Mütter- und Schwangerenforum

Wie oft lobt ihr eure Kinder/Teenies?

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YellowBird
3845 Beiträge
02.08.2020 12:05
Zitat von DieW:

Zitat von YellowBird:

Ergänzung: An vielen Stellen, an denen sonst vielleicht eher pauschales Lob stünde, bin ich letztlich bei Ich-Botschaften gelandet. Und viele hier, die Lob anscheinend dosiert einsetzen, scheinen das ähnlich zu machen.

"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."

"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"

"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen " statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!"

Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:

" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."

oder

"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"


Aber grad die letzen Beispiele sind doch normal,damit Kinder lernen und begreifen?!
Also Alltag,wenn man möchte,dass Kinder lernen.

Und Ich-Botschaften kann ich bei der positiven Reaktion nicht erkennen.
"Ich finde es toll,dass Du Dir etwas zugetraut hast und so hoch geklettert bist"ist doch anders als"bestimmt ne tolle Aussicht".


Warum soll ich mein Kind denn anspornen, dass es hoch klettert? Er hat sich auch ohne meinen Ansporn und mein Lob Freude daran. Er klettert völlig ohne meine Verstärkung weit hoch, manchmal bleibt er auch nur unten und macht dort das, worauf er halt Lust hat. Er buddelt seine Beine ein, er macht Rollen im Sand, er dreht sich im Kreis bis er umfällt, er bringt mir Sandsuppe und malt Kritzeleien mit einem Stock. Warum sollte ich dort irgendwas steuern?

Genau das ist meine Kritik: wir loben häufig und steuern damit unser Kind, ohne dass ich den Grund dazu sehe.

Ich steuere natürlich auch manchmal:
Das "Stopp! Ich will das nicht"-Buch habe ich angeschafft, damit mein Kind seine eigenen Grenzen zu verteidigen lernt statt sich einfach so von Spielgeräten wegschubsen zu lassen. Das ist mir wichtig für seine Entwicklung. Aber hoch klettern? Schnell laufen? Bis 20 zählen? Hohe Türme bauen? Sich hübsch anziehen? Hübsche Bilder malen? Da braucht er doch keine Führung durch Lob.

Ich führe ihn im Straßenverkehr und am Wasser. Ich verstärke, dass das Tragen einer Rettungsweste cool ist, damit er nicht untergeht, falls er vom Boot ins Wasser fallen sollte. Ich lobe ihn, wenn er an der Straße von allein anhält und guckt, weil es für seine Sicherheit wichtig ist. Ich schimpfe dann auch mal, wenn er nicht auf mich hört. Weil es eben gefährlich ist.

Also steuere ich mich Lob und auch manchmal mit ernsterem Ton. Aber eben nur, wenn es seiner Sicherheit oder dem Wohlbefinden anderer dient (nicht hauen, mit Sand bewerfen - da greife ich notfalls auch körperlich ein).
YellowBird
3845 Beiträge
02.08.2020 12:11
Kinder lernen und begreifen unglaublich viel durch Ausprobieren und Beobachten. Lernen aus eigener Erfahrung ist auch viel nachhaltiger als Lernen aus der Erzählung anderer. Kinder suchen sich stets und ständig neue Herausforderungen, wenn man sie lässt. Und ich glaube, sie wählen solche kleinen Entwicklungsziele auch sehr passend für sich und ihre Entwicklungsstufe aus, wenn man nicht so doll eingreift.
02.08.2020 12:15
Ich lobe immer und vermutlich auch viel zu viel. Aber das bin ich, dass ist mein Charakter, so lieben mich meine Kinder.

Ich hab das mal, als ich damals davon gehört habe, versucht und ehrlich, es hat sich total falsch und auch nicht echt angefühlt. Immer vorher überlegen zu müssen, statt so zu reagieren, wie man eben automatisch reagieren würde. Dieses Gefühl zu unterdrücken fand ich ganz furchtbar. Ich will meine Freude über gewisse Dinge, meinen Kindern zeigen. Und zwar so, wie ich diese Freude empfinde.

nilou
14053 Beiträge
02.08.2020 12:34
Zitat von YellowBird:

Kinder lernen und begreifen unglaublich viel durch Ausprobieren und Beobachten. Lernen aus eigener Erfahrung ist auch viel nachhaltiger als Lernen aus der Erzählung anderer. Kinder suchen sich stets und ständig neue Herausforderungen, wenn man sie lässt. Und ich glaube, sie wählen solche kleinen Entwicklungsziele auch sehr passend für sich und ihre Entwicklungsstufe aus, wenn man nicht so doll eingreift.


Und dem steht verbale Wertschätzung, Lob und co nicht entgegen.
LittleTiger
1231 Beiträge
02.08.2020 13:31
Zitat von YellowBird:

Zitat von DieW:

Zitat von YellowBird:

Ergänzung: An vielen Stellen, an denen sonst vielleicht eher pauschales Lob stünde, bin ich letztlich bei Ich-Botschaften gelandet. Und viele hier, die Lob anscheinend dosiert einsetzen, scheinen das ähnlich zu machen.

"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."

"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"

"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen " statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!"

Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:

" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."

oder

"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"


Aber grad die letzen Beispiele sind doch normal,damit Kinder lernen und begreifen?!
Also Alltag,wenn man möchte,dass Kinder lernen.

Und Ich-Botschaften kann ich bei der positiven Reaktion nicht erkennen.
"Ich finde es toll,dass Du Dir etwas zugetraut hast und so hoch geklettert bist"ist doch anders als"bestimmt ne tolle Aussicht".


Warum soll ich mein Kind denn anspornen, dass es hoch klettert? Er hat sich auch ohne meinen Ansporn und mein Lob Freude daran. Er klettert völlig ohne meine Verstärkung weit hoch, manchmal bleibt er auch nur unten und macht dort das, worauf er halt Lust hat. Er buddelt seine Beine ein, er macht Rollen im Sand, er dreht sich im Kreis bis er umfällt, er bringt mir Sandsuppe und malt Kritzeleien mit einem Stock. Warum sollte ich dort irgendwas steuern?

Genau das ist meine Kritik: wir loben häufig und steuern damit unser Kind, ohne dass ich den Grund dazu sehe.

Ich steuere natürlich auch manchmal:
Das "Stopp! Ich will das nicht"-Buch habe ich angeschafft, damit mein Kind seine eigenen Grenzen zu verteidigen lernt statt sich einfach so von Spielgeräten wegschubsen zu lassen. Das ist mir wichtig für seine Entwicklung. Aber hoch klettern? Schnell laufen? Bis 20 zählen? Hohe Türme bauen? Sich hübsch anziehen? Hübsche Bilder malen? Da braucht er doch keine Führung durch Lob.

Ich führe ihn im Straßenverkehr und am Wasser. Ich verstärke, dass das Tragen einer Rettungsweste cool ist, damit er nicht untergeht, falls er vom Boot ins Wasser fallen sollte. Ich lobe ihn, wenn er an der Straße von allein anhält und guckt, weil es für seine Sicherheit wichtig ist. Ich schimpfe dann auch mal, wenn er nicht auf mich hört. Weil es eben gefährlich ist.

Also steuere ich mich Lob und auch manchmal mit ernsterem Ton. Aber eben nur, wenn es seiner Sicherheit oder dem Wohlbefinden anderer dient (nicht hauen, mit Sand bewerfen - da greife ich notfalls auch körperlich ein).


Interessant, dass du Lob als Steuerung betrachtest. Ich lobe (fast) nie um zu steuern. Ausnahmen sind da ähnlich wie bei dir der Straßenverkehr oder andere Gefahrensituationen.

Wenn ich lobe / Komplimente mache, dann weil ich mein Kind an meiner Freude und an meiner Gefühlswelt teilhaben lassen möchte. Als sie zum ersten Mal ins Töpfchen gemacht hat bin ich fast ausgeflippt vor Freude und habe auch gelobt. Aber nicht mit der Absicht, dass sie es nun öfter schafft sondern einfach, weil es für mich ein emotionaler Moment war.

Insgesamt glaube ich, dass wir gar nicht soo weit von einander entfernt sind. Wie gesagt, ich verstehe deine Argumentation. Aber ich sehe in einem aufrichtigen Lob einfach nicht diese Steuerungsabsicht, die du annimmst.
DieW
3483 Beiträge
02.08.2020 13:31
Zitat von YellowBird:

Zitat von DieW:

Zitat von YellowBird:

Ergänzung: An vielen Stellen, an denen sonst vielleicht eher pauschales Lob stünde, bin ich letztlich bei Ich-Botschaften gelandet. Und viele hier, die Lob anscheinend dosiert einsetzen, scheinen das ähnlich zu machen.

"Danke, das hat mir sehr geholfen! So sind wir viel schneller fertig geworden." statt "Toll, dass du die Spülmaschine aufgeräumt hast."

"Oooh, hast du das für mich gemalt? Darüber freue ich mich aber doll. Vielen, vielen Dank! <3" statt "Das ist aber ein hübsches Bild"

"Ist die Aussicht da oben gut?" oder "Boah, das wird bestimmt eine Mega-Abfahrt beim Runterrutschen " statt "Du bist aber hoch geklettert! Toll!"

Wenn ich etwas nicht gut finde, mache ich es genauso:

" Ich möchte nicht , dass du das Wasser auskippst. Dann wird der Teppich wieder nass." statt "Lass das! Das macht man nicht."

oder

"Hör bitte auf, so laut zu schreien. Das tut mir in den Ohren weh" statt "Hör auf, man schreit nicht so laut!"


Aber grad die letzen Beispiele sind doch normal,damit Kinder lernen und begreifen?!
Also Alltag,wenn man möchte,dass Kinder lernen.

Und Ich-Botschaften kann ich bei der positiven Reaktion nicht erkennen.
"Ich finde es toll,dass Du Dir etwas zugetraut hast und so hoch geklettert bist"ist doch anders als"bestimmt ne tolle Aussicht".


Warum soll ich mein Kind denn anspornen, dass es hoch klettert? Er hat sich auch ohne meinen Ansporn und mein Lob Freude daran. Er klettert völlig ohne meine Verstärkung weit hoch, manchmal bleibt er auch nur unten und macht dort das, worauf er halt Lust hat. Er buddelt seine Beine ein, er macht Rollen im Sand, er dreht sich im Kreis bis er umfällt, er bringt mir Sandsuppe und malt Kritzeleien mit einem Stock. Warum sollte ich dort irgendwas steuern?

Genau das ist meine Kritik: wir loben häufig und steuern damit unser Kind, ohne dass ich den Grund dazu sehe.

Ich steuere natürlich auch manchmal:
Das "Stopp! Ich will das nicht"-Buch habe ich angeschafft, damit mein Kind seine eigenen Grenzen zu verteidigen lernt statt sich einfach so von Spielgeräten wegschubsen zu lassen. Das ist mir wichtig für seine Entwicklung. Aber hoch klettern? Schnell laufen? Bis 20 zählen? Hohe Türme bauen? Sich hübsch anziehen? Hübsche Bilder malen? Da braucht er doch keine Führung durch Lob.

Ich führe ihn im Straßenverkehr und am Wasser. Ich verstärke, dass das Tragen einer Rettungsweste cool ist, damit er nicht untergeht, falls er vom Boot ins Wasser fallen sollte. Ich lobe ihn, wenn er an der Straße von allein anhält und guckt, weil es für seine Sicherheit wichtig ist. Ich schimpfe dann auch mal, wenn er nicht auf mich hört. Weil es eben gefährlich ist.

Also steuere ich mich Lob und auch manchmal mit ernsterem Ton. Aber eben nur, wenn es seiner Sicherheit oder dem Wohlbefinden anderer dient (nicht hauen, mit Sand bewerfen - da greife ich notfalls auch körperlich ein).


Aber ich sage doch nicht:"erst wenn Du nich höher kletterst bin ich stolz!"ICH sage:"Hey cool,wie hoch Du gekletterst bist!"
"Der Ausblick ist sicher grandios."steht für mich an 2 Stelle.Mein Kind hat etwas Tolles geleistet und das darf und will ich ihm auch mitteilen.
Man muss nun wirklich nicht jeden Pups hervor heben,aber eine positives Feedback mit Nennung des Tuns,sehe ich nicht als Schlimm an.

Als Arbeitnehmer nehme ich Lob und Belohnung ja auch gerne an.
Was wäre denn das,wenn ich auf der Arbeit so richtig tolles geleistet habe und der Chef sagt:"na ,fühlt sich doch gut an,oder?"
Da möchte ich Lob,Anerkennung und gerne auf weite Sicht eine Gehaltserhöhung,einen unbefristeten Vertrag oder so.
Mützenmädele
2501 Beiträge
02.08.2020 14:14
Ohne jetzt in die komplette Diskussion einzusteigen „nicht loben“ aus eigener Erfahrung:

Mein Papa hat nie gelobt. Meine Mama eher aber auch nicht viel, zumal ich durch zwei kleine Geschwister und Mamas schwere Krankheit irgendwie viel auf mich allein gestellt war, vom Gefühl her. Ich habe mich viel an den Eltern von Freunden oder Klassenkameraden orientiert.
Da ich immer versucht habe eine Bindung zu meinem (sehr schwäbischen „Net gescholte isch Lob gnug“) Papa aufzubauen ging es meistens um seine Anerkennung. Die nie kam. Besonders erinnere ich mich an den schulischen Bereich. Als Kind habe ich es noch versucht. Als Teenager kam der Punkt „es ist eh nie gut genug.“ und ich hab aufgegeben. Angefangen zu schwänzen, keine Hausaufgaben zu machen. Und meine Leistung war auch mir selbst nie genug, egal wie gut oder schlecht sie war. Eine 1-2 war für mich genau so schlecht wie eine 4-5, nur dass man für eine 4-5 viel weniger tun musste. (Gab ja zuhause keine positivere Reaktion auf eine 1-2 als auf eine 4-5)
Und so bin ich „abgestürzt“. Das Gefühl „was ich mache ist gut“ und auch „ich bin gut wie ich bin“ hatte ich nie. Mit ach und krach bin ich durchs Abi gekommen und danach habe ich eine Ausbildung angefangen in der selben Fachrichtung wie mein Papa studiert hatte. Diese habe ich mit 1,1 abgeschlossen was mit „Ja, in Ordnung“ kommentiert wurde. Ich bin fast 30 und vor meinem letzten Job hatte ich das erste Mal im meinem Leben das Gefühl „ich mache etwas gut.“ Seit meinem neuen Job, wo auf all das worin ich (arbeitstechnisch) gut bin, wenig wert gelegt wird, verschwindet dieses Gefühl aber wieder.
Auf menschlicher Ebene habe ich fast nie das Gefühl „gut genug“ zu sein, weder für mich selbst noch für andere. (Man könnte sagen ich hab halt psychisch nen totalen Knacks weg)

Ich weiß nicht, wie ich es bei meinen Kindern machen werde. Ich denke ich werde intuitiv da ran gehen, aber nicht so wie mein Papa. Ich will nicht für jede Kleinigkeit ein Lob aussprechen, aber wenn eine tolle Leistung erbracht wurde, egal ob schulisch, menschlich oder sonst was, warum nicht? Für mich war es immer schrecklich zu sehen, wie andere gelobt wurde (zum Teil über den grünen Klee) für Dinge, die ich auch mache, wo es zu mir nur hieß „Danke.“ oder „das hat mir geholfen.“ oder „das ist aber nett, dass du das machst.“ Oder einfach keine Reaktion kam...
Janna90
1597 Beiträge
02.08.2020 17:28
Zitat von Mützenmädele:

Ohne jetzt in die komplette Diskussion einzusteigen „nicht loben“ aus eigener Erfahrung:

Mein Papa hat nie gelobt. Meine Mama eher aber auch nicht viel, zumal ich durch zwei kleine Geschwister und Mamas schwere Krankheit irgendwie viel auf mich allein gestellt war, vom Gefühl her. Ich habe mich viel an den Eltern von Freunden oder Klassenkameraden orientiert.
Da ich immer versucht habe eine Bindung zu meinem (sehr schwäbischen „Net gescholte isch Lob gnug“) Papa aufzubauen ging es meistens um seine Anerkennung. Die nie kam. Besonders erinnere ich mich an den schulischen Bereich. Als Kind habe ich es noch versucht. Als Teenager kam der Punkt „es ist eh nie gut genug.“ und ich hab aufgegeben. Angefangen zu schwänzen, keine Hausaufgaben zu machen. Und meine Leistung war auch mir selbst nie genug, egal wie gut oder schlecht sie war. Eine 1-2 war für mich genau so schlecht wie eine 4-5, nur dass man für eine 4-5 viel weniger tun musste. (Gab ja zuhause keine positivere Reaktion auf eine 1-2 als auf eine 4-5)
Und so bin ich „abgestürzt“. Das Gefühl „was ich mache ist gut“ und auch „ich bin gut wie ich bin“ hatte ich nie. Mit ach und krach bin ich durchs Abi gekommen und danach habe ich eine Ausbildung angefangen in der selben Fachrichtung wie mein Papa studiert hatte. Diese habe ich mit 1,1 abgeschlossen was mit „Ja, in Ordnung“ kommentiert wurde. Ich bin fast 30 und vor meinem letzten Job hatte ich das erste Mal im meinem Leben das Gefühl „ich mache etwas gut.“ Seit meinem neuen Job, wo auf all das worin ich (arbeitstechnisch) gut bin, wenig wert gelegt wird, verschwindet dieses Gefühl aber wieder.
Auf menschlicher Ebene habe ich fast nie das Gefühl „gut genug“ zu sein, weder für mich selbst noch für andere. (Man könnte sagen ich hab halt psychisch nen totalen Knacks weg)

Ich weiß nicht, wie ich es bei meinen Kindern machen werde. Ich denke ich werde intuitiv da ran gehen, aber nicht so wie mein Papa. Ich will nicht für jede Kleinigkeit ein Lob aussprechen, aber wenn eine tolle Leistung erbracht wurde, egal ob schulisch, menschlich oder sonst was, warum nicht? Für mich war es immer schrecklich zu sehen, wie andere gelobt wurde (zum Teil über den grünen Klee) für Dinge, die ich auch mache, wo es zu mir nur hieß „Danke.“ oder „das hat mir geholfen.“ oder „das ist aber nett, dass du das machst.“ Oder einfach keine Reaktion kam...


Puh das klingt fies :/ Ich glaube allerdings es wäre etwas zu eindimensional jetzt zu sagen, dass es ausschließlich an "nicht loben" lag, weil es nicht so klingt, als wären es abgesehen davon super Eltern gewesen, die sich für ihre Kinder interessieren und an einer liebevollen Beziehung interessiert sind. Hätten sie jetzt stattdessen ein abwesendes "Ja super toll" entgegengebracht, hätte es keinen Unterschied gemacht. Ist jetzt aber nur meine Annahme.

Weil das Gegenbeispiel wäre mein Mann: die Mama lobt mega viel, auch jetzt meinen Sohn, und mein Mann sagt selbst, dass er jetzt noch Lob braucht, weil er ohne Lob nicht selbst sieht, dass er z. B. eine gute Arbeit leistet. Er braucht da unbedingt Rückmeldung. Denke das hängt aber nicht nuuur mit dem vielen Loben der Mama zusammen.

Wir machen es eher intuitiv, ich bejubel meinen Sohn mega, wenn er etwas schafft oder so, aber sage eher nicht sowas wie: Wow toll prima. Das hast du toll gemacht. Sondern vll eher: Boah wie cool ist das denn!! Das gefällt mir richtig gut... Oder: du bist ja mega hoch geklettert! Keine Ahnung, ob das jetzt besser ist.
Gerade auf dem Spielplatz habe ich eher das Gefühl, dass es ihm eher um Aufmerksamkeit und Gesehen-werden geht, als um ein Lob
Mauselle
16225 Beiträge
02.08.2020 19:05
Zitat von Mützenmädele:

Ohne jetzt in die komplette Diskussion einzusteigen „nicht loben“ aus eigener Erfahrung:

Mein Papa hat nie gelobt. Meine Mama eher aber auch nicht viel, zumal ich durch zwei kleine Geschwister und Mamas schwere Krankheit irgendwie viel auf mich allein gestellt war, vom Gefühl her. Ich habe mich viel an den Eltern von Freunden oder Klassenkameraden orientiert.
Da ich immer versucht habe eine Bindung zu meinem (sehr schwäbischen „Net gescholte isch Lob gnug“) Papa aufzubauen ging es meistens um seine Anerkennung. Die nie kam. Besonders erinnere ich mich an den schulischen Bereich. Als Kind habe ich es noch versucht. Als Teenager kam der Punkt „es ist eh nie gut genug.“ und ich hab aufgegeben. Angefangen zu schwänzen, keine Hausaufgaben zu machen. Und meine Leistung war auch mir selbst nie genug, egal wie gut oder schlecht sie war. Eine 1-2 war für mich genau so schlecht wie eine 4-5, nur dass man für eine 4-5 viel weniger tun musste. (Gab ja zuhause keine positivere Reaktion auf eine 1-2 als auf eine 4-5)
Und so bin ich „abgestürzt“. Das Gefühl „was ich mache ist gut“ und auch „ich bin gut wie ich bin“ hatte ich nie. Mit ach und krach bin ich durchs Abi gekommen und danach habe ich eine Ausbildung angefangen in der selben Fachrichtung wie mein Papa studiert hatte. Diese habe ich mit 1,1 abgeschlossen was mit „Ja, in Ordnung“ kommentiert wurde. Ich bin fast 30 und vor meinem letzten Job hatte ich das erste Mal im meinem Leben das Gefühl „ich mache etwas gut.“ Seit meinem neuen Job, wo auf all das worin ich (arbeitstechnisch) gut bin, wenig wert gelegt wird, verschwindet dieses Gefühl aber wieder.
Auf menschlicher Ebene habe ich fast nie das Gefühl „gut genug“ zu sein, weder für mich selbst noch für andere. (Man könnte sagen ich hab halt psychisch nen totalen Knacks weg)

Ich weiß nicht, wie ich es bei meinen Kindern machen werde. Ich denke ich werde intuitiv da ran gehen, aber nicht so wie mein Papa. Ich will nicht für jede Kleinigkeit ein Lob aussprechen, aber wenn eine tolle Leistung erbracht wurde, egal ob schulisch, menschlich oder sonst was, warum nicht? Für mich war es immer schrecklich zu sehen, wie andere gelobt wurde (zum Teil über den grünen Klee) für Dinge, die ich auch mache, wo es zu mir nur hieß „Danke.“ oder „das hat mir geholfen.“ oder „das ist aber nett, dass du das machst.“ Oder einfach keine Reaktion kam...

Das hat aber überhaupt nichts mit dem zu tun, was yellow schreibt. Es ist furchtbar was du erlebt hast, aber ich weiß, dass yellows Sohn komplett anders aufwächst. Was dir fehlt ist ja nicht nur Lob, sondern eben auch Aufmerksamkeit, mitfreude, Mitleid, Wertschätzende anerkennung. Das Lob ist da ja eher nur der offensichtliche Träger :/
Mützenmädele
2501 Beiträge
02.08.2020 19:52
Es war schwierig, aber nicht, weil meine Eltern schlechte Eltern sind oder nicht liebevoll. sondern weil einfach viel los war in meiner Kindheit. Meine Mama ist als ich 3 war über 100 Tage im Krankenhaus auf der Intensivstation gewesen. Meine Schwester war 1 1/2. Mama ist in der Zeit 4 Mal fast gestorben. Sie hat danach noch ungeplant meine jüngste Schwester bekommen und meine Großeltern insgesamt 10 Jahre gepflegt, während sie Bettlägerig waren und in der selben Zeit uns 3 Kids, das Haus und alles sonstige gemacht-alleine. Papa war Alleinverdiener dementsprechend halt fast nie da. Mama hatte in der Zeit noch einen Schlaganfall und eine Herzoperation. Also es kam im Prinzip alles zusammen.

Ja wir sind zu kurz gekommen, vor allem ich als „die Große.“, die viel schon alleine konnte und viel helfen musste.
Mit keinem Satz habe ich mich/mein erlebtes allerdings mit dem was Yellow geschrieben hat verglichen oder darauf bezogen.
Ich habe ja auch gleich am Anfang geschrieben, dass es sich nicht auf die ganze Diskussion bezieht, sondern lediglich auf das, was meine Erfahrungen mit dem „nicht loben“ betrifft.
Deswegen schrieb ich ja dann auch, dass ich mein Kind nicht für jede Kleinigkeit wie verrückt loben möchte, aber dennoch meinen Stolz ausdrücken will, wenn es Anlass dazu gibt.
Meine Eltern tun das (inzwischen, wo der ganze Stress nachgelassen hat) auch oft und besonders meine Mama versucht vieles wieder gutzumachen und ist immer für mich da. (Das merke ich jetzt auch ganz besonders, wo es mir durch die Schwangerschaft nicht so gut geht) aber es ist halt schwierig die Unsicherheit, die so tief in einem kindlichen Ich verankert ist jetzt einfach so wieder loszuwerden.
Wir waren halt eine unglückliche Konstellation in meiner Kindheit.
blattlaus
135 Beiträge
02.08.2020 20:04
also ich lobe schon, aber ich versuche es nicht zu häufig und wegen jeder kleinigkeit, sondern bei dingen, bei denen mein kind sich wirklich bemüht hat. bei meinem großen ist das, wenn er z.B. von sich aus hilfsbereit ist oder er etwas schafft, was er schon lange versucht hat. dass ich stolz auf sie bin und sehr lieb habe, sage ich meinen kindern jeden tag.
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