ich meine Tochter für das 100. gemalte Baumbild loben? Wenn sie zum 100. auf einem Bein springt?
Es geht ja auch nicht darum, sein Kind zu ignorieren. Man kann ihm auch anders Aufmerksamkeit schenken bzw. ihm zeigen, dass man es sieht.
Mir hat es sich z.B. widerstrebt sie zu loben, als sie aufs Klo gegangen ist. Ich fand ein: 'Ooooh wie super. Du hast pipi in die Toilette gemacht. Prima klasse.' Irgendwie deplatziert. Ich habe mich dennoch sichtlich mit ihr gefreut und das auch so kommuniziert. Anhand ihrer Reaktion habe ich gemerkt, dass das vollkommen ausreichend war.
02.08.2020 08:28
Ich denke,dass die wenigsten Eltern ne Welle machen,wenn das Kind eine Selbstverständlichkeit erledigt hat(dem Alter entsprechend).Wenn mein großer Sohn sich anzieht bekommt er natürlich kein Lob,wenn die Lütte(grade 4)sich komplett alleine anzieht,dann sag ich schon,dass das prima ist.
Wenn mein Großer für seine Geschwister kocht,weil sie es sich wünschen,bedanke ich mich und lobe ihn,weil er sich so toll um die Wünsche der Kleinen kümmert.Tut keinem weh.
Wenn mein Großer für seine Geschwister kocht,weil sie es sich wünschen,bedanke ich mich und lobe ihn,weil er sich so toll um die Wünsche der Kleinen kümmert.Tut keinem weh.
02.08.2020 08:28
Zitat von juuLes:ich glaube, da habe ich bei allen dasselbe gejubelt: Eeeendlich
Zitat von LittleTiger:
Zitat von YellowBird:
Zitat von LittleTiger:
...
Ich weiß, was du meinstaber ich glaube, das ist eine Frage der Gewöhnung. Die meisten von uns sind vermutlich stark daran gewöhnt, stets und ständig bewertet zu werden. Ob das so gut ist? Ich glaube, das macht uns unnötig abhängig von der Meinung anderer. Wie viele Menschen wünschen sich, sie würden weniger Wert auf die Meinung anderer legen?
Natürlich qualitativ kein Vergleich, aber als es noch üblich war, Kinder zu schlagen, fühlte sich Reden sicher auch nicht authentisch an. Man musste erst lernen, dass es auch anders geht.
Natürlich will ich loben und schlagen nicht vergleichenIch meine damit nur den Prozess einer Ungewöhnung, der sich anfangs vermutlich häufig erstmal seltsam anfühlt.
Nach wenigen Wochen war diese Art der Kommunikation für mich völlig normal und fühlt sich noch heute für mich auch absolut vertraut und genau richtig an![]()
Ich verurteile natürlich auch niemanden, der sein Kind lobt. Es ist ja liebevoll und zugewandt gemeint. Aber meiner Ansicht nach gibt es für Menschen, die sich viele Gedanken machen, auch andere Wege, wenn man sich das für sich vorstellen kann.
Ich verstehe auch absolut deine Motivation dahinter. Aber ich frage mich ob dieser Ansatz außerhalb der experimentellen Umgebung funktioniert. Dein Sohn wächst ja nicht in einer Käseglocke auf, in der er nie einem Lob begegnet. Meinst du nicht, dass ihm irgendwann auffällt, dass die anderen Kinder auf dem Spielplatz / in der Schule gelobt werden?
Es gibt auch in unserer Generation zahlreiche Menschen, die als Kinder nie ein Lob gehört haben (nicht wegen AP) und die sind darüber meiner Erfahrung nach nicht froh. Im Gegenteil, sie verzehren sich geradezu nach Lob. Natürlich ist deren Aufwachsen insgesamt nicht vergleichbar mit AP. Aber mich würden da einfach Langzeitstudien interessieren, bei denen einzelne Kinder nicht gelobt werden, aber sehr wohl mitbekommen, wie andere Kinder Lob erhalten.
Aber muss ich meine Tochter für das 100. gemalte Baumbild loben? Wenn sie zum 100. auf einem Bein springt?
Es geht ja auch nicht darum, sein Kind zu ignorieren. Man kann ihm auch anders Aufmerksamkeit schenken bzw. ihm zeigen, dass man es sieht.
Mir hat es sich z.B. widerstrebt sie zu loben, als sie aufs Klo gegangen ist. Ich fand ein: 'Ooooh wie super. Du hast pipi in die Toilette gemacht. Prima klasse.' Irgendwie deplatziert. Ich habe mich dennoch sichtlich mit ihr gefreut und das auch so kommuniziert. Anhand ihrer Reaktion habe ich gemerkt, dass das vollkommen ausreichend war.
siehst du, es klappt
Ich bin ja auch gegen dieses übertriebene Loben für jeden Pups, aber manchmal muss ich einfach sagen, wie super sie was gemacht haben und wie stolz ich gerade bin
02.08.2020 08:30
Zitat von DieW:
Ich denke,dass die wenigsten Eltern ne Welle machen,wenn das Kind eine Selbstverständlichkeit erledigt hat(dem Alter entsprechend).Wenn mein großer Sohn sich anzieht bekommt er natürlich kein Lob,wenn die Lütte(grade 4)sich komplett alleine anzieht,dann sag ich schon,dass das prima ist.
Wenn mein Großer für seine Geschwister kocht,weil sie es sich wünschen,bedanke ich mich und lobe ihn,weil er sich so toll um die Wünsche der Kleinen kümmert.Tut keinem weh.
02.08.2020 08:37
Ich mag es zum Beispiel auch sehr, wenn jemand mein Essen lobt. Allerdings bin ich nicht abhängig von dem Lob und koche nur noch deswegen. Aber freuen tut es mich schon
02.08.2020 08:49
Zitat von Christen:
Ich mag es zum Beispiel auch sehr, wenn jemand mein Essen lobt. Allerdings bin ich nicht abhängig von dem Lob und koche nur noch deswegen. Aber freuen tut es mich schon![]()
Ersetzen wir Lob doch einfach mal durch verbale Wertschätzung.
02.08.2020 08:52
Zitat von nilou:
Zitat von Christen:
Ich mag es zum Beispiel auch sehr, wenn jemand mein Essen lobt. Allerdings bin ich nicht abhängig von dem Lob und koche nur noch deswegen. Aber freuen tut es mich schon![]()
Ersetzen wir Lob doch einfach mal durch verbale Wertschätzung.![]()
02.08.2020 08:56
Zitat von Christen:
Ich mag es zum Beispiel auch sehr, wenn jemand mein Essen lobt. Allerdings bin ich nicht abhängig von dem Lob und koche nur noch deswegen. Aber freuen tut es mich schon![]()
Ebenso. Man freut sich!
Wenn nun meine Familie allerdings bei nem Spiegelei in Jubelschreie ausbrechen würde,käme ich mur verkohlt vor .
Es kommt auf die Situation,die Handlung und die angemesse Reaktion an.
Oh Essen-ich müsste wohl mal langsam starten...Mittag und so.
02.08.2020 09:02
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten: Die nicht gelobten Kinder haben versucht sich immer weiter zu steigern, immer besser zu werden, um endlich ihren Elter zu gefallen, aber Lob erhalten sie nie.
Ganz ehrlich: Das ist einfach traurig und ich will mir gar nicht die Langzeitschäden von sowas ausmalen. Wertschätzung? Klingt in meinen Ohren wie: Hat sich stets bemüht.
Meine Kinder erhalten Lob, wenn sie etwas gut gemacht haben. Falsches Lob wird von den Kindern auch als solches erkannt und ist Kontraproduktiv.
Dann sollen sie halt ihre Leistung nicht weiter steigern und für immer 12 Teile Puzzle zusammenfriemeln, Hauptsache sie fühlen, dass ich stolz bin.
02.08.2020 09:31
Zitat von Earl2017:
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten: Die nicht gelobten Kinder haben versucht sich immer weiter zu steigern, immer besser zu werden, um endlich ihren Elter zu gefallen, aber Lob erhalten sie nie.
Ganz ehrlich: Das ist einfach traurig und ich will mir gar nicht die Langzeitschäden von sowas ausmalen. Wertschätzung? Klingt in meinen Ohren wie: Hat sich stets bemüht.
Meine Kinder erhalten Lob, wenn sie etwas gut gemacht haben. Falsches Lob wird von den Kindern auch als solches erkannt und ist Kontraproduktiv.
Dann sollen sie halt ihre Leistung nicht weiter steigern und für immer 12 Teile Puzzle zusammenfriemeln, Hauptsache sie fühlen, dass ich stolz bin.
@Earl, LittleTiger: Ich finde eure Gedanken dazu sehr wertvoll und habe mir diese Gedanken auch schon gemacht.
@LittleTiger: "Ich verstehe auch absolut deine Motivation dahinter. Aber ich frage mich ob dieser Ansatz außerhalb der experimentellen Umgebung funktioniert. Dein Sohn wächst ja nicht in einer Käseglocke auf, in der er nie einem Lob begegnet. Meinst du nicht, dass ihm irgendwann auffällt, dass die anderen Kinder auf dem Spielplatz / in der Schule gelobt werden?"
Das stimmt. Mein Kind ist auch in der Kita und ich habe mich tatsächlich gefragt, ob er dann das Gefühl haben könnte, zu kurz zu kommen. Bisher habe ich den Eindruck nicht. Aber er bekommt eben meiner Ansicht nach, das was er sich wünscht: Aufmerksamkeit.
Meine ganz persönliche Interpretation ist, dass kleine Kinder erstmal eine enorm hohe intrinsische Motivation haben, sich zu entwickeln. Sie haben meiner Ansicht nach gar nicht den Anspruch, dass man sie mit Worten lobt, sondern indirekt damit, dass man ihnen Dinge zutraut. Ich versuche, meinem Kind statt "Toll" zu sagen, mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten zuzugestehen (natürlich schließt sich das nicht gegenseitig aus, man kann auch beides machen). Das bedeutet auch, dass ich (außer in lebensgefährlichen Situationen wie im Straßenverkehr, am Wasser o. Ä) fast nie sage: "Nicht! Das kannst du noch nicht!" Oder "Nicht so hoch, du könntest runterfallen." Ich sage auch nicht: "Komm, mach mal! Du kannst das! Versuch's doch mal!". Stattdessen lasse ich ihn machen, begleite ihn, freue mich mit ihm, wenn er sich freut usw.
Ich glaube, dass die tatsächliche Bewertung dann überflüssig wird. Ich habe da noch ein anderes Beispiel aus einer Zeit, in der Benjamin gerade erst 1 wurde. Er baute lauter Türme. Ich habe ihn lange dabei beobachtet, ohne etwas Bewertendes zu sagen, und festgestellt, dass er sich manchmal über seinen dritten gesetzten Stein total freute, manchmal über den fünften. Aber es war nicht so, dass er sich mehr freute, je höher der Turm wurde. Er genoss einfach das Draufsetzen, was anscheinend manchmal einfacher und manchmal schwerer war. Wenn der Turm umfiel, freute er sich, lachte laut auf und begann von vorn. Das ging viele Wochen so. Er hat Turmbauen geliebt.
Ich habe schon damals vom Loben Abstand genommen und mich dort häufig gefragt, ob er auch so einen Spaß daran hätte, wenn ich sein Tun bewerten würde, z. B. mit "Ooooh, so ein großer Turm!" "Der ist aber toll / hübsch / groß / ...". Ich glaube, es hätte ihn in seinem Tun vielleicht gestört, weil er nicht mehr sein eigenes Ziel verfolgt hätte, sondern meins.
Das ist natürlich reichlich gewagt interpretiert. Ihr habt auch Recht damit, dass man nicht alles analyiseren muss. Das ist meine ganz persönliche Eigenart. Aber Kinder einfach mal bewertungsfrei machen zu lassen, kann sehr interessante Früchte tragen. Und ich glaube, häufig bessere als wir erwarten. Irgendwie scheinen viele Eltern oder Erwachsene im Allgemeinen den Anspruch zu haben, ihren Kindern selbst beim Spielen einen richtigen Weg oder ein bestimmtes Ziel zeigen zu wollen. Und das passiert auch stark durch Lob.
" Es gibt auch in unserer Generation zahlreiche Menschen, die als Kinder nie ein Lob gehört haben (nicht wegen AP) und die sind darüber meiner Erfahrung nach nicht froh . Im Gegenteil, sie verzehren sich geradezu nach Lob. Natürlich ist deren Aufwachsen insgesamt nicht vergleichbar mit AP. Aber mich würden da einfach Langzeitstudien interessieren, bei denen einzelne Kinder nicht gelobt werden, aber sehr wohl mitbekommen, wie andere Kinder Lob erhalten."
Sie verzehren sich vermutlich vor allem nach positiver Aufmerksamkeit. Jedes Kind, jeder Mensch will GESEHEN werden. Jeder möchte wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Ich schätze, dass viele der ungelobten Kinder auch Kinder sind, die generell wenig Aufmerksamkeit bekommen haben. Das ist in meinen Augen etwas wirklich komplett anderes als das, was ich beschrieben habe.
Und wie ganz am Anfang mal geschrieben: Wenn mein Kind mich fragt, wie ich etwas finde, dann antworte ich auch gern und bewerte. Wenn mein Kind aber gar keine Bewertung einfordert, dann dränge ich sie ihm nicht auf.
02.08.2020 09:39
Zitat von Earl2017:
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten: Die nicht gelobten Kinder haben versucht sich immer weiter zu steigern, immer besser zu werden, um endlich ihren Elter zu gefallen, aber Lob erhalten sie nie.
Ganz ehrlich: Das ist einfach traurig und ich will mir gar nicht die Langzeitschäden von sowas ausmalen. Wertschätzung? Klingt in meinen Ohren wie: Hat sich stets bemüht.
Meine Kinder erhalten Lob, wenn sie etwas gut gemacht haben. Falsches Lob wird von den Kindern auch als solches erkannt und ist Kontraproduktiv.
Dann sollen sie halt ihre Leistung nicht weiter steigern und für immer 12 Teile Puzzle zusammenfriemeln, Hauptsache sie fühlen, dass ich stolz bin.
Ohne jetzt grundsätzlich in die Diskussion einsteigen zu wollen - was ist denn an: „diesmal bist du aber noch höher in den Baum geklettert als beim letzten Mal! Wow!!!“ nicht liebevoll oder freundlich genug? Es geht nur darum, das Kind nicht zu loben für etwas was es ist, sondern das Wesen des Kindes von der Handlung zu lösen. Gestern habe ich zu meiner Tochter gesagt: „Wahnsinn, danke, dass du das gemacht hast! Ich hätte das ohne dich nicht geschafft!“ und sie war so stolz auf sich. Ich hätte auch sagen können: „Wow, wie toll! Ganz klasse, danke!“ aber das ist ja gar nicht nötig. Es geht doch mitnichten darum, kühle und distanzierte Situationsbeschreibungen abzuliefern.
(Ich lobe übrigens auch, aus dem Bauch, aber ich verstehe, was yellow meint und finde den Grundgedanken richtig)
02.08.2020 10:05
Zitat von Mauselle:
Zitat von Earl2017:
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten: Die nicht gelobten Kinder haben versucht sich immer weiter zu steigern, immer besser zu werden, um endlich ihren Elter zu gefallen, aber Lob erhalten sie nie.
Ganz ehrlich: Das ist einfach traurig und ich will mir gar nicht die Langzeitschäden von sowas ausmalen. Wertschätzung? Klingt in meinen Ohren wie: Hat sich stets bemüht.
Meine Kinder erhalten Lob, wenn sie etwas gut gemacht haben. Falsches Lob wird von den Kindern auch als solches erkannt und ist Kontraproduktiv.
Dann sollen sie halt ihre Leistung nicht weiter steigern und für immer 12 Teile Puzzle zusammenfriemeln, Hauptsache sie fühlen, dass ich stolz bin.
Ohne jetzt grundsätzlich in die Diskussion einsteigen zu wollen - was ist denn an: „diesmal bist du aber noch höher in den Baum geklettert als beim letzten Mal! Wow!!!“ nicht liebevoll oder freundlich genug? Es geht nur darum, das Kind nicht zu loben für etwas was es ist, sondern das Wesen des Kindes von der Handlung zu lösen. Gestern habe ich zu meiner Tochter gesagt: „Wahnsinn, danke, dass du das gemacht hast! Ich hätte das ohne dich nicht geschafft!“ und sie war so stolz auf sich. Ich hätte auch sagen können: „Wow, wie toll! Ganz klasse, danke!“ aber das ist ja gar nicht nötig. Es geht doch mitnichten darum, kühle und distanzierte Situationsbeschreibungen abzuliefern.
(Ich lobe übrigens auch, aus dem Bauch, aber ich verstehe, was yellow meint und finde den Grundgedanken richtig)
Ich hab ja nicht in Frage gestellt, dass Wertschätzung nicht liebevoll oder freundlich wär.
Und ich bin auch der Meinung, das Lob nicht immer "angebracht" bzw. passend ist. Hilft mir ein Kind bspw. beim aufräumen, dann bedanke ich mich lediglich und schiebe nicht hinterher wie schön es die Tassen im Schrank gestapelt hat.
Aber wenn mir eines meiner Kinder ganz stolz ein Bild zeigt, dann sage ich nicht. "Wow, der Baum hat ja diesmal richtige Blätter, das hat bestimmt lange gedauert zu malen!" Sondern "Wow, das Bild hast du echt toll gemalt, die Blätter sind voll schön geworden, komm wir hängen das an den Kühlschrank!".
Die Sache mit der Wertschätzung sehe ich zusätzlich noch kritisch, da das Kind außerhalb der Eltern Lob erfahren wird. Bspw. von Großeltern, Erziehern, Lehrern oder gar Fremden. Wie oft meine Kinder schon von Fremden für irgendwas gelobt wurden... und was sieht das Kind? Sogar Fremde loben mich... nur meine Eltern sehen es nicht.
Wie gesagt, ich möchte meine Kinder nicht zu immer größeren Leistungen anspornen indem ich ihnen Lob vorenthalte, sondern ihnen eine sichere Basis geben. Worst Case wäre, wenn das Kind sich nicht geliebt fühlt, weil ich ihm Lob "vorenthalte". Ich lese gerade Gary Chapmans "Die 5 Sprachen der Liebe für Kinder" und es gibt auch Kinder für die ist Lob eine Muttersprache der Liebe. Aber, ich habs noch nicht durchgelesen, vielleicht erwähnt der Autor irgendwann, dass Wertschätzung ein Ersatz für Lob ist.
02.08.2020 10:33
Zitat von Earl2017:
Zitat von Mauselle:
Zitat von Earl2017:
Zitat von YellowBird:
Ich vermeide Lob fast vollständig. Das klingt jetzt als wäre ich eine gefühlskalte Mama, die kein Interesse am Kind hat, aber das Gegenteil ist mein Ziel.
Erstmal finde ich es wichtig, Lob und "Ich habe dich lieb" zu unterscheiden. "Ich habe dich lieb." ist eine Darstellung meiner Beziehung zu meinem Kind, die unabhängig von der Leistung meines Kindes ist. Daher haben die Aussagen "Ich bin stolz auf dich" und "Ich habe dich lieb" für mich auch komplett andere Bedeutungen. Mein Kind hört von mir auch jeden Tag "Ich hab dich lieb." Es hat noch nie gehört: "Ich bin stolz auf dich".
Mein Kind hört häufig:
- Das hat mir sehr geholfen. So ging das Aufräumen viel schneller! Danke dir!
- Huii, der Sprung war ja weiter als gestern!
- Na, ist die Aussicht so weit oben schön?
- Möchtest du für dein Bild noch mehr Farben / einen Pinsel / weitere Blätter / ...?
Mein Kind hört selten:
- Das hast du aber toll gemacht!
- Boah, kannst du toll klettern!
- Du bist aber lieb / schlau / hübsch / süß / groß / ...
Ab und an hört er von mir:
- Oh, da warst du aber ganz vorsichtigSo ist alles heil geblieben.
- Ist das nicht ganz schön schwer zu tragen??
- Da hast du dir aber eine schwere Aufgabe / ein hohes Kletternetz / ein schweres Puzzle / ... gesucht!
- ...
Ich vermeide es, meinem Kind eine Bewertung aufzudrücken. Es hat auch ohne meine Bewertung einen enormen Antrieb, sich zu entwickeln. Es sucht sich von ganz allein Aufgaben und freut sich über den Erfolg. Es ruft auch "Mama, guck mal!" und ich rufe zurück: "Springst du da jetzt runter?" - "Jahaaaa!" und ist glücklich. Ich muss dann nicht kommentieren: "Du bist aber TOLL gesprungen."
Ich glaube nicht, dass Kinder bewertet werden wollen. Aber natürlich brauchen sie Aufmerksamkeit. Ich selbst bewerte Dinge vielleicht ganz anders als mein Kind.
Es gibt außerdem Studien zum Thema Loben, die folgendes zeigen:
Wenn man Kinder zu einer Tätigkeit lobt, dann freuen sie sich darüber. Das empfinden sie als schön und wollen diesen Zustand häufig wieder herbeiführen. In Experimenten konnte man feststellen, dass Kinder Tätigkeiten, für die sie gelobt werden, häufiger sehr ähnlich wiederholen. Das machen sich viele Pädagogen zunutze (positive Verstärkung). Allerdings wiederholen Kinder auch aus eigenem Antrieb wahnsinnig viel und variieren dabei jedoch immer wieder. Ein gelobtes Kind wiederholt tendenziell mit weniger Variationen, da es auf einem ähnlichen Wege versucht, das Lob einzuholen. Bei Puzzles konnte man beobachten, dass gelobte Kinder häufig bei einer niedrigen Anzahl an Puzzleteilen blieben, während ungelobte, aber wertschätzend begleitete Kinder ("Was puzzelst du denn? Ah, ein Pferd. Macht das Spaß?" und so ähnlich...) sich nach und nach schwierigere Puzzle suchten und das Risiko einer "Niederlage" eingingen. Es ging ihnen eher um den Prozess des Puzzelns als um das Ergebnis (anders als bei den gelobten Kindern).
Mit Schülern und einem sehr einfachen Mathetest konnte man noch mehr Interessantes zum Loben feststellen. Eine Gruppe wurde nach dem Test mit "Du kannst das richtig gut!" oder "Du bist richtig intelligent!" u. Ä. gelobt, eine andere Gruppe mit "Du hast dich richtig angestrengt!", "Da hattest du aber viel Durchhaltevermögen" usw.
Es folgte ein zweiter, nun schwerer Test. Die erste Gruppe gab signifikant früher auf, während die zweite Gruppe sich deutlich länger an den Aufgaben versuchte und dadurch viel bessere Ergebnisse erzielte. Zuletzt gab es einen ähnlich einfachen Test wie den ersten. Die erste Gruppe schnitt schlechter ab als zum Beginn, die zweite verbesserte sich.
Die Wissenschaftler vermuten, dass der Grund in der Verschlechterung der ersten Gruppe darin liegt, dass sie von ihrem Können, das ihnen nach dem ersten Test attestiert wurde, nun enttäuscht wurden. Es stellte sich als scheinbar falsch heraus. Sie wurden vielleicht aus ihrer Sicht als doch nicht so klug "enttarnt", was zu einer früheren Frustration und damit früherem Aufgeben geführt haben könnte.
Die zweite Gruppe wurde darin bestärkt, am Ball zu bleiben und tat dies auch.
Loben hat also anscheinend einen Einfluss auf Kinder. Das weiß man auch schon lange. Aber WIE genau und auch wie häufig man lobt, kann einen massiven Unterschied machen. Lob macht auch abhängig. Viele gelobte Kindern fordern dieses Lob regelmäßig ein und erwarten auch nach und nach mehr. Das ist ein Problem. Man gibt den Kindern doch auch irgendwie mit, dass es wichtig wäre, wie andere ihr Tun einschätzen. Aber ist es das wirklich? Ist es für Kinder nicht vielleicht gesünder, wenn sie lernen, eigene Bewertungssysteme zu entwickeln, lernen, auf sich selbst und ihre Bedürfnisse und weniger auf das Lob anderer zu hören?
Kinder sind aus eigenem Antrieb heraus eigentlich hervorragende Lerner und Selbstverwirklicher. Ich bin der Überzeugung, dass wir ihren eigenen Antrieb stark stören und sie von uns abhängig machen, wenn wir loben. Daher verzichte ich an vielen Stellen darauf.
Sollte mein Kind mich natürlich mal fragen: "Mama, wie gefällt dir das?", dann halte ich mich mit Lob auch sicher nicht zurück, wenn es angemessen ist. Aber einfach so möchte ich es eher nicht verteilen.
---
Etwas ganz anderes ist jedoch Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Ich muss nicht loben, um wertschätzend zu sein. Ich glaube, eigentlich wollen fast alle nur wertschätzen, aber ihnen fällt nur Lob ein. Stattdessen kann man auch mit Nachfragen, mit einfachem "Hey, ich sehe dich und schaue gespannt zu!" oder dem Mitfreuen Wertschätzung ausstrahlen.
Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten: Die nicht gelobten Kinder haben versucht sich immer weiter zu steigern, immer besser zu werden, um endlich ihren Elter zu gefallen, aber Lob erhalten sie nie.
Ganz ehrlich: Das ist einfach traurig und ich will mir gar nicht die Langzeitschäden von sowas ausmalen. Wertschätzung? Klingt in meinen Ohren wie: Hat sich stets bemüht.
Meine Kinder erhalten Lob, wenn sie etwas gut gemacht haben. Falsches Lob wird von den Kindern auch als solches erkannt und ist Kontraproduktiv.
Dann sollen sie halt ihre Leistung nicht weiter steigern und für immer 12 Teile Puzzle zusammenfriemeln, Hauptsache sie fühlen, dass ich stolz bin.
Ohne jetzt grundsätzlich in die Diskussion einsteigen zu wollen - was ist denn an: „diesmal bist du aber noch höher in den Baum geklettert als beim letzten Mal! Wow!!!“ nicht liebevoll oder freundlich genug? Es geht nur darum, das Kind nicht zu loben für etwas was es ist, sondern das Wesen des Kindes von der Handlung zu lösen. Gestern habe ich zu meiner Tochter gesagt: „Wahnsinn, danke, dass du das gemacht hast! Ich hätte das ohne dich nicht geschafft!“ und sie war so stolz auf sich. Ich hätte auch sagen können: „Wow, wie toll! Ganz klasse, danke!“ aber das ist ja gar nicht nötig. Es geht doch mitnichten darum, kühle und distanzierte Situationsbeschreibungen abzuliefern.
(Ich lobe übrigens auch, aus dem Bauch, aber ich verstehe, was yellow meint und finde den Grundgedanken richtig)
Ich hab ja nicht in Frage gestellt, dass Wertschätzung nicht liebevoll oder freundlich wär.
Und ich bin auch der Meinung, das Lob nicht immer "angebracht" bzw. passend ist. Hilft mir ein Kind bspw. beim aufräumen, dann bedanke ich mich lediglich und schiebe nicht hinterher wie schön es die Tassen im Schrank gestapelt hat.
Aber wenn mir eines meiner Kinder ganz stolz ein Bild zeigt, dann sage ich nicht. "Wow, der Baum hat ja diesmal richtige Blätter, das hat bestimmt lange gedauert zu malen!" Sondern "Wow, das Bild hast du echt toll gemalt, die Blätter sind voll schön geworden, komm wir hängen das an den Kühlschrank!".
Die Sache mit der Wertschätzung sehe ich zusätzlich noch kritisch, da das Kind außerhalb der Eltern Lob erfahren wird. Bspw. von Großeltern, Erziehern, Lehrern oder gar Fremden. Wie oft meine Kinder schon von Fremden für irgendwas gelobt wurden... und was sieht das Kind? Sogar Fremde loben mich... nur meine Eltern sehen es nicht.
Wie gesagt, ich möchte meine Kinder nicht zu immer größeren Leistungen anspornen indem ich ihnen Lob vorenthalte, sondern ihnen eine sichere Basis geben. Worst Case wäre, wenn das Kind sich nicht geliebt fühlt, weil ich ihm Lob "vorenthalte". Ich lese gerade Gary Chapmans "Die 5 Sprachen der Liebe für Kinder" und es gibt auch Kinder für die ist Lob eine Muttersprache der Liebe. Aber, ich habs noch nicht durchgelesen, vielleicht erwähnt der Autor irgendwann, dass Wertschätzung ein Ersatz für Lob ist.
In meinen Beiträgen kann es sich wirklich so lesen als würde ich nicht loben, damit mein Kind sich schneller / besser / weiter entwickelt. Darum geht es mir nicht. Das wollte ich gern nochmal kurz ergänzen.
Meine Philosophie dahinter ist eigentlich eine viel umfassendere und dafür könnte ich einen ganzen Thread allein füllen.
Ich möchte langfristig
... dass mein Kind nicht bei anderen Bestätigung sucht, sondern bei sich selbst.
Dem Einen ist wichtig, dass das Kind Abitur macht, dem anderen ist wichtig, dass das Kind heiratet und eine glückliche Familie gründet, dem anderen ist wichtig, dass das Kind studiert und / oder Karriere macht, ...
Ich möchte da keine Richtung für mein Kind vorgeben, sondern es darin unterstützen, dass es bis zum jungen Erwachsenenalter das Selbstbewusstsein und den Mut hat, seine eigenen Ziele zu setzen und sie zu verfolgen. Oder sie zu setzen und wieder fallen zu lassen, um neue auszuwählen. Ich möchte meinem Kind nicht anlernen, dass es sich nach den Zielen anderer entwickeln muss, sondern nach eigenen. Und dieses Vorhaben beginne ich im Kleinen, indem ich nicht viel lobe. Weil Lob häufig ein Ziel als Grundlage hat (hoher Turm, hohe Absprunghöhe, frühes Trockenwerden, ...), das ich gegenüber dem Kind (häufig vermutlich unbewusst) verstärke.
... dass mein Kind sich unabhängig von seiner Leistung geliebt fühlt.
Ich persönlich frage mich manchmal bei "Ich bin so stolz auf dich", was mit Kindern passiert, die dann plötzlich etwas machen, von dem sie wissen, dass ihre Eltern es ablehnen. Vielleicht haben sie Drogen ausprobiert, vielleicht ihre Arbeits- oder Ausbildungsstelle verloren, vielleicht haben sie geklaut, jemanden betrogen, ... Wenn ich meine Liebe durch Worte stark an Verhaltensweisen knüpfe, könnte mein Kind vielleicht irgendwann glauben, dass es weniger geliebt wird, wenn ich auf etwas nicht stolz bin. Und ich finde, dass in einer gesunden Beziehung ein "Ich finde nicht gut, dass du xy gemacht hast" komplett losgelöst von "Ich liebe dich und werde dich immer lieben" sein sollte.
... dass mein Kind nicht schon jetzt damit belastet wird, andere Ansprüche zu erfüllen.
Ich möchte nicht, dass mein Kind jetzt schon ständig mit "höher / schneller / weiter" konfrontiert wird. Das passiert bei Lob aber häufig. Wenn Kinder dafür gelobt werden, dass sie sooooo schnell laufen, dann heißt das für das gelobte Kind, dass es bitte weiterhin schnell laufen soll und für die Ungelobten, dass sie noch nicht schnell genug laufen. Dass Kinder aber einfach so Freude an Bewegung haben, dass es sogar ungesünder ist, wenn es um Geschwindigkeit geht, dass Wettbewerb das Miteinander häufig auch stört, das wird dabei vergessen? Wenn ich es schon in der Kita und Schule hinnehmen muss, möchte ich es zu Hause nicht auch noch unterstützen. Mein Kind soll sich dort einfach relativ frei entfalten können. Ohne Leistungsanspruch.
02.08.2020 10:48
Ergänzung: An vielen Stellen, an denen sonst vielleicht eher pauschales Lob stünde, bin ich letztlich bei Ich-Botschaften gelandet. Und viele hier, die Lob anscheinend dosiert einsetzen, scheinen das ähnlich zu machen.
"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."
"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"
"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen
" statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!"
Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:
" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."
oder
"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"
"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."
"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"
"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen
" statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!" Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:
" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."
oder
"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"
02.08.2020 11:30
Zitat von YellowBird:
Ergänzung: An vielen Stellen, an denen sonst vielleicht eher pauschales Lob stünde, bin ich letztlich bei Ich-Botschaften gelandet. Und viele hier, die Lob anscheinend dosiert einsetzen, scheinen das ähnlich zu machen.
"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."
"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"
"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen" statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!"
Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:
" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."
oder
"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"
Aber grad die letzen Beispiele sind doch normal,damit Kinder lernen und begreifen?!
Also Alltag,wenn man möchte,dass Kinder lernen.
Und Ich-Botschaften kann ich bei der positiven Reaktion nicht erkennen.
"Ich finde es toll,dass Du Dir etwas zugetraut hast und so hoch geklettert bist"ist doch anders als"bestimmt ne tolle Aussicht".
- Dieses Thema wurde 8 mal gemerkt
. Und ich habe beschlossen, dass das okay ist. Wenn ich vor Stolz platze, weil mein Kind was tolles gemacht hat, dann sage ihm das, ganz authentisch, so wie ich es in dem Moment fühle. Genauso sage ich meinem Mann, wenn sein gekochtes Essen super schmeckt und wenn er in seinem neuen Hemd schick aussieht. Freuen wir uns nicht alle über ein aufrichtiges Kompliment? Ich will im Umgang mit meinem Kind authentisch sein und es käme mir persönlich nicht richtig vor, mich bei meinen Gefühlsäußerungen zurückzuhalten um zu vermeiden, dass mein Kind womöglich nur etwas tut um mir gefallen zu wollen. Das wirkt auf mich nämlich ebenfalls wie Konditionierung, nur eben in die andere Richtung. 



